Auch in diesem Sommer sind in Griechenland, Italien, Albanien, Rumänien, Bulgarien, der Türkei und anderen südosteuropäischen Ländern verheerende Waldbrände ausgebrochen.
Fast 10.000 Hektar überwiegend bewaldetes Land verbrannten im Nordosten Attikas bei einem Feuer, das am 11. August im Dorf Varnavas ausbrach, 30 km nordöstlich der griechischen Hauptstadt Athen.
Angefacht durch stürmische Winde und hohe Temperaturen von fast 40 Grad Celsius breitete sich eine über 25 Meter hohe Flammenwand in einem Radius von 30 km nach Süden aus und erreichte die nördlichen Vororte von Athen, Nea Penteli, Patima Halandriou und Vrilissia – nur 14 km vom Zentrum der Hauptstadt entfernt.
Es ist das erste Mal seit 1981, dass ein Feuer ein Stadtgebiet am Rande Athens erreicht. Die Region Attika lag in schwarzen Rauch gehüllt. Die Hellenische Gesellschaft für Pneumologie riet Menschen mit Lungen- und Herzproblemen, nicht ins Freie zu gehen.
Der Brand war der zweitgrößte in der Region Attika seit 2009, als knapp über 13.000 Hektar Waldfläche verbrannten. Letztes Jahr gab es in Griechenland den größten Brand in der Europäischen Union seit 2000. In der Region Evros in Nordgriechenland nahe der türkischen Grenze verbrannten rund 90.000 Hektar Landfläche. 18 Flüchtlinge kamen in den Flammen ums Leben.
Aufgrund der diesjährigen Brände wurden Tausende Menschen evakuiert, darunter auch Patienten und Mitarbeiter eines Kinderkrankenhauses und eines Militärkrankenhauses, beide in der Nähe des Berges Penteli. Die Leiche einer 65-jährigen Arbeiterin wurde im Badezimmer einer ausgebrannten Fabrik in Patima Chalandriou entdeckt, wo sie Schutz gesucht hatte. Sie war seit 20 Jahren in der Fabrik beschäftigt.
Der Brand wütete mehr als 40 Stunden lang, Feuerwehrleute löschten noch drei Tage später die Reste des Feuers. Der Brand führte zu umfangreichen Stromausfällen, nachdem mindestens 120 Strommasten beschädigt worden waren.
Die zunehmende Häufigkeit von Bränden in Griechenland ist eine Folge des Klimawandels, der zu Rekordtemperaturen geführt hat. Die Monate Juni und Juli dieses Jahres waren die heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen. Temperaturen von fast 40 Grad Celsius oder sogar darüber sind in weiten Teilen Europas im Sommer zur Regel geworden.
Die Hitzewelle erfasst den gesamten Kontinent. Auch in der italienischen Provinz Latina und im Norden Portugals sind Brände ausgebrochen. Die Rekordtemperaturen in Spanien veranlassten die Regierung, den Dürre-Notstand auszurufen und auf der Insel Teneriffa Wasserbeschränkungen zu verhängen.
Der Mittelmeerraum ist besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels, weil er sich nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen um 20 Prozent schneller erwärmt als im globalen Durchschnitt.
Im Juli wüteten in Albanien Waldbrände, die im Süden des Landes begannen und nach Norden zogen. Weitere Brände brachen in den letzten Wochen in Bulgarien und auf Sardinien aus. Ende Juli starb ein älterer Mann in Nordmazedonien in einem Waldbrand, der schon seit Anfang Juli lodert. In der Türkei kämpfte die Feuerwehr ebenfalls tagelang gegen Waldbrände, besonders einen Großbrand am Rande der Küstenstadt Izmir.
Laut Untersuchungen des Institute for Global Health mit Sitz in Barcelona gab es im vergangenen Jahr 2023 – dem wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – mehr als 47.000 hitzebedingte Todesfälle in Europa. Griechenland hatte die schlimmste hitzebedingte Sterblichkeitsrate in Europa, mit 393 Todesfällen pro Million, verglichen mit dem europäischen Durchschnitt von 88.
Premierminister Kyriakos Mitsotakis erklärte: „Wir müssen ständig besser werden. Und aus jedem Fehler und jedem Feuer, das außer Kontrolle gerät, müssen wir immer sehen, was wir lernen können und was wir besser machen können.“
In Wirklichkeit hat die rechte Regierung unter Nea Dimokratia (ND) seit ihrem Amtsantritt 2019 nichts gelernt. In den letzten acht Jahren sind in 13 Großbränden mehr als 45.000 Hektar Waldfläche in Attika abgebrannt, 37 Prozent der gesamten Waldfläche der Region.
Wissenschaftler haben Sorgen über die langfristigen Auswirkungen der Feuer auf die Gesundheit der Einwohner von Attika geäußert. Dort lebt fast 40 Prozent der Gesamtbevölkerung Griechenlands. Mit nur 0,96 Quadratmetern Grünfläche pro Einwohner hat Athen bereits jetzt eines der schlechtesten Verhältnisse von Grünflächen pro Kopf in der Welt. Der Wert liegt weit unter dem von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Minimum von 9 Quadratmetern pro Kopf.
Im April kündigte der Minister für Klimakrise und Katastrophenschutz, Vassilis Kikilias, ein 2,1-Milliarden-Programm zur Bekämpfung von Naturkatastrophen an, die durch den Klimawandel verursacht werden. Die marode Feuerwehr soll mit Flugzeugen, Hubschraubern und Löschfahrzeugen ausgerüstet werden. Nichts davon wird in den nächsten zwei Jahren zur Verfügung stehen.
Zwischen 2010 und 2020 wurden 1,1 Milliarden Euro für den Waldschutz und die Waldbrandbekämpfung gestrichen, weil die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Land mehrere Sparpakete auferlegt hatten. Dieser Trend hat sich fortgesetzt. Der Nationalpark am Berg Parnitha nördlich von Athen verfügt nur über sieben Ranger, die eine Fläche von 35.000 Hektar Waldgebiet betreuen. In einem Gespräch mit Documento im April sagte der Forst- und Umweltwissenschaftler Eleftherios Stamatopoulos: „Wenn wir die 145 Millionen Euro, die in Löschflugzeuge investiert wurden, für die Bewirtschaftung der Wälder eingesetzt hätten, dann hätten wir den Bedarf der Wälder für zwanzig Jahre decken können.“
Die griechische Feuerwehr ist mit 4000 Mann unterbesetzt, das Durchschnittsalter der Feuerwehrleute liegt bei 47 Jahren, und die meisten Löschfahrzeuge sind über 20 Jahre alt. Die Feuerwehrleute werden routinemäßig ins ganze Land geschickt, um Brände zu bekämpfen. In einem Gespräch mit Documento im vergangenen Monat berichtete der Vorsitzende der Gewerkschaft der temporären Feuerwehrleute über seine jüngste Erfahrung, als er von Thessaloniki in Nordgriechenland zur Bekämpfung eines Brandes in Keratea in Südattika geschickt wurde: „Sie schickten das Personal aus Thessaloniki mit fünf Fahrzeugen. 20 von uns wurden auf engem Raum zusammengepfercht. Wir kamen in Keratea an und ich wurde in einem Gebiet abgesetzt, in dem ich keine einzige Straße kannte. Wir kamen um 16 Uhr nach einer achtstündigen Fahrt in einem 25 Jahre alten Fahrzeug ohne Klimaanlage an.“
Die Bevölkerung Griechenlands ist bei der Bekämpfung von Bränden oft auf sich allein gestellt. Im Fernsehsender Mega sagte Dimitris Megagiannis, ein Viehzüchter in Penteli, nach dem jüngsten Brand in Attika: „Von meinem Hof ist nichts mehr übrig. Seit 1995 hat es hier viele Brände gegeben, und wir haben sie alle mit einem Löschfahrzeug gelöscht, das immer hier war. Heute sind wir der Gnade Gottes ausgeliefert: kein einziges Löschflugzeug oder Feuerwehrauto. Ich war die ganze Zeit allein mit meinem Sohn und zwei Eimern Wasser. Bis ich irgendwann nicht mehr konnte und ohnmächtig wurde und nicht weiß, was danach passiert ist. Als ich nach 10 bis 15 Minuten wieder zu mir kam, hörte ich meine Tiere blöken und sterben.“
Den Betroffenen wird eine finanzielle Unterstützung angeboten, die lächerlich niedrig ist. So können Eigentümer von abgebrannten Häusern zwischen 5000 und 10.000 Euro und von kleinen Unternehmen zwischen 2000 und 4000 Euro erhalten.
In einem Tweet mit dem Hashtag #EUSolidarity brüstete sich Janez Lenarčič, EU-Kommissar für Krisenmanagement, mit der minimalen Hilfe der EU für Griechenland, die aus „zwei Flugzeugen der EU-Rettungsflotte aus Italien, einem EU-Rettungshubschrauber aus Frankreich und Bodenlöschteams aus Rumänien und Tschechien“ bestehe.
Kürzungen bei der Feuerwehr sind ein EU-weites Phänomen, trotz der Zunahme von Waldbränden aufgrund des Klimawandels. Laut Eurostat wurden zwischen 2021 und 2022 in zehn Ländern Stellen bei der Feuerwehr abgebaut, wobei der größte Rückgang in Frankreich, Rumänien, Portugal, der Slowakei, Bulgarien und Belgien verzeichnet wurde. In Frankreich wurden 5400 Feuerwehrstellen gekürzt, in Rumänien 4250 und in Portugal 2907.
Die pseudolinke Syriza, die offizielle Oppositionspartei Griechenlands, hat versucht, aus den Bränden in Attika politisches Kapital zu schlagen. In einer Erklärung prangerte sie „die Dreistigkeit und Verantwortungslosigkeit von Herrn Mitsotakis an, die beispiellos ist“.
Aber Syriza hat selbst zwischen 2015 und 2019 regiert und trägt ebenso viel Verantwortung wie die ND für die Verwüstungen, die die Waldbrände in Griechenland in den letzten Jahren angerichtet haben. Nachdem die Syriza-Regierung im Sommer 2015 das Votum der Bevölkerung gegen die Sparpolitik missachtet hatte, unterzeichnete sie ein drittes Sparpaket, das von der EU, dem IWF und der Europäischen Zentralbank diktiert wurde. Aufgrund der massiven Kürzungen sank der Lebensstandard von Millionen Menschen. Syriza, die sich selbst als glühende Verfechterin der Umwelt darstellte, war im Sommer 2018 verantwortlich für den Waldbrand in Mati, einer kleinen Küstenstadt außerhalb Athens, bei dem über 100 Menschen ums Leben kamen.