Macron ernennt Barnier zum Chef einer rechten, von den Neofaschisten unterstützten französischen Regierung

Am Donnerstag hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Michel Barnier zum Premierminister ernannt. Der Ernennung waren Verhandlungen mit Vertretern der Parlamentsparteien vorangegangen, die sich beispiellose sieben Wochen seit den Wahlen vom 7. Juli hingezogen hatten. Barnier wird jetzt versuchen, ein Kabinett aus Ministern zusammenzustellen, das die Unterstützung einer Mehrheit in der Nationalversammlung gewinnen kann.

Der neue französische Premierminister Michel Barnier (rechts) und sein scheidender Vorgänger Gabriel Attal (links) bei der zeremoniellen Amtsübergabe am 5. September 2024 in Paris [AP Photo/Michel Euler]

Macrons Entscheidung, mit Barnier ein Mitglied der diskreditierten rechten Partei Les Republicains (Republikaner, LR) zu ernennen, ist eine eklatante Missachtung des Wahlergebnisses und rückt die extreme Rechte in den Mittelpunkt der offiziellen Politik. Jean-Luc Mélenchons Nouveau Front Populaire (Neue Volksfront, NFP) war in den Wahlen am 7. Juli mit 182 Sitzen stärkste Kraft geworden. Macrons Koalition Ensemble hatte 163 Sitze und der rechtsextreme Rassemblement National (Nationaler Zusammenschluss, RN) 143 gewonnen. Macrons Koalition konnte nur deshalb so gut abschneiden, weil die NFP die Kandidaten von Ensemble unterstützte, angeblich um einen Sieg des RN zu verhindern.

Nachdem er seine Partei mit Mélenchons Unterstützung vor dem Zusammenbruch bewahrt hatte, hat der allgemein verhasste Präsident jetzt einen rechten Premierminister ernannt, der mit Unterstützung durch die extreme Rechte regieren wird. LR und Ensemble verfügen zusammen nur über 233 Sitze, sodass Barnier weit von der notwendigen Mehrheit von 289 der 577 Sitze der Nationalversammlung entfernt ist. Am Donnerstag deuteten Vertreter des RN jedoch an, dass sie bei der Auswahl von Barnier eine zentrale Rolle gespielt haben und seine Regierung zumindest anfangs unterstützen werden.

Eine Macron-Barnier-Regierung wird eine brutale rechte Politik umsetzen und schnell massiven Widerstand der Arbeiterklasse hervorrufen. Sie ist festgelegt auf einen politischen Kurs, der von einer überwältigenden Mehrheit der französischen Bevölkerung, insbesondere in der Arbeiterklasse, abgelehnt wird – vor allem die Eskalation des Nato-Kriegs in der Ukraine durch die Entsendung von Truppen in den Krieg gegen Russland und die Fortsetzung der Angriffe auf Renten und Sozialausgaben.

Barnier ist ein 73-jähriger EU-Bürokrat, der vor allem als Vertreter der Europäischen Union bei den Brexit-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich bekannt ist. Er ist ein Verfechter eines strengen Austeritätskurses und von Steuersenkungen für Unternehmen. Er verurteilt Sozialausgaben, weil sie „Anspruchsdenken“ fördern, und ist ein Gegner von erneuerbaren Energien. Er hat eine weitere Erhöhung des Rentenalters um ein Jahr vorgeschlagen, die über die zweijährige Erhöhung auf 64 Jahre hinausgeht, die Macron 2023 trotz überwältigenden Widerstands und Massenstreiks durchgesetzt hat.

Barnier hat vor allem seit den Brexit-Verhandlungen radikal migrantenfeindliche und fremdenfeindliche Positionen angenommen. Im Jahr 2021 forderte er einen fünfjährigen Einwanderungsstopp nach Frankreich mit der Begründung, dass es andernfalls „noch mehr Brexits“ geben würde. Er hat „Handlungsspielraum“ für Frankreich gefordert, damit es gegen die EU-Einwanderungsregeln verstoßen kann, sowie an die Polizei appelliert und gefordert, die Entscheidung über Einwanderung „den Schleusern und Richtern aus den Händen zu nehmen.“

Angesichst dessen dass Barnier einen Großteil seiner Berufslaufbahn im EU-Apparat in Brüssel in der Nähe des Nato-Hauptquartiers verbracht hat, ist er auch ein Verfechter der Nato. Während des Ukraine-Kriegs hat er die Politik der militärischen Autonomie der EU und Frankreichs, die Macron zuvor vertreten hatte, kritisiert und die Nato als „Säule“ der europäischen Verteidigung gepriesen.

Der Élysée-Palast gab Barniers Nominierung in einer beiläufigen Erklärung bekannt, in der es hieß, Barnier werde „eine Regierung der Einheit im Dienste des Landes und des französischen Volkes aufbauen ... [mit dem Ziel] so stabil wie möglich zu sein und die besten Chancen zu haben, eine größtmögliche Einheit zu schaffen.“

Vertreter des RN machten am Donnerstag deutlich, dass sie eine entscheidende Rolle bei der Auswahl von Barnier gespielt haben und seine Regierung an der Macht halten würden, solange sie eine für sie akzeptable Politik verfolgt.

RN-Parteichefin Marine Le Pen erklärte bei einer Pressekonferenz in der Nationalversammlung: „Wir haben mehrere Bedingungen gestellt, und zwar, dass der Premierminister die Wähler des RN respektieren wird. ... Ich glaube, Herr Barnier erfüllt dieses Kriterium. Was die anderen Dinge, die inhaltlichen Fragen betrifft, werden wir abwarten, was Barniers Regierungserklärung bringen wird und wie er die notwendigen Kompromisse für den künftigen Haushalt angehen wird.“

Die Tageszeitung des belgischen Establishments Le Soir erklärte, der RN sei „der Schiedsrichter in der neuen Legislative“, während der Courrier International schrieb, dass „Barnier der einzige war, gegen den [Le Pen] nicht sofort ihr Veto eingelegt hat.“

Die Ankündigung einer vom RN unterstützten Barnier-Regierung ist eine eklatante Missachtung des Wahlergebnisses. Massen von Arbeitern und Jugendlichen haben für die Kandidaten der NFP oder die von der NFP unterstützte Ensemble-Kandidaten gestimmt, um die Machtübernahme einer rechtsextremen Regierung zu verhindern. In einer Situation, in der eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung weitere Rentenkürzungen, den Völkermord in Gaza und die militärische Eskalation gegen Russland ablehnt, wurde allgemein erwartet, dass die Wahl zu einem politischen Kurswechsel führen würde.

Es ist offensichtlich, dass Macron und die Neofaschisten in den siebenwöchigen Verhandlungen nach den Wahlen ständig darüber nachgesonnen haben, wie sie die reaktionäre politische Agenda der früheren Macron-Regierung fortsetzen können.

Die NFP und die mit ihnen verbündeten Gewerkschaften und Studentenverbände haben für den heutigen Samstag zu landesweiten Protesten gegen Macrons Diebstahl der Wahlen aufgerufen. Unter Arbeitern und Jugendlichen muss zwar eine Bewegung gegen Macron aufgebaut werden, allerdings ergeben sich dabei für die Arbeiterklasse tiefgreifende Fragen der politischen Perspektive und Orientierung. In der Tat können Arbeiter nicht auf nationaler, rein „demokratischer“ Basis gegen Krieg, Völkermord und soziale Reaktion kämpfen, indem sie Druck auf Macron ausüben, das Wahlergebnis zu respektieren und einen Premierminister zu ernennen, der unter ihm regiert.

Die Arbeiter in Frankreich sind, genau wie in allen anderen Ländern, mit einer Eskalation des globalen Kriegs, Angriffen auf Sozial- und Lebensbedingungen und Polizeistaatsregime konfrontiert, deren Ursache die internationale Krise des Kapitalismus ist. Das kann nicht durch Appelle an die nationalen kapitalistischen Regierungen gelöst werden, die jetzt offen ihre Sympathien für den Faschismus im Inland und ihre Unterstützung für Krieg und Völkermord im Ausland bekunden. Mit ihnen gibt es nichts zu verhandeln.

Barniers Ernennung zum Premierminister offenbart in der Tat den Bankrott von Mélenchon und seiner Partei La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich, LFI). Er hat die NFP als Bündnis mit der kapitalistischen Sozialistischen Partei (PS), den Grünen und der stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) gegründet, die Macron bei den Wahlen unterstützten. Sie weigerte sich, ihre Wähler, insbesondere die städtische Arbeiterklasse, zu Massenstreiks und Protesten gegen Macrons rechtsextremes Komplott zu mobilisieren. Damit spielte sie eine zentrale Rolle dabei, die Einsetzung einer von der extremen Rechten unterstützten Regierung zu erleichtern.

Jetzt greifen NFP-Politiker Macron an, und der LFI ruft zur Teilnahme an den Protesten am 7. September auf. „Der französischen Bevölkerung wurde die Wahl gestohlen, die Botschaft wurde ignoriert“, twitterte Mélenchon und rief zur „größtmöglichen Mobilisierung“ auf.

Mathilde Panot, die Vorsitzende der Parlamentsdelegation von Mélenchons LFI, erklärte, Macron „lebt weiterhin wie ein Autokrat. Durch die Ernennung von Michel Barnier weigert sich der Präsident, die Souveränität des Volks und die Entscheidung der Wähler zu respektieren.“ Sie rief ihre Anhänger auf, „gegen diesen in einer Demokratie inakzeptablen Putsch“ zu kämpfen, indem sie sich an den Protesten am 7. September beteiligen.

Während die PS dazu aufgerufen hat, Macron zu tadeln, veröffentlichte die NFP eine gemeinsame Erklärung, in der sie Macrons „völlige Verachtung gegenüber Millionen von Franzosen“ anprangerte, die an den Wahlen teilgenommen haben. Sie wirft ihm vor, „den Rassemblement National und seine Ideen an die Macht zu bringen“ und bekräftigte ihr „feierliches Versprechen aus dem Wahlkampf“, eine Regierung zu bilden, die „mit Macrons Politik bricht.“

Die erste Aufgabe für Arbeiter ist sicherzustellen, dass ihre Kämpfe nicht von den pseudolinken Parteien und Gewerkschaftsbürokratien der NFP sabotiert werden. Das bittere Beispiel des Kampfs gegen Macrons Rentenkürzungen im letzten Jahr, den die Gewerkschaftsbürokratien trotz des überwältigenden Widerstands gegen Macron beendet haben, muss als Warnung verstanden werden. Vor die Wahl gestellt zwischen einer Macron-Regierung und einer Bewegung der Arbeiterklasse, die den Polizeistaat zu Fall zu bringen droht, werden sie Macron gegen die Arbeiter unterstützen.

Die entscheidende Aufgabe ist der Aufbau einer Bewegung von Arbeitern und Jugendlichen gegen die Macron-RN-Allianz, unabhängig von den NFP-Bürokratien, die auf dem kompromisslosen Widerstand gegen imperialistischen Krieg, Völkermord und Polizeistaatsreaktion basiert. Dies erfordert den Aufbau von Kampforganisationen der Basis unter Arbeitern und Jugendlichen, die ihre Kämpfe mit der internationalen Streik- und Protestbewegung verbinden, auf der Grundlage von revolutionärem, sozialistischem Widerstand gegen das kapitalistische System.

Loading