Die Arbeiterbewegung und Salman Rushdie (1989)

Nach dem Angriff auf Salman Rushdie am vergangenen Freitag veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Kommentar zu den Morddrohungen gegen den britisch-indischen Schriftsteller, der ursprünglich am 17. März 1989 in der Neuen Arbeiterpresse, der Zeitung vom Bund Sozialistischer Arbeiter (Vorgängerin der Sozialistischen Gleichheitspartei), erschienen ist. Der iranische Oberste Führer Ajatollah Khomeini hatte am 14. Februar 1989 eine Fatwa gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdie ausgerufen und damit seine Hinrichtung angeordnet. Das Regime verurteilte Rushdies Roman „Die satanischen Verse“, der im September 1988 veröffentlicht wurde, wegen seiner höhnischen Satire als Blasphemie gegen den Islam.

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Der Bund Sozialistischer Arbeiter verurteilt entschieden die Morddrohungen des iranischen Khomeini-Regimes gegenüber dem britischen Autor Salman Rushdie. Wir rufen die internationale Arbeiterklasse zur Solidarität mit Rushdie auf. Seine Ermordung ist von einem krisengeschüttelten bürgerlich-nationalistischen Regime gefordert worden, das in den letzten Monaten bereits Hunderte von politischen Gegnern hinrichten hat lassen. Ganz offensichtlich haben die Führer der Islamischen Republik die Veröffentlichung der Satanischen Verse als Gelegenheit benutzt, zur Stabilisierung ihres politischen Regimes religiöse Gefühle auszubeuten.

Salman Rushdie hält 1988 sein Buch „Die satanischen Verse“ in der Hand, das den iranischen Ajatollah Khomeini zu einem Todesurteil gegen den Schriftsteller veranlasste (AP Photo) [AP Photo/Associated Press]

Die Verteidigung von Salman Rushdie durch die Arbeiterbewegung muss sich auf eine prinzipielle Feindschaft gegen die Manöver der herrschenden Kapitalistenklassen sowohl im Iran als auch in Pakistan gründen. ln diesen beiden Ländern sind von der Bourgeoisie Massendemonstrationen gegen Rushdie organisiert worden, um mit Hilfe der Religion die Massen von einem revolutionären Kampf gegen ihre bankrotten Regime abzuhalten. Eine solche prinzipielle Verteidigung Rushdies wird die Pläne sowohl des Khomeini-Regimes wie auch des westlichen Imperialismus durchkreuzen, zwischen der Arbeiterklasse im Nahen Osten, in Indien und Asien auf der einen Seite und der Arbeiterklasse in den imperialistischen Industrieländern Europas und Nordamerikas auf der anderen Seite eine Mauer aus Misstrauen, Verständnislosigkeit und Hass zu errichten.

Unsere Verurteilung der Morddrohung Khomeinis hat also nichts gemein mit der Hetze in der bürgerlichen Presse und in reaktionären Kreisen kleinbürgerlicher Intellektueller gegen den Iran. Klassenbewusste Arbeiter können nur Verachtung übrig haben für deren Versuch, imperialistische Mächte wie die Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien oder die USA als Verteidiger demokratischer Rechte hinzustellen.

Was die deutschen Imperialisten betrifft, so hat sie weder das Abschlachten Hunderttausender von Jugendlichen und Arbeitern im Golfkrieg noch der mörderische Terror des iranischen Regimes gegen die politische Opposition im Inneren davon abgehalten, ihre Geschäfte zu machen und zum wichtigsten Handelspartner und Kapitalanleger des Iran aufzusteigen. Ganz im Gegenteil, sie zogen aus beidem, aus dem äußeren Krieg gegen den Irak und aus dem inneren Krieg gegen die Arbeiterklasse fette Profite. Erst vor wenigen Monaten weilte ihr Außenminister Genscher auf Staatsbesuch in Iran und unterzeichnete ein Kulturabkommen mit dem Khomeini-Regime, und zwar genau zur selben Zeit, als dieses gerade seine politischen Gegner in den Gefängnissen reihenweise ermorden ließ.

Seit dem Sturz der blutigen, von den USA gestützten Diktatur von Schah Reza Pahlewi haben das Internationale Komitee der Vierten Internationale und der Bund Sozialistischer Arbeiter den Iran unzweideutig gegen die Drohungen und Provokationen des amerikanischen Imperialismus unterstützt. Wir haben den Iran als unterdrückte Nation stets verteidigt. Aber unsere unerschütterliche Verteidigung des Iran gegen imperialistische Provokationen stützt sich auf die strategischen Interessen des revolutionären Proletariats und die Entwicklung des Klassenkampfs im Iran selbst. Aus diesem Grund beinhaltet sie in keiner Weise eine Unterstützung der Politik Khomeinis. Die wirtschaftlichen Grundlagen seiner Regierung sind rein kapitalistisch, und die Politik der theokratischen Herrscher dient im Wesentlichen den Interessen der iranischen Bourgeoisie. Aus diesem Grund war unsere Verteidigung des Iran gegen die amerikanischen Provokationen untrennbar verbunden mit unserer revolutionären Opposition gegen den iranisch-irakischen Krieg, gegen die Verweigerung demokratischen Rechte für die nationalen Minderheiten in Iran und gegen die Unterdrückung von Arbeiterparteien.

Die politische Lage in Iran und Pakistan

Wir sind keineswegs gleichgültig gegenüber den Empfindungen der Millionen Menschen, die an ihrem althergebrachten Glauben festhalten. Als Marxisten, die ständig für die Entwicklung von wissenschaftlichem, materialistischen Klassenbewusstsein in der Arbeiterklasse kämpfen, verstehen wir – weit besser als Herr Rushdie – dass geduldige Erziehung langfristig eine weit wirkungsvollere Waffe gegen Religiosität ist als höhnische Satire. Aber bei der gegenwärtigen Kontroverse um Rushdies Buch geht es nicht um Religion, sondern um Politik. Man kann nicht verstehen, wie und weshalb die Veröffentlichung der Satanischen Versen Massendemonstrationen m Pakistan und Rufe nach der Hinrichtung Rushdies im Iran hervorgerufen hat, ohne die politische Situation in beiden Ländern zu untersuchen. Es kann keinen Zweifel geben, dass der politische Aufruhr um die Satanischen Verse direkt auf die immer tiefere Krise der bürgerlichen Herrschaft sowohl in Pakistan als auch in Iran zurückzuführen ist.

In Pakistan nimmt dies die Form einer wachsenden Opposition der Massen gegen die vor kurzem gewählte, von den USA gestützte bürgerliche Regierung Benazir Bhutto und die Pakistanische Volkspartei an. Denn es wird immer klarer, dass diese Partei ihre Versprechungen von den Wahlen im letzten November nicht einhält.

Die Opposition gegen Bhutto wird gegenwärtig von der Islamischen Demokratischen Allianz (IDA) dominiert, einem Bündnis aus rechtsgerichteten Parteien und fundamentalistischen Gruppen, die sich in der Vergangenheit durch ihre Unterstützung für den Militärdiktator Zia ul-Haq diskreditiert haben. Genau wie Bhutto fürchten sie, dass die explosiven sozialen Probleme, deren Lösung die nationale Bourgeoisie organisch unfähig ist, eine Massenbewegung hervorrufen könnten. Die IDA, die die reaktionärsten gesellschaftlichen Interessen vertritt, hat die Frage von Rushdies Buch ausgenutzt, um die Mobilisierung der Massen auf eine religiöse Frage abzulenken.

Möglich ist so etwas nur in Ländern, wo die Religion den Dreh- und Angelpunkt der bürgerlichen Herrschaft bildet. Der Staat Pakistan wurde auf einer religiösen Grundlage errichtet. Dies war Bestandteil der blutigen Teilung Indiens durch den Imperialismus im Jahr 1947. Angesichts einer Bewegung gegen die britische Kolonialherrschaft ergriff der Imperialismus damals rücksichtslos Maßnahmen zur Sicherung seiner Interessen und spaltete die Massen mit Hilfe religiöser Fragen. Mehr als eine Million Menschen starben im Verlauf der Gewalttätigkeiten, die zwischen den verschiedenen Religionsgruppen geschürt wurden, um die reaktionäre Teilung Indiens durchzusetzen.

Im Iran wird die Bourgeoisie von einer ähnlichen Krise erfasst. Khomeinis Kräfte bemühen sich verzweifelt, mit der Frage von Rushdies Buch religiöse Gefühle anzustacheln, um ihre eigene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Vorangegangen waren eine Reihe Maßnahmen des bürgerlich-nationalistischen Regimes, die eine Übereinkunft mit dem Imperialismus ermöglichen sollten. Aus Angst vor der Entwicklung einer Massenopposition gegen die islamische Republik hat das iranische Regime seine brutale Unterdrückung politischer Gegner, insbesondere auf der Linken, noch einmal gesteigert. Seit dem Ende des Bruderkrieges mit dem Nachbarland Irak, der mehr als einer Million Arbeiter und Jugendliche das Leben gekostet hat, finden in Iran beinahe ununterbrochen Massaker statt. Gleichzeitig ist unter den verschiedenen Fraktionen der regierenden Islamisch-Republikanischen Partei ein erbitterter Machtkampf ausgebrochen. Sämtliche Fraktionen sind gleichermaßen feindlich gegen die iranische Arbeiterklasse, in der, was man nie vergessen sollte, säkulare revolutionäre Ideen eine lange Geschichte und Tradition haben.

Als Marxisten verteidigen wir stets die Interessen des internationalen Proletariats. Der Imperialismus ist die reaktionärste politische Kraft in der Welt und trägt maßgeblich die historische und politische Verantwortung für die Unterdrückung der Massen im Nahen Osten und auf dem indischen Subkontinent, die noch am moslemischen Glauben festhalten.

Klassenbewusste Arbeiter müssen die Todesdrohung des Khomeini-Regimes gegen Rushdie unzweideutig verurteilen, gleichzeitig aber betonen, dass es die Aufgabe der Arbeiterklasse ist, mit der iranischen Bourgeoisie und ihren reaktionären Theokraten abzurechnen. Jeder Versuch, in dieser Frage auf Seiten des Imperialismus gegen den Iran Stellung zu beziehen, muss konsequent und auf das Schärfste bekämpft werden.

Die Haltung der Grünen und der DKP

Ein besonders obszönes Spektakel in der Anpreisung und Unterstützung imperialistischer Organisationen wie der UNO als Weltpolizei und „Garanten“ demokratischer Freiheiten bietet in dieser Hinsicht vielmehr die Presse der stalinistischen DKP (UZ), der kleinbürgerlich-radikalen Grünen (TAZ) und der Revisionisten von der VSP (SoZ).

Tagelang geiferte die TAZ auf ihrer ersten Seite gegen den Iran, unterstützte sie in Kommentaren wie am 18. Februar 1989 Forderungen nach Wirtschaftssanktionen der Imperialisten gegen den Iran und profilierte sich damit auch auf außenpolitischem Gebiet als „alternatives“, „rot-grünes“ Regierungsblatt des westdeutschen Kapitals.

Die DKP-Zeitung UZ wiederum hat die Aufgabe übernommen, die konterrevolutionäre Politik der Kreml-Bürokratie im Nahen Osten abzudecken. Hatte sie am 21. Februar 1989 in einem Kommentar Khomeini noch vorgeworfen, er vertrete mit seinem Mordbefehl eine völlig falsche Auslegung des Koran und stünde nicht in der humanistischen Tradition des Islam, so sah sie sich eine Woche später veranlasst, offen den Besuch des sowjetischen Außenministers Schewardnadse in Teheran zu verteidigen, der dort mit keinem einzigen Wort für die Verteidigung Rushdies aufgetreten ist.

Obwohl Hunderte von Mitgliedern der Moskau-orientierten stalinistischen Tudeh-Partei seit Jahren im Iran eingekerkert und zusammen mit Tausenden von Gewerkschaftern umgebracht worden sind, verlor Schewardnadse darüber kein Sterbenswörtchen. Der Grund dafür ist, dass das Ziel seiner Reise gerade darin bestand, das krisengeschüttelte bürgerliche Regime Khomeinis gegen die innenpolitische Opposition, insbesondere gegenüber der Arbeiterklasse abzusichern und zu stabilisieren. Dies ist es, was die UZ folgendermaßen umschreibt: „Der sowjetische Außenminister war (…) aufgebrochen mit dem Ziel, den Friedensprozess auch in dieser Region voranzubringen und zugleich Beziehungen der UdSSR zu einer Reihe von Staaten im Nahen Osten zu verbessern (…) Die Sowjetunion nutzt ihre ‚Kontakte‘, einen weiteren Konfliktherd auf dieser Welt einzudämmen.“

Inzwischen sind mit der Ankündigung Moskaus, die Erdgaslieferungen aus dem Iran wieder in vollem Umfang aufzunehmen, auch die innenpolitischen Interessen der Bürokratie unter Gorbatschow an der „Eindämmung des Konfliktherdes“, d.h. an der Eindämmung bzw. Unterdrückung des Klassenkampfs im Iran, bekannt geworden: Die Gaslieferungen sollen helfen, die nach dem Erdbeben von Armenien und der von der Bevölkerung erzwungenen Schließung eines Atomkraftwerkes ausgebrochene akute Versorgungskrise zu überwinden und die Bevölkerung von revolutionären Aufständen abzuhalten.

Im Wesentlichen dasselbe Ziel, nämlich die Arbeiterklasse im Nahen Osten, im Iran, in Afrika und Asien vom revolutionären Klassenkampf gegen die nationale Bourgeoisie abzuhalten, verfolgt die VSP, eine prinzipienlose Vereinigung von Anhängern des Pablisten Ernest Mandel und anderen, stalinistischen Feinden des Trotzkismus aus der ehemaligen maoistischen KPD.

Tariq Ali und die VSP

Deshalb ist es auch kein Zufall, dass die VSP in ihrer Zeitung am 2. März 1989 zu Salman Rushdie einen Artikel eines gewissen Tariq Ali abdruckt, der zuerst in einem offiziellen Regierungsorgan der Gorbatschow-Bürokratie in Moskau, in der Literaturnaja Gazeta veröffentlicht worden war.

Seit Karl Marx und Friedrich Engels kämpfen proletarische Revolutionäre unversöhnlich gegen den Einfluss religiöser Anschauungen für die wissenschaftliche Weltanschauung des dialektischen Materialismus, weil die ideologischen Fesseln der Religion der Aufrechterhaltung kapitalistischer Ausbeutung und Herrschaft dienen. Tariq Ali dagegen verweist wie der DKP-Kommentar in der UZ die unterdrückten Massen ausdrücklich auf die Tröstungen einer „korrekten“ Koran-Interpretation und humanistischen Islam-Tradition. Mit dem ihm eigenen pseudointellektuellen Gebaren eines kleinbürgerlichen Scharlatans und politischen Clowns gibt er ein paar unverdaute Brocken seines Halbwissens aus der Religionsgeschichte zum Besten und erklärt: „Bereits nach des Propheten Tod erhob dessen jüngste Frau, Ayesha, das Banner der Revolte gegen den designierten Nachfolger. Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation des Islam hatten seither und bis zum heutigen Tag ihre Existenzberechtigung.“

Statt den wissenschaftlichen Lehren des Marxismus und der Perspektive der proletarischen, permanenten Revolution zur Befreiung der unterdrückten Länder Asiens vom Imperialismus empfiehlt Tariq Ali unter Bezugnahme auf den alten muslimischen Dichter Iqbal aus Indien folgendes Rezept der Klassenversöhnung: „Doch Muslims in Südasien könnten aus diesen Worten des Dichters viel lernen: ,lass uns alle Zeichen von Spaltung beseitigen, (…) Komm, lass uns einen neuen Tempel in unserem Land errichten (…) und dann lass uns jeden Morgen erwachen und die süßesten Lieder singen und lass uns Gläubige den Wein der Liebe trinken.‘“

Der Autor dieser poetischen Verse, Iqbal, war der geistige Vater des heutigen Staates Pakistan, ein politischer Ideologe des Imperialismus, der in dessen Interesse die Teilung des indischen Subkontinents auf religiöser Grundlage propagiert hatte. In der Tradition dieses Agenten des britischen Imperialismus steht Tariq Ali. Die unterdrückten Massen im Iran ruft er durch Gorbatschows Presse und die VSP dazu auf, sich mit der Religion zu trösten und „den Wein der Liebe” zu trinken, d.h. sich geduldig ausbeuten zu lassen und weder die Geschäfte der deutschen Imperialisten noch die Herrschaft der stalinistischen Bürokratie in der benachbarten Sowjetunion durch revolutionäre Kämpfe zu stören. Gegenüber den Unterdrückern jedoch fordert er offen die gewaltsame Niederhaltung eben des Volkes, dem er das Opium der Religion verabreicht. In einem Fernsehinterview mit der kanadischen Fernsehgesellschaft CBC befürwortete Ali eine direkte militärische Intervention der Imperialisten gegen die iranische Bevölkerung und Nation.

Ali verurteilte in dem Interview mit keiner Silbe den Imperialismus und seine Politik im Nahen Osten und auf dem indischen Subkontinent. Er schwieg sich aus über die Tatsache, dass der Schah in den drei Jahrzehnten vor seinem Sturz begabte Schriftsteller, die sein Marionettenregime kritisierten, inhaftieren, foltern und ermorden ließ. Er unternahm nicht den leisesten Versuch zu erklären, mit welchen hinterhältigen Methoden der Imperialismus unter Ausnutzung der Religion in Pakistan operierte, obwohl er aus diesem Land stammt und damit sehr vertraut ist. Er hätte etwa erwähnen können, dass der britische Imperialismus in den späten 1930er und frühen 1940er Jahren mit voller Berechnung die diskreditierte Muslim-Liga förderte und die Tragödie der Teilung in die Wege leitete.

Stattdessen stellte er die Dinge so dar, als gehe es lediglich um die Verteidigung von Herrn Rushdies demokratischen Rechten gegen den islamischen Fundamentalismus und krönte diese Ausführungen mit der reaktionären Forderung, Interpol, die internationale Polizeiagentur des Imperialismus, solle Khomeini verhaften. Das heißt, er „beantwortete“ die Todesdrohungen gegen Rushdie mit einem Aufruf an die Imperialisten, Khomeini auf die Abschussliste zu setzen! Mit diesem Appell räumte Ali jeden Zweifel aus, dass er eine militärische Intervention des Imperialismus gegen das iranische Volk unterstützen würde.

Diese kleinbürgerliche Berühmtheit würde nicht im Traum auf die Idee kommen, das europäische Proletariat – von dem iranischen, pakistanischen und indischen ganz zu schweigen – zur Verteidigung Rushdies aufzurufen, und zwar durch einen Kampf gegen den Imperialismus und gegen Khomeini, Bhutto und Gandhi auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.

Alis reaktionärer Auftritt im kanadischen Fernsehen und die Rolle der VSP werfen erneut die Frage nach der zweifelhaften Herkunft derjenigen Elemente auf, die wie er oder der Herausgeber der VSP-Zeitung SoZ, Winfried Wolf, in den sechziger Jahren zu Führern der internationalen pablistischen Bewegung aufstiegen – d.h. der revisionistischen Organisation, die insbesondere von 1968 an eine entscheidende Rolle dabei spielte, den revolutionären Aufschwung der Arbeiterklasse in einem Land nach dem anderen zu sabotieren.

Ali stammt aus einer reichen pakistanischen Landbesitzerfamilie und erhielt in Großbritannien politische Unterstützung von Ernest Mandel und Joseph Hansen. Zusammen mit der International Marxist Group, wie sich die britische pablistische Organisation damals nannte, war er tief in eine Reihe Provokationen gegen die Arbeiterbewegung verstrickt, unter anderem in den Verrat einiger IRA-Mitglieder an Scotland Yard. Ali, die IMG und ebenso die Organisation der Pablisten in Deutschland, die in der VSP aufgelöste GIM, betrieben eine besonders extreme Spielart kleinbürgerlicher Politik. Sie konzentrierten und beschränkten sich stets auf Einzelfragen, zu denen sie Protestdemonstrationen organisierten. Auf einer dieser Demonstrationen kam 1974 der Student Kevin Gately ums Leben.

1977 leitete Ali die später als „Plattform der Schande“ bekannte Versammlung in London, auf der sich Renegaten des Trotzkismus aus verschiedenen Ländern trafen. Der Zweck der Versammlung bestand darin, einen Aufruf zu verdammen, in dem das Internationale Komitee der Vierten Internationale – die trotzkistische Weltbewegung – die Bildung einer Untersuchungskommission forderte, um Beweismaterialien über die Infiltration der trotzkistischen Bewegung durch Agenten der stalinistischen Geheimpolizei GPU zu sichten, die 1940 den Mord an Leo Trotzki organisiert hatten.

Alis Äußerungen und Artikel sind ein Ausdruck der Entwicklung einer ganzen Schicht kleinbürgerlicher Radikaler aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, die sich heute von der Arbeiterklasse entfernen. Mit dem für Ex-Radikale typischen Zynismus hat Ali seine Tage als „Straßenkämpfer“ hinter sich gelassen und wird heute als „bekannter Autor und Filmemacher“ gehandelt. Tariq Ali verkörpert in seiner Person das Bündnis der bürgerlichen Demokratie mit der imperialistischen Polizei und hat seine Rolle als imperialistischer Lakai und politischer Agent der bluttriefenden internationalen Bourgeoisie unter Beweis gestellt.

Die Kontroverse über die Satanischen Verse zeigt besonders anschaulich, dass die Lösung aller politischen, sozialen und kulturellen Probleme, vor denen die Menschheit heute steht, in der Entwicklung des Proletariats als bewusste unabhängige und revolutionäre Kraft liegt. Der Kampf für diese historische Perspektive wird geführt vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale und seinen Sektionen.

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