DB Cargo soll zerschlagen werden

Ein gewaltiger Konflikt zerreißt die Deutsche Bahn. Zehntausende Eisenbahner und Lokführer sind kampfbereit, um ihre Löhne und Arbeitsbedingungen zu verteidigen. Der Bahnvorstand dagegen ist entschlossen, den Konzern mit Hilfe der Gewerkschaften auf Profit zu trimmen und alle unprofitablen oder wenig Gewinn bringenden Bestandteile abzuwickeln.

EVG-Protest am Donnerstag, 14. März vor der DB-Cargo-Zentrale in Mainz

Dies betrifft in besonderem Maß die Gütersparte DB Cargo, die seit Jahren rote Zahlen schreibt. Gestützt auf ein „Weißbuch“ mit Empfehlungen der Unternehmensberatung Roland Berger hat der Vorstand die sogenannte „Transformation“ von DB Cargo auf den Weg gebracht. Wie sich zeigt, bedeutet sie, dass DB Cargo zerschlagen werden soll.

Die Bundesregierung, die als Eigentümerin des DB-Konzerns hinter dem Bahn-Vorstand steht, hat sich für die „Zeitenwende“ entschieden und verfolgt zwei Ziele: Die Profite zu steigern und Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen, wie es Verteidigungsminister Pistorius formuliert. Im Zusammenhang mit ihrem Kriegshaushalt 2024 ist die Regierung nicht mehr bereit, für die Defizite im Schienengüterverkehr aufzukommen.

Ein Ultimatum der EU-Wettbewerbsstelle hat zuletzt den willkommenen Vorwand geliefert, um die lange geplante Abwicklung der DB Cargo in ihrer jetzigen Form voranzubringen. Sie soll in sechs eigenständige Gesellschaften zerlegt werden, die angeblich „agiler“ wirtschaften und schneller auf den Markt reagieren könnten.

Eine Gesellschaft soll beispielsweise nur für die Stahlbranche arbeiten, eine weitere für die Autoindustrie und wieder eine andere für Flüssiges und Schüttgut (Liquids and Bulk). Dies soll angeblich besonders im „kombinierten Verkehr“, in dem Container vom Schiff auf die Schiene und LKWs verladen werden, große Einsparungen bringen. Außerdem sollen Stellen in der Verwaltung der DB Cargo gestrichen werden.

Die Einsparungen werden vor allem zu Lasten der Bahnbeschäftigten gehen. Denn die künftigen Tochtergesellschaften sollen im Wesentlichen dazu dienen, die bisher gültigen Lohn- und Manteltarife und Arbeitsschutzregeln zu unterlaufen.

Laut dem Berliner Tagesspiegel will „die als Saniererin geholte DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta nun hart durchgreifen. Nikutta greift die Privilegien der Cargo-Lokführer an.“ Zweifellos zielt die gehässige Verleumdung der Eisenbahner als „privilegierte“ Arbeitnehmer auch darauf ab, ihre Widerstandskraft zu schwächen, wenn es darum geht, die Bahn in den Dienst der Kriegswirtschaft zu stellen.

In den „Töchtern“ werden die Beschäftigten künftig unter schlechteren Bedingungen arbeiten und niedrigere Löhne, größere Flexibilität und steigenden Arbeitsdruck erfahren. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zitiert aus einem internen Papier des Cargo-Vorstands, in dem es heißt: „Die wirtschaftliche Situation und das EU-Beihilfeverfahren zwingen uns zu sofortigem Handeln. Eine Disruption ist erforderlich, damit der Turnaround gelingt.“

Als erstes sollen durch die Stilllegung unrentabler Betriebsteile 1800 Arbeitsplätze dauerhaft vernichtet werden. Das hat die stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft EVG, Cosima Ingenschay, am Donnerstag bestätigt. Ingenschay sagte: „Wir kennen keine wirklich konkreten Zahlen, wo wie viele Stellen abgebaut werden, aber die 1800 – oder 1600, wie es manchmal heißt – die stehen schon fest. Das ist allerdings nur der erste Schritt.“

Tatsächlich sind die Betriebsräte seit langem über die neusten Pläne informiert. Sie haben sich bereits an zwei internen Verhandlungsrunden beteiligt, haben jedoch die brisanten Informationen vor den Mitgliedern geheim gehalten.

Am 13. März hat der DB Cargo-Vorstand diesen internen „Interessensausgleich“ platzen lassen. Die EVG reagierte darauf, indem sie ein offizielles „Vermittlungsersuchen“ an die Bundesagentur für Arbeit richtete, um deren Vorstandschefin Andrea Nahles (SPD) als Vermittlerin bei der bevorstehenden Transformation zu gewinnen. Für Donnerstag, den 14. März, rief die EVG zu einer Protestkundgebung vor der DB-Zentrale in Mainz auf, wo die Aufsichtsräte von DB Cargo tagten.

Die Eisenbahner von DB Cargo sind bereit, den Kampf gegen die massiven Angriffe aufzunehmen. Das haben sie schon im letzten Jahr bewiesen, als es darum ging, die über Jahre angehäuften Reallohnsenkungen zu stoppen. Allerdings hat die EVG als verlässliche Hausgewerkschaft der Bahn diesen Kampf schnellstmöglich über eine Schlichtung abgewürgt und ausverkauft.

Auch an diesem Donnerstag hat die EVG erneut gezeigt, dass sie zu einem wirklichen Arbeitskampf zur Verteidigung der Errungenschaften bei der Bahn grundsätzlich nicht bereit ist.

Der Protest vom 14. März vor der DB-Cargo-Zentrale war mit keinem Streikaufruf verbunden. Aus dem ganzen Bundesgebiet nahmen nur etwa 300 Protestierende teil, obwohl DB Cargo mehr als 30.000 Beschäftigte hat. Die Teilnehmer waren Betriebsräte, Vertrauensleute und EVG-Funktionäre, Vertreter des DGB, der SPD und anderer Parteien, sowie eine Sprecherin der Europäischen Transport-Föderation.

Unter anderem sprachen der rheinland-pfälzische Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD). Sabine Bätzing-Lichtenthäler von der rheinland-pfälzischen SPD-Fraktion bestärkte die Illusion, dass man durch Trillerpfeifenproteste den Bahnvorstand umstimmen könne. Zum selben Zweck hatte die EVG ein Transparent an bunten Luftballons aufsteigen lassen, an dem vor dem Fenster der Aufsichtsräte der Spruch erschien: „Stellenabbau verboten!“

Betriebsratschef Volker Ambach beklagte den Abbau von allein 150 Stellen in der Mainzer DB-Cargo-Zentrale. Er rief dem Aufsichtsrat zu: „Familien sind bedroht, das Klima ist bedroht… Frau Nikutta, stoppen Sie diesen Wahnsinn! Herr Lutz [Vorstandschef], stoppen Sie Frau Nikutta! Und Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat: Stoppt diese Verrückten!“

Uli Schmidt, Sprecher des Gesamtbetriebsrats von DB Cargo, appellierte an „die Politik“, im Interesse der Klimaziele und von Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit den Cargo-Vorstand „kürzer an die Leine zu nehmen“. Stein schlug vor, die Europawahlen im Juni zu nutzen, um von der EU zu erreichen, dass die Beihilfen für den Gütertransport auf der Schiene künftig legalisiert würden.

Lautstark wurde skandiert: „Der Vorstand muss weg; der Vorstand muss weg“, und mehrere Sprecher entrüsteten sich über die hohen Boni, die die „unfähigen“ Bahnvorstände kassierten. Der ganze Lärm diente der Irreführung und Ablenkung von einer Tatsache: Der Vorstand kassiert gerade deshalb so hohe Boni, weil er es meisterhaft versteht, die Sparmaßnahmen, die das Kapital von der Regierung fordert, rücksichtslos durchzusetzen.

Sowohl die EVG wie auch die GDL teilen das oberste Ziel dieses Vorstands, dass das Unternehmen auch in Kriegszeiten wirtschaftlich sein müsse – was implizit bedeutet, dass die Bahnbeschäftigten, die den ganzen Profit erwirtschaften, dafür bluten müssen.

In dieses Horn stößt parallel zur EVG auch die GDL. In einer Pressemitteilung der GDL vom 23. Februar werden „die Entscheidungen der Plüschetage“ kritisiert, weil das Management es nicht schaffe, das Unternehmen in die Gewinnzone zu führen. „DB Cargo verfügt gegenüber den Marktteilnehmern über den unschlagbaren Wettbewerbsvorteil, von Nord nach Süd und von Ost nach West Meldestellen zu haben“, heißt es dort. „Lediglich das Management schafft es nicht, diese Potenziale zu heben.“

Die Eisenbahner und Lokführer stehen zwangsläufig auf dem entgegengesetzten Standpunkt. Sie sind gezwungen, ihre Löhne, Bedingungen und Errungenschaften gegen solche Angriffe zu verteidigen, denn davon hängt letztendlich ihr Leben und das ihrer Familien ab.

Darin sind sie nicht allein. In der gesamten Arbeiterklasse wächst die Wut. Seit Monaten sind die Lokführer der GDL im Arbeitskampf, und täglich wächst ihre Unzufriedenheit mit der Weselsky-Führung, die alles tut, um einen Vollstreik zu verhindern. Gleichzeitig treten täglich neue Schichten der Arbeiterklasse in den Kampf. Allein im Transportwesen haben in den letzten Tagen Tram-, Bus- und S-Bahnfahrer, Flughafen-Bodenarbeiter, Security und Lufthansa-Kabinencrews und andere Arbeiter den Verkehr lahmgelegt.

Bisher sorgen die Gewerkschaften dafür, dass die Streiks voneinander getrennt und zeitlich kurz befristet sind, aber die Kampfbereitschaft steigt. Entscheidend ist, ihr eine neue Organisation und Führung zu geben.

Das Aktionskomitee Bahn, das während des EVG-Streiks im letzten Sommer gegründet wurde, hat der EVG und der GDL das Misstrauen ausgesprochen. Es geht davon aus, dass die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten höher stehen als die Profitinteressen der Investoren, Aktionäre und Spekulanten.

Außerdem strebt das Aktionskomitee eine internationale Vereinigung und Zusammenarbeit an und sieht seine Verbündeten nicht in den Gewerkschaftsfunktionären, Betriebsräten und bürgerlichen Politikern, sondern in den anderen Arbeiterinnen und Arbeitern. Deshalb richtet es sich bewusst sowohl an Stammbeschäftigte als auch an Leiharbeiter und an die Kolleginnen und Kollegen aller Nationalitäten, unabhängig davon, ob sie Mitglied einer Gewerkschaft sind oder nicht.

Das Aktionskomitee Bahn ruft Eisenbahner, Lokführer und alle Bahnbeschäftigten auf, den Kampf in die eigenen Hände zu nehmen. Notwendig ist, die Lehren aus dem jahrelangen Ausverkauf der Arbeiterkämpfe zu ziehen und mit den Gewerkschaften zu brechen. Nur so kann sich die große Stärke und Macht auswirken, die in der Arbeiterklasse steckt. Sie ist es, die alles produziert und die gesamte Gesellschaft am Laufen hält.

Wir rufen alle Eisenbahnerinnen und Eisenbahner und all diejenigen, die sich am Aufbau unabhängiger Aktionskomitees beteiligen wollen, dazu auf, mit uns Kontakt aufzunehmen: Meldet euch per Whatsapp unter +49-163-337 8340 und registriert euch über das unten stehende Formular.

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