Nachdem in Österreich bereits ein teilweiser Lockdown verhängt worden war, wurden in der letzten Woche auch in der Slowakei und Tschechien strengere Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen erlassen. Hintergrund ist die rasante Ausbreitung von Corona-Infektionen mit nahezu täglich neuen Höchstständen, die durch die kriminelle Öffnungspolitik der Regierungen ermöglicht wurde.
Die Slowakei verzeichnete am Samstag 14.402 Neuinfektionen. Zuvor war bereits Mitte der Woche mit 13.266 Infektionen der bisherige Rekord vermeldet worden. In dem Land mit nur 5,4 Millionen Einwohnern haben sich mittlerweile 1,13 Millionen Menschen offiziell infiziert und 14.177 sind an den Folgen gestorben. Noch nicht einmal 43 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft.
Ähnlich katastrophal ist die Situation im Nachbarland Tschechien. Am Freitag betrug die Anzahl der Neuinfektionen 27.793 und war damit fast doppelt so hoch wie zum höchsten Stand der letzten Welle im März dieses Jahres. Mit 2,09 Millionen registrierter Infektionen haben sich nun rund 20 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infiziert. Und dabei ist die Dunkelziffer an Infektionen nicht berücksichtigt. Am Freitag allein verstarben 120 Menschen, womit die Gesamtzahl an Todesopfern auf 32.642 stieg. Auch hier erwarten Experten einen weiteren Anstieg der Todesfälle, da die Impfquote bei niedrigen 59 Prozent steht.
Am Donnerstag trat in der Slowakei ein zweiwöchiger Teil-Lockdown in Kraft, den die rechte Regierung in Bratislava tags zuvor verkündet hatte. So sollen Restaurants und Geschäfte, die nicht lebensnotwendige Güter verkaufen, in dieser Zeit geschlossen bleiben. Gleichzeitig tritt erneut ein Notstandsgesetz in Kraft, das Ausgangsbeschränkungen vorsieht. So darf die eigene Wohnung nur verlassen werden, um zur Arbeit, zu Ärzten, in Kliniken und zum Einkaufen zu gehen. Auch Spaziergänge sind erlaubt.
Die Regierung von Ministerpräsident Igor Matovic hatte sich bis zuletzt gegen jede weitere Schutzmaßnahme ausgesprochen und der Ausbreitung des Virus freien Lauf gelassen. Die Regierungsparteien OĽaNO, Za ludi und SaS sind rechte, wirtschaftsnahe Parteien. Der vierte Koalitionspartner Sme rodina um den Unternehmer Boris Kollar steht ebenfalls weit rechts und pflegt enge Verbindungen zu Coronaleugnern und Rechtsextremisten.
Erst nachdem die Kliniken des Landes kollabierten, entschied sich die Koalition zu diesem Schritt. Die Krankenhäuser sind mit 3.200 Covid-Patienten völlig ausgelastet. Tomas Sulik, Chefarzt der Intensivmedizin im Krankenhaus von Trencin, einer Stadt in der Nähe der tschechischen Grenze, sieht laut Tagesschau das Land am Rande einer humanitären Katastrophe. Faktisch wird bereits Triage betrieben. „Vorerst selektieren wir nur Patienten, die schwer polymorbide sind und keine längere Perspektive haben, an der Beatmungsmaschine zu überleben. Wir sind am Rande der Triage“.
Hinzu kommt ein gravierender Mangel an Personal. Eine Folge der Frustration von Ärzten und Pflegepersonal nach den letzten Wellen, meint Peter Vislolajsky, der Chef der Ärzte-Gewerkschaften. „Es fehlen uns heute über 1300 Krankenpfleger, die das Gesundheitssystem verlassen haben. Und hunderte erfahrene Ärzte sind ebenfalls gegangen. Wir haben heute weniger Kapazitäten als während der Covid-Welle im letzten Winter.“
Es ist völlig offensichtlich, dass die getroffenen Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen, um das Infektionsgeschehen signifikant einzudämmen. Trotz der dramatischen Situation, die sich durch die Ausbreitung der neuen Omikron-Variante noch verschärft hat, setzt die Regierung die Profite-vor-Leben-Politik unbeirrt fort.
Bereits nach zehn Tagen sollen die beschlossenen Maßnahmen überprüft und möglicherweise wieder aufgehoben werden. Betriebe und Schulen bleiben weiterhin ohne Einschränkung geöffnet. Dabei hat sich in den letzten Wochen gezeigt, dass gerade der Präsenzunterricht an Schulen einer der Haupttreiber der Pandemie ist. Daran werden die nun verpflichtenden Tests für Schüler wenig ändern.
Der slowakische Wirtschaftsminister Richard Sulik (SaS) machte deutlich, dass die Regierung an ihrer mörderischen Politik festhalten wird. „Die Schulen werden die letzten sein, die geschlossen werden. Wir bestehen darauf, dass sie geöffnet bleiben“, erklärte er.
Zuvor hatte ein Konsortium von Gesundheitsexperten einen dreiwöchigen Lockdown und die Schließung von Schulen gefordert. Sie erklärten: „Die Seuchenlage in der Slowakei ist kritisch und erreicht den Grad einer humanitären Krise“.
Auch in Tschechien ist die Gesundheitsversorgung bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 1200 am Rande des Zusammenbruchs. Die Anzahl der Covid-Patienten in den Kliniken liegt bei über 6000.
In mehreren Landesteilen können keine weiteren Patienten mehr versorgt werden. Besonders in den Grenzregionen zu Österreich und der Slowakei, den einzigen Ländern, die eine noch höhere Infektionsrate pro Kopf aufweisen, ist die Lage extrem. Hier werden seit Wochen nur noch akute Notfälle behandelt. Am Donnerstag mussten 19 schwer erkrankte Patienten aus Brno in die 200 Kilometer entfernte Hauptstadt Prag transportiert werden.
Die noch amtierende Regierung von Premierminister Andrej Babiš, die im vergangenen Monat abgewählt wurde und nur noch geschäftsführend im Amt ist, hat angesichts dieser Situation erneut einen 30-tägigen Notstand ausgerufen.
Seit Donnerstag müssen Bars und Clubs um 22 Uhr schließen, Weihnachtsmärkte dürfen nicht öffnen. Sport- und Kulturveranstaltungen sind nur bis zu 1000 Teilnehmern erlaubt. Darüber hinaus könnte in der nächsten Woche eine Impfpflicht für bestimmte Berufs- und Altersgruppen beschlossen werden.
Aber auch in Tschechien bleiben die Schulen geöffnet und in Betrieben kann ohne Einschränkungen und nennenswerte Schutzmaßnahmen gearbeitet werden. Dies leistet der Ausbreitung weiteren Vorschub. Am Samstag wurde bekannt, dass wahrscheinlich ein Fall der Omikron-Variante erstmals in Tschechien aufgetreten ist. Die Probe stammt aus dem PCR-Test einer Frau, die aus Namibia über Südafrika eingereist ist.
Wissenschaftler und Mediziner warnten den Multimilliardär Babiš und seine Regierung vor den Folgen der Öffnungspolitik. Seine Partei ANO, die Sozialdemokraten (CSSD) und Kommunistische Partei (KSCM) setzten diese jedoch ohne Skrupel durch – mit katastrophalen Folgen. Die Quittung erhielt die Regierung bei den Wahlen im Oktober. Alle drei Parteien verloren massiv an Stimmen. CSSD und KSCM sind nicht mehr im Parlament vertreten.
Am Sonntag ernannte Staatspräsident Milos Zeman den liberalkonservativen Petr Fiala zum neuen tschechischen Ministerpräsidenten. Zeman nahm im Schloss Lany bei Prag den Eid hinter einer durchsichtigen Abtrennung ab, da er kurz zuvor positiv auf Covid-19 getestet worden war. Zuvor hatte sich der 77-jährige Zeman 46 Tage lang im Krankenhaus befunden.
Fialas neue Regierung aus fünf Parteien hatte schon vor der Übernahme der Amtsgeschäfte klar gemacht, dass sie den Notstand und alle damit verbundenen Einschränkungen sofort aufheben wird. Mit anderen Worten: Sie wird die kriminelle Politik der Vorgängerregierung sogar mit noch größerer Brutalität fortsetzen.
Der Regierung gehören neben dem rechts-konservativen Bündnis aus Bürgerdemokraten (ODS), Christdemokraten (KDU-CSL) und der TOP-09 auch die Piratenpartei und die Bürgermeisterpartei Stan an. Vertreter der ODS erklärten, man werde in die Pandemie höchstens „regional“ eingreifen und keinen landesweiten Notstand ausrufen. Fiala schloss die Schließung von Schulen während seiner Amtszeit aus. Der künftige Gesundheitsminister Vlastimil Valek (TOP-09) sprach sich kategorisch gegen Impfpflicht und Lockdowns aus. Zudem sollen alle bisher geltenden Beschränkungen für Ungeimpfte vollständig aufgehoben werden.
Diese kaltblütige Politik der Durchseuchung, die tausende weitere Todesopfer fordern wird, passt zu dem Koalitionsvertrag, den die Parteien Anfang letzter Woche unterzeichneten. Fiala kündigte einen scharfen Sparkurs in allen Bereichen an, in deren Zentrum massive Rentenkürzungen stehen. Die eingesparten Gelder sollen direkt in die Aufrüstung fließen. Die neue Regierung strebt an, ab 2025 zwei Prozent des BIP in die militärische Aufrüstung zu stecken.
Die Koalition bekennt sich ausdrücklich zur stärkeren Einbindung des Landes in EU und Nato. Vor allem die Piraten fordern eine aggressivere Politik gegenüber Russland und China. Der als Außenminister gehandelte Jan Lipavsky steht für eine Außenpolitik nach dem Vorbild Polens und der baltischen Staaten. Er fordert strenge Sanktionen gegenüber Russland und droht dabei auch mit militärischen Mitteln.