Stoppt den Genozid in Gaza – Kundgebung der Sozialistischen Gleichheitspartei zur Europa-Wahl

Am Dienstag führte die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) im Rahmen ihres Europawahlkampfs im Berliner Stadtteil Neukölln eine Kundgebung gegen den Genozid in Gaza durch, an der sich etwa 100 Arbeiter und Jugendliche beteiligten.

Kundgebung der SGP in Berlin-Neukölln, 21.05.2024

Der Kriegspropaganda und dem völkermörderischen Kriegskurs der Ampelkoalition und der Bundestagsparteien stellten die Europawahlkandidaten Christoph Vandreier, Ulrich Rippert, Angela Niklaus und Tamino Wilck eine internationale sozialistische Perspektive entgegen.

Angela Niklaus

Um an die Nakba vor 76 Jahren zu erinnern und ein Ende des Völkermords zu fordern, „gingen rund zehntausend Menschen in Deutschland auf die Straße. Allein in London demonstrierte eine Viertelmillion Menschen“, eröffnete Angela Niklaus ihren Redebeitrag. „Wir von der Sozialistischen Gleichheitspartei grüßen die mutigen Protestierenden in Europa und weltweit.“

Die herrschende Klasse versuche die Proteste mit Polizeistaats-Methoden zu unterdrücken, „weil sie Angst hat! Sie hat Angst davor, dass die Anti-Genozid-Proteste zusammenkommen mit der sozialen Wut der arbeitenden Bevölkerung gegen die Regierung und die Gewerkschaftsbosse“. „Große Teile der Bevölkerung verarmen“, und anstatt Geld in die sozialen Systeme, würden „Hunderte Milliarden Euro in die Aufrüstung der Bundeswehr, in die Lieferung von Waffensystemen und in die Militarisierung der Gesellschaft“ gesteckt.

Wer Völkermord und Krieg ablehne, solle sich der Sozialistischen Gleichheitspartei anschließen, denn: „Wir lehnen jede nationale Perspektive ab.“ „Nicht mit Varoufakis und seiner MERA25, nicht mit RIO oder irgendeiner anderen pseudolinken Gruppierung oder mit militanteren Gewerkschaftlern lässt sich der Kampf gegen die Bourgeoisie und ihren völkermörderischen und Kriegs-Kurs gewinnen. Sie alle stehen mit ihrer Perspektive der Unterordnung unter die Institutionen der Bourgeoisie für den Erhalt des kapitalistischen Systems, welches für die Nakba und zwei Weltkriege verantwortlich ist“, so Niklaus.

„Mit unserer internationalen sozialistischen Perspektive stützen wir uns auf die internationale Arbeiterklasse“, die als einzige soziale Kraft in der Lage sei, „Völkermord und Krieg zu beenden“.

Tamino Wilck

Tamino Wilck, der als SGP-Mitglied zugleich der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) angehört, legte seinen Schwerpunkt auf die Polizeigewalt gegen Studierende und andere Kriegsgegner.

Gegen die sich ausbreitende Protestwelle an den Universitäten vieler Länder, „die starke Erinnerungen an die Proteste der 1968er Jahre hervorruft“, reagiere der Staat mit brutaler Repression. „So wie die herrschende Klasse außenpolitisch wieder Völkermord unterstützt, so knüpft sie auch innenpolitisch wieder an die Methoden der Nazis an.“

Wilck beschrieb die Polizeigewalt gegen die Studierenden sowie die Hass-Kampagne, die Politik und Medien, allen voran Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und die Springer-Zeitung Bild, gegen Dozierende der Berliner Universitäten entfesselten, weil sie es in einem offenen Brief zu ihrer Pflicht erklärten, „ihre Studierenden zu schützen und sie in keinem Fall Polizeigewalt auszuliefern“.

Wilck forderte Schüler und Studierende auf: „Wir müssen vor die Betriebe gehen und Arbeiter gegen den Völkermord mobilisieren. Arbeiter müssen Proteste und Streiks vorbereiten, um die Kriegsindustrie zu stoppen.“

Er stellte die uneingeschränkte Unterstützung der Bundesregierung für die faschistische Netanjahu-Regierung und die Repression im Inland in Zusammenhang mit dem Nato-Krieg gegen Russland. Er erklärte: „Die Bundesregierung arbeitet in der Ukraine mit offenen Antisemiten und Rechtsextremisten zusammen, um ihren Krieg gegen Russland ins Werk zu setzen.“

„Ende April wurde unser Genosse Bogdan Syrotkjuk, führendes Mitglied der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten, vom ukrainischen Geheimdienst verhaftet“, weil er als „prinzipieller Marxist und Internationalist für ein Ende des Krieges in der Ukraine und die Vereinigung der russischen und ukrainischen Arbeiterklasse kämpft.“

Christoph Vandreier

Christoph Vandreier, der Vorsitzende der SGP, betonte: „Wir – als Sozialistische Gleichheitspartei – treten zu den Europa-Wahlen an, um eine internationale Bewegung gegen Krieg, gegen Völkermord und gegen seine Wurzel, den Kapitalismus aufzubauen.“ Das bedeute, dass „hier in Deutschland eine Bewegung gegen den deutschen Militarismus“ aufgebaut werden müsse. „80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg rollen deutsche Panzer wieder gegen Russland und kehrt die herrschende Klasse zu den Methoden des Völkermords zurück.“

Vandreier verwies auf den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), der „Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant beantragt“ hat. „Aber nicht nur Netanjahu und Gallant gehören auf die Anklagebank, sondern auch ‚Genocide Joe‘ Biden, Olaf Scholz und Annalena Baerbock.“

„Aber man darf sich keinen Illusionen hingeben“, warnte Vandreier, „dass der Internationale Strafgerichtshof oder die Vereinten Nationen oder irgendein kapitalistisches Regime auf diesem Erdball den Völkermord stoppen wird. Genauso gut könnte man von einem Wolf fordern, Vegetarier zu werden.“

Der Genozid in Gaza ist Teil eines globalen Konflikts um die Neuaufteilung der Welt. In der Ukraine führt die Nato einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, dem schon Hunderttausende junger Menschen zum Opfer gefallen sind. Um ihre geostrategischen Interessen durchzusetzen, riskieren sie sogar einen Atomkrieg. Und der Krieg gegen Russland ist nur der Vorläufer für einen Krieg gegen China, der noch ganz andere Dimensionen annehmen würde.

Die Nato-Mächte haben in den letzten 30 Jahren „Kriege geführt, die weit über eine Million Menschen das Leben gekostet haben“. „Die Bilder aus Gaza zeigen, zu welchen Grausamkeiten“ sie im Kampf für ihre geostrategischen und Wirtschaftsinteressen bereit seien. „Dass die Nato-Mächte zu den Methoden des Völkermords zurückkehren“, zeige nicht nur den Bankrott des Netanjahu-Regimes, der Scholz- und der Biden-Regierung. Es zeige „den Bankrott des ganzen kapitalistischen Systems“.

Nachdrücklich erklärte Vandreier: „Wenn der Kapitalismus nicht gestürzt wird, drohen Verhältnisse wie in Gaza auf der ganzen Welt.“ Nicht die vielen Arbeiter und Jugendlichen, die sich mit den unterdrückten Palästinensern solidarisieren, seien antisemitisch. „Es ist die herrschende Klasse in Deutschland, die an ihre braunen Wurzeln anknüpft, wenn sie deutsche Panzer gegen Russland rollen lässt, Genozid zur Staatsräson erklärt und aufrüstet wie seit Hitler nicht mehr.“

Appelle an die Parteien und Regierungen, „die den Völkermord unterstützen“ seien „illusorisch und reaktionär“. Das gelte auch für die Befürworter einer multi-polaren Weltordnung, „die ihre Hoffnung auf das eine oder andere kapitalistische Regime richten. Keines von ihnen wird den Völkermord stoppen! Keines von ihnen wird den dritten Weltkrieg verhindern.“

Ulrich Rippert

Mit einem leidenschaftlichen Appell ergriff abschließend Ulrich Rippert das Wort:

Wir sind die einzige Partei, die in diesem Europa-Wahlkampf den Kampf gegen Krieg und Völkermord in den Mittelpunkt des Wahlkampfs stellt. Und wir appellieren nicht nur, wir fordern nicht nur, dass die internationale Arbeiterklasse eingreift, sondern wir organisieren dieses internationale Eingreifen.

Wir sind eine revolutionäre internationale sozialistische Weltpartei. Wir setzen der nationalen Kriegshetze und dem ohrenbetäubenden Kriegspropaganda-Geschrei die internationale Einheit und die internationale Zusammenarbeit der Arbeiterklasse entgegen.

„Alle Katastrophen, die die Menschheit im 20. Jahrhundert heimgesucht haben – Weltkrieg, Völkermord, Atombomben-Abwurf, Faschismus, Wirtschaftskrisen, Pandemien“, hätten ihre Ursache im Kapitalismus, so Rippert, einem Gesellschaftssystem, „das auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und der Aufteilung der Welt in Nationalstaaten basiert“.

„Es ist keine Übertreibung, wenn wir sagen: Die Gefahr eines dritten Weltkriegs war nie so groß wie heute. Aber auch die Gegenbewegung nimmt zu“, erklärte Rippert und verwies auf die Radikalisierung des Klassenkampfs, der sich auch in den Arbeitskämpfen Tausender in Europa und weltweit gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Löhne zeige. Doch es sei notwendig, „die Zwangsjacke der Gewerkschaften zu durchbrechen und eine breite Mobilisierung der Arbeiterklasse zu entwickeln“. Dazu brauche die Arbeiterklasse „ihre eigene Partei, die Sozialistische Gleichheitspartei“.

Teilnehmer der Kundgebung

Viele Teilnehmer an der Kundgebung hatten die Reden mit große, Interesse verfolgt und diskutierten im Anschluss mit den SGP-Mitgliedern die aufgeworfenen Fragen. Volle Übereinstimmung bestand darin, dass die internationale Arbeiterklasse für den Kampf gegen Krieg und Genozid mobilisiert und vereinigt werden muss.

Die deutlichen Worte der Kandidaten über die Verantwortung der Ampel-Koalition an dem Genozid und der Polizeigewalt fand große Zustimmung unter den Zuhörern. „Endlich mal eine Partei, die sich wirklich einsetzt für die unterdrückten Palästinenser,“ lobten drei Oberschülerinnen aus Berlin und Brandenburg, die von der sozialistische Perspektive als Antwort auf Krieg und Kapitalismus angetan waren.

Nadine, die vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland geflohen war und aus Angst vor Abschiebung ein Pseudonym verwendet, erklärte: „Es stimmt alles, was ihr sagt.“ Besonders gut fand sie, dass „die SGP für die Einheit der internationalen Arbeiterklasse ist“. „Nur gemeinsam können wir die Kriege beenden.“ Die Regierungen der imperialistischen Mächte hätten „nur ihre Interessen im Sinn, die interessieren sich nicht für uns“.

Auch S. (aus dem ehemaligen Jugoslawien) lehnt die Spaltung der „Menschen nach Nationalitäten ab“. Sie klagte die „deutsche Regierung, mit dem Grünen Joschka Fischer“ an, ihre „Heimat bombardiert“ und ihre Familie zur Flucht gezwungen zu haben. „Wir sind hier nur Menschen zweiter Klasse. Ich darf nicht bleiben, weil in meinem Land kein Krieg mehr ist.“

Wütend spielte sie auf die bittere Armut an, in die große Teile der Arbeiterklasse des ehemaligen Jugoslawiens geworfen wurden: „Aber was ist denn dort!“ Deutschland sei „schon damals zu Krieg“ zurückgekehrt, um seine Interessen durchzusetzen.

Am Büchertisch

M., Student an einer Berliner Universität, findet es richtig, dass die SGP gegen den Genozid kämpft. Er kennt die World Socialist Website und hat auch einiges über die Perspektive der SGP gelesen, aber er verstehe nicht, warum die SGP immer von „Klassenkampf“, von „Bourgeoisie und Profitgier“ spreche. Wäre nicht „einfacheres Vokabular besser, statt Worte wie „sozialistisches Klassenbewusstsein“?

Angela Niklaus betonte die Notwendigkeit, die beiden unversöhnlichen Klassen „Bourgeoisie und Proletariat“ klar zu benennen und die Gründe für Klassenkrieg und Krieg zu erklären. „Eine Abkürzung für den notwendigen politischen Kampf gibt es nicht.“ Alles andere sei nur „auf Bauernfang gehen“, was den ernsthaften Kampf verhindern und zum Scheitern führen würde.

Mehrere Teilnehmer berichteten von ihren Ängsten um die im Gazastreifen verbliebenen Familienmitglieder. Teilweise haben sie schon seit Wochen kein Lebenszeichen mehr erhalten. Der aus Ägypten stammende Hussein betonte, wie wichtig es sei, die „ganze geschichtliche Entwicklung“ des Zionismus und der Unterdrückung in Palästina seit 1947/1948 zu verstehen. Das Buch „Die Logik des Zionismus – Vom Nationalistischen Mythos zum Genozid in Gaza“ von David North widmet sich diesem historischen Zusammenhang und stieß auf großes Interesse.

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