Jeff Riedel, ein herausragender Fotograf und langjähriges Mitglied der Socialist Equality Party (USA), starb am Samstag, dem 14. November, nach langer Krankheit. Er wurde 52 Jahre alt.
Er wird in Erinnerung bleiben für seine Arbeit als Künstler und für viele wichtige Beiträge zum Aufbau der internationalen trotzkistischen Bewegung. Dazu gehörten vor allem seine Schriften sowie seine Foto- und Videoarbeiten für die World Socialist Web Site.
Jeff wurde in Morristown, New Jersey, geboren und verbrachte den Großteil seiner prägenden Jahre in diesem Bundesstaat. Während seiner Kindheit zeigte er besonderes Interesse an Musik, begann in seiner Grundschulzeit Schlagzeug zu spielen und war in den nachfolgenden Jahren in verschiedenen Rockbands aktiv.
Im Community College – einer Art Hochschule, die ihre Studierenden entweder auf den Berufseinstieg oder auf die Universität vorbereitet – in Jersey City begann Jeff zum ersten Mal, sich ernsthaft mit der Fotografie zu beschäftigen und schon bald wechselte er an die bekannte School of Visual Arts in New York City, einer der führenden privaten Kunsthochschulen der USA. Zu dieser Zeit, Ende 1987, lernte er über seinen älteren Bruder auch die Workers League (Vorgänger der SEP) kennen und schloss sich bald darauf der trotzkistischen Bewegung an.
Den sozialen und politischen Hintergrund seiner Politisierung bildeten die Jahre der Reaktion unter der Reagan-Administration: die massenhafte Zerschlagung der Gewerkschaften in den 1980er Jahren und der Iran-Contra-Skandal von 1986. Die Ereignisse offenbarten den damaligen Transformationsprozess, der alle alten Arbeiterorganisationen zu nationalistischen Anhängseln ihres jeweiligen kapitalistischen Staates verwandelt hatte. Zur gleichen Zeit bereitete sich die stalinistische Bürokratie in Moskau auf die Auflösung der Sowjetunion und die Restauration des Kapitalismus vor.
Jeffs frühe Ausbildung als Marxist ermöglichte es ihm, die Bedeutung dieser Ereignisse zu verstehen – vor allem, dass diese nicht den Sieg des Kapitalismus oder das „Ende der Geschichte“ bedeuteten. Er tauchte tief ein in die politische Arbeit und ebenso in die Fotografie und dokumentierte in dieser Zeit einen Bergarbeiterstreik in West Virginia sowie andere Aspekte des Lebens der Arbeiterklasse und der sozialen Krise.
Die Veröffentlichung der World Socialist Web Site ab 1998 inspirierte Jeff. In den folgenden zwei Jahrzehnten leistete er wichtige Beiträge zur WSWS sei es durch Schreiben, Berichterstattung oder Foto- und Videoarbeiten. Er reiste in politischem Auftrag durch die USA. Überall stellte er sofort eine Beziehung zu Arbeitern her, die unter den Sparmaßnahmen, der Kriegspolitik der herrschenden Klasse und unter Polizeirepression litten.
Jeff war ein brillanter Fotograf. Er hatte eine Begabung für die Zusammensetzung des Ganzen und ein tiefes Verständnis für die technischen Aspekte des Handwerks, insbesondere für die Verwendung von Licht, Kontrast und Farbe. Mit tiefen theoretischen Einsichten in die sozialen und politischen Zusammenhänge im Hinterkopf, nutzte Jeff seine beachtlichen Fähigkeiten, um in jedem Bild das Wesentliche zum Vorschein zu bringen.
Jeffs Talent war weithin anerkannt, und er war ein gefragter Fotograf für Projekte rund um den Globus. Insbesondere seine Prominenten-Portraits waren sehr gefragt, und sein Katalog enthält bemerkenswerte Aufnahmen von Glenn Close, Kobe Bryant, Anderson Cooper, Jimmy Fallon, Uma Thurman und Cedric the Entertainer, und viele andere. Obwohl er die Oberflächlichkeit der Promi-Kultur durchschaute, in der viele seiner Auftraggeber lebten, versuchte Jeff stets, etwas von der authentischen Persönlichkeit zu enthüllen, die durch das öffentliche Bild verzerrt wurde.
Jeff machte auch Werbeaufnahme für Kabelfernsehserien wie „Boardwalk Empire“ (HBO), „Ray Donovan“ (Showtime) und „Shades of Blue“ (NBC).
Jeffs Liebe zur Musik – vor allem zu den großen amerikanischen Genres wie Country und Western, Blues und R&B – blieb eine Konstante in seinem Leben. Er machte Hunderte Porträtaufnahmen von Künstlern, darunter Bill Withers, Lou Reed, Elvis Costello, George Jones, Jay Z, Etta James, Missy Elliot, Porter Wagoner, Tony Bennett und Johnny Cash, um nur einige zu nennen.
Zu seinen interessantesten Fotos gehören eine Sammlung von Polaroid-Aufnahmen auf Instagram, die Jeffs außerordentliche künstlerische Vielseitigkeit und Sensibilität in einer breiten Auswahl von verschiedenen Situationen zeigen. Hier zeigt sich, dass Jeff die außergewöhnliche Fähigkeit besaß, mit Menschen aus allen Lebensbereichen in Kontakt zu treten und sie ihre Geschichten durch das Medium der Fotografie erzählen zu lassen.
Trotz des unerbittlichen Drucks seiner beruflichen Laufbahn nahm sich Jeff die Zeit für Reportagen, Videos und Foto-Essays für die WSWS.
Im Jahr 2004 interviewte er US-Veteranen des Irak-Krieges, die sich nachdrücklich gegen die imperialistische Aggression aussprachen. Anfang des folgenden Jahres führte er ein langes und bewegendes Interview mit Jorge Medina, einem mexikanischen Einwanderer, dessen Sohn etwa 16 Monate zuvor im Irak getötet worden war und der sich seitdem aktiv gegen den Krieg eingesetzt hatte.
Weitere Beiträge von Jeff enthielten Reportagen und Fotoessays über Kürzungen bei der Lebensmittelmarkenvergabe und andere Aspekte der kapitalistischen Gesellschaftskrise sowie Film- und Musikkritiken, darunter die Besprechung eines Films über die Atombombenangriffe 1945 auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki.
Im Jahr 2007 berichtete Jeff – damals noch unter dem Pseudonym C. W. Rogers – über die Folgen eines schrecklichen Hausbrandes in der West Bronx, bei dem zehn Immigranten, darunter neun Kinder, ums Leben kamen. Entlang des Häuserblocks stand eine Schlange von Arbeitern aus der ganzen Stadt, die Kleidung und Lebensmittel für die überlebenden Mitglieder der Familie brachten – „die Armen helfen den Armen“, wie eine Frau erklärte.
Jeff ging die Schlange auf und ab, sprach unbefangen mit den Leuten und machte manchmal Fotos von ihnen. Er fand bald Arbeiter, die bereit und begierig waren, sich an politischen Diskussionen zu beteiligen. Einige hatten Söhne oder Brüder im Militär im Irak, die ihm sagten, wie sehr sie den Krieg hassen. Als ein Mann nach der sozialen Ungleichheit in Amerika gefragt wurde, sagte er zu Jeff: „Es ist, als ob der Teufel das Land regiert.“
Im Jahr 2008, als er am Parteitag der Socialist Equality Party teilnahm, erstellte Jeff eine umfangreiche fotografische Dokumentation des Ereignisses.
2010 reiste Jeff nach Louisiana, um die Nachwirkungen der BP-Ölpest im Golf von Mexiko zu dokumentieren und darüber zu berichten. Zwei Jahre danach war er in Florida, um die Eltern von Trayvon Martin zu interviewen, dem Jugendlichen, der von dem rassistischen Bürgerwehrmilizionär George Zimmerman getötet wurde. Im Jahr 2016 sprach er mit Einwohnern von Flint über die Vergiftung des Trinkwassers in ihrer Stadt. Verantwortlich für diese Katastrophe waren die Regierung des Bundesstaats Michigan und die beiden großen Parteien.
Zu Jeffs weiteren Beiträgen gehörten längere Artikel zu seinem eigenen Gebiet der Fotografie. Anfang 2016 schrieb er eine eindrucksvolle Rezension einer wichtigen Ausstellung in New York City über die frühe sowjetische Fotografie und den Film. Später im selben Jahr rezensierte er Don't Blink-Robert Frank, den Dokumentarfilm über den bahnbrechenden, aus der Schweiz stammenden Fotografen, der letztes Jahr im Alter von 94 Jahren starb.
Jeff war zeitlebens von einer Vielzahl chronischer Krankheiten geplagt. Eine Arbeitsverletzung hinterließ bei ihm starke Rückenschmerzen, die auch durch operative Eingriffe nicht behoben werden konnten. Ärzte verschrieben Schmerzmittel, die Jeffs Gesundheit untergruben und Suchterkrankungen verursachten, die zu seinem frühen Tod beitrugen. Zu Jeffs Angehörigen zählen seine Eltern, sein Sohn und seine beiden Brüder.
Obwohl Jeff Riedel viel zu früh starb, war sein Leben erfüllt, sinnvoll und von bleibender Bedeutung.
Eine umfangreiche Sammlung von Jeff Riedels Fotografien ist zu sehen unter http://www.jeffriedel.com.