Am vergangenen Donnerstag beschloss der deutsche Bundestag mit großer Mehrheit, das militärische Eingreifen der Bundeswehr in Afrika auszuweiten. Für die Verlängerung der EU-Ausbildungsmission in Mali (EUTM) um ein Jahr, an der sich die Bundeswehr zukünftig mit 300 Soldaten beteiligen wird, stimmten 496 Parlamentarier. Es gab 67 Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Für die weitere deutsche Beteiligung an der seit 2008 laufenden Mission Atalanta am Horn von Afrika votierten 456 Abgeordnete.
Beide Missionen dienen dazu, die wirtschaftlichen und strategischen Interessen Deutschlands in Afrika mit militärischen Mitteln zu sichern. Bereits Ende Januar hatte der Bundestag mit überwältigender Mehrheit die Entsendung von 650 zusätzlichen Bundeswehrsoldaten im Rahmen der UN-Mission Minusma in den rohstoffreichen, aber gefährlichen Norden Malis beschlossen.
Die Bundeswehr ist inzwischen in weiten Teilen Ost- und Westafrikas aktiv. Neben Mali und dem Horn von Afrika sind deutsche Soldaten gegenwärtig im Rahmen von internationalen Missionen in Somalia (EUTM SOM), Liberia (UNMIL), Sudan (UNAMID), Südsudan (UNMISS), Dschibuti (Atalanta) und in der Westsahara (MINURSO) stationiert.
Die jüngsten Beschlüsse wurden ohne jede öffentliche Diskussion vor dem Pfingstwochenende durchs Parlament gepeitscht. Die europäischen Mächte weiten damit ihr Eingreifen auf dem rohstoffreichen Kontinent weiter aus. So sieht der von der Bundesregierung nach einem entsprechenden EU-Ministerratsbeschluss eingebrachte Antrag vor, die EUTM-Mission auch auf den Norden Malis und weite Teil der Sahelzone auszuweiten.
In dem vom Bundestag verabschiedeten Beschluss heißt es: „Das Einsatzgebiet liegt im Süden Malis innerhalb der malischen Staatsgrenzen und umfasst das Staatsgebiet bis zum Nigerbogen einschließlich der Ortschaften Gao und Timbuktu sowie der Verbindungsstraße zwischen den beiden Ortschaften nördlich des Niger.“ Zu den Aufgaben der Bundeswehr gehöre neben der Ausbildung der Sicherheitskräfte Malis auch die der G5-Sahel-Staaten (Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso, Tschad) und die Beratung des malischen Verteidigungsministeriums.
Die Verlängerung der Mission am Horn von Afrika, die derzeit unter deutschem Kommando steht, sieht eine starke Ausweitung des Einsatzgebietes vor. Im Parlamentsbeschluss heißt es: „Das Einsatzgebiet von Atalanta besteht aus den somalischen Küstengebieten und inneren Küstengewässern sowie den Meeresgebieten vor der Küste Somalias und der Nachbarländer innerhalb der Region des Indischen Ozeans. Hinzu kommt der Luftraum über diesen Gebieten.“
Auch Militäroperationen auf dem somalischen Festland und in andere afrikanischen Staaten sind möglich: „Deutsche Einsatzkräfte dürfen bis zu einer Tiefe von maximal 2.000 Metern gegen logistische Einrichtungen der Piraten am Strand vorgehen […]. Angrenzende Räume und das Hoheitsgebiet von Staaten in der Region können […] mit Zustimmung des jeweiligen Staates und nach Maßgabe der mit ihm getroffenen bzw. zu treffenden Vereinbarungen genutzt werden.“ Die Operation Atalanta sei dabei „ermächtigt, alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt zu ergreifen“.
Vertreter der Bundesregierung und der Opposition, die am Donnerstag im Bundestag sprachen, unterstrichen, dass die Offensive des deutschen Militarismus in Afrika noch weiter ausgeweitet wird.
So bezeichnete der SPD-Abgeordnete Christoph Strässer (SPD) „die Entsendung von 300 Soldatinnen und Soldaten nach Mali zur Ausbildung“ als einen „eher bescheidenen Beitrag zur Stabilisierung eines Landes“. Es gebe Situationen, „in denen es eben nicht ohne einen solchen Einsatz“ gehe und es werde „leider nicht funktionieren, wegzuschauen und nur mit zivilen Mitteln, mit Mitteln der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit Unterstützung zu leisten“.
Henning Otte, der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erklärte: „Warum eigentlich Mali? Weil Mali Teil eines Ringes ist von Syrien über Jemen, Somalia, den Sudan und den Tschad, der akut vom Terror bedroht ist. Dabei dürfen wir auch Libyen nicht aus den Augen verlieren.“ Überall sei „die Bundeswehr gefordert“ und brauche dafür „auch die notwendige personelle, finanzielle und materielle Ausrüstung“.
Matthias Ilgen, SPD, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags, machte deutlich, dass unter dem Deckmantel des „Kampfs gegen den Terror“ wirtschaftliche und geopolitische Interessen der deutschen Wirtschaft verfolgt werden: „Missionen dieser Art sind auch weiterhin richtig und wichtig; denn als eine der führenden Handelsnationen dieser Welt ist es auch im ureigensten Interesse der Bundesrepublik Deutschland, die Seewege sicher zu halten. Dieses Interesse gilt es zu vertreten.“
Ilgen sprach sich deshalb für die Aufrüstung der deutschen Marine aus. Diese pfeife mit ihren Einsätzen im westlichen Mittelmeer, in der Ägäis, vor der libanesischen Küste, und im Ostseeraum „auf dem letzten Loch, personell wie materiell“. Seine Fraktion fordere deshalb „mehr Personal für die Marine“. Glücklicherweise habe Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angekündigt, „das in Angriff nehmen zu wollen“. Die SPD hoffe nun, „dass den Ankündigungen Taten folgen“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stieß ins gleich Horn. Er könne „der Bundesverteidigungsministerin zusagen, dass die Außenpolitiker der Union Bemühungen unterstützen werden, die insbesondere durch Investitionen in neue Ausrüstungen und in Personal geeignet sind, die Marine besser in die Lage zu versetzen, die heutigen und zukünftigen Belastungen zu tragen“. Konkret plane die Bundesregierung „gegenwärtig die Beschaffung neuer Schiffe“, die „deutlich besser geeignet [sind], Operationen fernab der Heimat durchzuführen“.
Frithjof Schmidt von den Grünen erklärte ebenfalls die Unterstützung seiner Fraktion für den Mali-Einsatz der Bundeswehr: „Meine Fraktion ist mit großer Mehrheit der Auffassung, dass es richtig war und ist, dass die internationale Gemeinschaft […] in mehrfacher Hinsicht Verantwortung in Mali übernommen hat: die UN-Blauhelme schwerpunktmäßig im Norden […] und die Europäische Union mit ihrer Ausbildungsmission für die malische Armee im Süden.“
Die Linkspartei, die als einzige Fraktion geschlossen gegen beide Anträge stimmte, unterstützt die Offensive des deutschen Imperialismus. Sie schlägt lediglich vor, diese vorerst mit politischen und zivilen Mitteln zu verfolgen – und erst später Soldaten zu schicken.
So forderte das Linksparteimitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Sevim Dagdelen, „endlich die zivilen Alternativen zu diesem Bundeswehreinsatz zu stärken“. Ihre Partei frage sich schon: „Warum wird die illegale Fischerei westlicher Fischereifabriken, die ein Grund für die Entstehung der Piraterie ist, […] von Ihnen weiterhin lediglich beobachtet? Wie lange wollen Sie denn beobachten? Warum unternimmt die Bundesregierung keinerlei Initiative zur politischen Lösung der Konflikte in Somalia und im Jemen? […] Wir Linken finden, es braucht zivile Lösungen statt einer immer ausgreifenderen militärischen Geopolitik, die in der Region zu immer mehr Konflikten führen wird.“
In Wirklichkeit unterstützt die Linkspartei seit langem die „immer ausgreifendere militärische Geopolitik“ Deutschlands, auch in Afrika. Bereits Anfang 2014 war die verteidigungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Christine Buchholz, im Bundeswehrflieger zusammen mit Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) zum Truppenbesuch nach Mali gereist. In ihrer Rede vor dem Bundestag lehnte Buchholz das Eingreifen des deutschen Militarismus in Afrika nicht grundsätzlich ab, sie kritisierte lediglich, es sei zu wenig effektiv: „Weder die französische Kampfoperation noch die Bundeswehreinsätze haben Mali sicherer gemacht.“