Britische Starmer-Regierung bereitet brutalen Sparhaushalt vor

Die britische Labour-Regierung hat ihren Sparhaushalt fertiggestellt und wird ihn am 30. Oktober vorstellen. Die Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Höhe von mindestens 40 Milliarden Pfund bedeuten, dass die brutalen Kürzungen, die die konservative Regierung in den letzten 14 Jahren vorgenommen hat, noch stark ausgeweitet werden.

Schatzkanzlerin Rachel Reeves hatte nur einen Monat nach der Machtübernahme von Labour im Juli eine „Prüfung der Hinterlassenschaft“ angekündigt, die zu dem Ergebnis kam, dass die öffentlichen Finanzen weitaus schlechter aussehen, als man angenommen hatte. Es gab ein „schwarzes Loch“ in Höhe von 22 Milliarden Pfund. Um „die Grundlagen unserer Wirtschaft in Ordnung zu bringen“, kündigte Reeves sofortige Ausgabenkürzungen in Milliardenhöhe an. Die brutalste Kürzung betraf die Einkommen von Rentnern in Höhe von 1,4 Milliarden Pfund, durch die zehn Millionen Rentnern – darunter fast zwei Millionen der Ärmsten – dieses Jahr der Heizkostenzuschlag in Höhe von 100 bis 300 Pfund genommen wurde.

Rachel Reeves, britische Schatzkanzlerin, an der ersten Kabinettssitzung von Premierminister Sir Keir Starmers, Downing Street 10, London, 6. Juli 2024 [Photo by Number 10/Flickr / CC BY-NC-ND 2.0]

Dies soll jedoch nur ein erster Schritt sein. Der Guardian schrieb, Reeves habe dem nichtstaatlichen „Political Cabinet“ letzte Woche mitgeteilt: „Das diesjährige Haushaltsloch von 22 Milliarden Pfund, das die Regierung auf das dürftige wirtschaftliche Erbe der Tories zurückführt, wird in jedem Jahr, in dem dieses Parlament existiert, als wiederkehrende Kosten auftauchen.“

Das bedeutet: „In den nächsten fünf Jahren wird ein Haushaltsloch von 100 Milliarden Pfund klaffen, und die Sorge besteht, dass die Minister das volle Ausmaß des Haushaltsdefizits erst noch begreifen müssen.“

Das bedeutet unmittelbar, dass die Haushaltslage weitaus schlechter ist als bisher angenommen, und dass heftige Einschnitte beim Lebensstandard bevorstehen. Dazu gehört auch, dass Reeves eine Reihe von brutalen Sozialkürzungen beibehalten hat, die bereits von Sunaks Tories ausgearbeitet wurden.

Das letzte Mal, als ein ähnliches Defizit als Vorwand für Angriffe auf die öffentlichen Ausgaben diente (109 Milliarden Pfund im Jahr 2010), rief der konservative Premierminister David Cameron ein „Zeitalter der Austerität“ aus. Sein Schatzkanzler, George Osborne, kündigte im Etat von Juni 2010 Ausgabenkürzungen in Höhe von 17 Milliarden Pfund für die nächsten vier bis fünf Jahre an. In der Ausgabenprüfung im Oktober 2010 waren es dann 81 Milliarden Pfund. Die Labour Party ist auf dem besten Weg, diesem Beispiel zu folgen.

Reeves skizzierte ihre Kürzungen letzte Woche beim International Investment Summit. Sie erklärte, Labours Mission, „die wirtschaftsfreundlichste Regierung in der Geschichte dieses Landes zu sein“ erfordere „schwierige Entscheidungen“ und „Disziplin bei den Ausgaben“, um „die steuerliche und wirtschaftliche Stabilität wiederherzustellen“.

Die Financial Times hatte die Wahl einer Regierung unter Keir Starmer unterstützt – das erste Mal seit Tony Blair im Jahr 2005 – mit der Begründung, dass sie die Sparpolitik fortsetzen werde.

Die FT lobte die Tatsache, dass die „Arbeits- und Rentenministerin, Liz Kendall, die von der vorherigen konservativen Regierung angekündigten jährlichen Kürzungen des Krankengelds in Höhe von 1,3 Milliarden Pfund vorantreiben wird“. Die Zeitung zitierte eine Analyse der Denkfabrik Resolution Foundation, laut der im Rahmen der Maßnahmen „bis 2028 etwa 450.000 Menschen weniger als ,begrenzt arbeitsfähig‘ gelten werden, sodass ihre Leistungen um bis zu 4.900 Pfund pro Jahr gekürzt werden“.

Auch der Tory-nahe Daily Telegraph begrüßte die Kürzungen und veröffentlichte letzten Freitag eine begeisterte Titelstory über geplante Kürzungen, die noch weiter gehen als diejenigen, über die in der FT berichtet wurde. Dazu hieß es: „Reeves wird die Leistungen um bis zu drei Milliarden Pfund kürzen, um die Arbeitslosigkeitskrise zu bewältigen.“

Kendall wird im Vorfeld des Haushaltsplans ein Grünbuch über Labours Sozialkürzungen – mit dem Titel der Get Britain Working-Plan – veröffentlichen, das auf einer „Pro-Arbeits-, Po-Chancen- und Pro-Reform-Agenda“ basiert. Es wird „einen umfassenden Umbau der Jobcenter einleiten und den Bürgermeistern und anderen lokalen Entscheidungsträgern Macht und Mittel übertragen, damit sie innovative Lösungen entwickeln können, um mehr Leute in Arbeit zu bringen“.

Am Freitag prahlte Alison McGovern, eine weitere Arbeits- und Rentenministerin, Labour werde die Sozialkürzungen der Tories nicht einfach nur fortsetzen: „Wir werden, wie alle Ministerien, Einsparungen vornehmen müssen, aber wir werden unsere eigenen Reformen vorlegen.“

Das einzige, was in herrschenden Kreisen Bestürzung über Reeves’ umstrittene Pläne auslöst, ist die Erhöhung der Steuern, die auf Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung (National Insurance, NI) erhoben werden. Derzeit zahlen Arbeitgeber in Klasse 1 der NI-Beiträge 13,8 Prozent auf Einkommen über 175 Pfund pro Woche oder 9.100 Pfund pro Jahr. Laut Daten von HM Revenue & Customs könnte die Erhöhung der Sätze in der Klasse 1 um ein Prozent 8,45 Milliarden Pfund Steuereinnahmen in den Haushaltsjahren 2025 und 2026 einbringen, eine zweiprozentige Erhöhung 16,9 Milliarden Pfund. Nach Angaben der Regierung soll dieses Geld für die Finanzierung des Defizits beim National Health Service benutzt werden, damit dieser nach Berücksichtigung der Inflation und der Gehälter „stabil bleibt“.

Sowohl Premierminister Starmer als auch Gesundheitsminister Wes Streeting haben wiederholt erklärt, sie würden nicht noch mehr Geld in das „schwarze Loch“ des NHS werfen. Alle künftigen Gesundheitsausgaben müssten an „Reformen“ gebunden sein, darunter ein weiteres Eindringen der Privatwirtschaft in die Versorgung.

Die Kosten dafür werden letztendlich immer von der Arbeiterklasse getragen werden.

Die Times stellte fest, dies wäre „letztlich eine Steuer, die von der arbeitenden Bevölkerung käme, weil sie zu niedrigeren Löhnen führen würde“. Dabei berief sich die Zeitung auf Stuart Adam vom Institute for Fiscal Studies, der erklärte: „Die Arbeitgeberbeiträge zur National Insurance sind eine Steuer auf das Einkommen der Arbeiter. Kurzfristig könnten die Kosten für höhere Arbeitgeberbeiträge durch niedrigere Unternehmensgewinne aufgefangen werden, was letztlich die Aktionäre spüren würden. Aber langfristig ist davon auszugehen, dass der größte Teil der erhöhten Arbeitgeberbeiträge in Form von niedrigeren Löhnen an die Arbeiter weitergereicht wird.“

Reeves selbst (die versuchte, auf Kosten der Tories zu punkten) erklärte im Jahr 2022, als die Tories die National-Insurance-Beiträge für Arbeiter und Arbeitgeber erhöhten, zu einer Einschätzung des Office for Budget Responsibility: „Diese Beweise, dass Arbeitnehmer doppelt belastet werden, zeigt nur, wie schlecht durchdacht ihre Steuererhöhung ist.“

Reeves’ Sparhaushalt wird einer Bevölkerung aufgebürdet, die bereits durch anderthalb Jahrzehnte Sparpolitik ausgeblutet wurde. Dabei wurden viele der Kürzungen von Labour-geführten Kommunalverwaltungen im Auftrag der Zentralregierung durchgesetzt. Die Wahl Jeremy Corbyns zum Labour-Parteichef im Jahr 2015 änderte nichts daran. Corbyn und sein Schatten-Finanzminister John McDonnell wiesen die Labour-Kommunalverwaltungen an, die von der Tory-Regierung beschlossenen Kürzungen umzusetzen und ihre Haushalte auszugleichen.

Dies hat dazu geführt, dass etwa zwölf Millionen Menschen in Großbritannien in absoluter Armut leben – ein Viertel aller Kinder und fast 15 Prozent aller Erwerbstätigen.

Der fertiggestellte Haushalt ist so brutal, dass der Labour-nahe Guardian die Kabinettssitzung als Showdown zwischen Reeves und Starmer und den Ministern darstellte, die über die „politisch nicht durchführbaren Kürzungen in ihren Abteilungen“ besorgt sind, wie es Politico beschrieb. Laut Berichten haben drei der Minister – die stellvertretende Premierministerin Angela Rayner (die auch für den Wohnungsbau zuständig ist), Justizministerin Shabana Mahmood und Verkehrsministerin Louise Haigh – Starmer schriftlich und getrennt voneinander ihre Bedenken mitgeteilt.

Dass Starmer Reeves’ Kürzungen uneingeschränkt unterstützt, wurde deutlich, als er während eines einstündigen Treffens eine „Revolte“ (wie es einige Berichte nannten) niederschlug. Laut einem Bericht in der Zeitung i werden die Mittel für die Ministerien nur um real ein Prozent erhöht, im Vergleich zu dem, was die Tory-Vorgängerregierung geplant hat.

Bezeichnenderweise wird Reeves diese Woche zu Gesprächen mit dem Internationalen Währungsfonds nach Washington reisen, bevor sie die endgültigen Maßnahmen für ihren Haushalt beschließt. Reuters erklärte dazu, Reeves, die zuvor in der britischen Botschaft in der US-Hauptstadt als Ökonomin der Bank of England tätig war, „werde betonen, dass die neue Regierung der wirtschaftlichen Stabilität Vorrang einräume“, da dies „die wesentliche Voraussetzung für ein sicheres und nachhaltiges Wachstum ist, das erforderlich für die Bewältigung ... der globalen Herausforderungen ist“.

Die Starmer-Regierung hat deutlich gemacht, dass es beim Verteidigungsministerium keine drastischen Kürzungen geben wird. Im Gegenteil, Labour verpflichtet sich, die Militärausgaben um Dutzende Milliarden Pfund auf 2,5 Prozent des BIP zu erhöhen, sobald die Umstände dies zulassen. Die Folge werden weitere Milliardenkürzungen bei den öffentlichen Ausgaben sein, um Großbritanniens Unterstützung für den Nato-Krieg gegen Russland und Israels Völkermord an den Palästinensern zu finanzieren.

Gleichzeitig mit der Verabschiedung des Haushalts kündigte Verteidigungsminister John Healey an, dass Tausende von Soldaten für den Einsatz in Estland in Bereitschaft versetzt werden. In einer gemeinsamen Erklärung, die am Donnerstag beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel unterzeichnet wurde, hieß es: „Tausende von Soldaten der 4. Brigade der British Army werden in erhöhte Bereitschaft versetzt, um die Nato-Ostflanke zu verteidigen – zusätzlich zu den Soldaten, die bereits in Estland stationiert sind“.

Großbritannien hat bereits 1.000 Soldaten in Estland stationiert. Der Plan sieht vor, dass im Rahmen des Pakts ab Juli 2025 bis zu 5.000 Soldaten in Bereitschaft versetzt werden könnten. Das Verteidigungsministerium erklärte, das estnische Engagement verdeutliche „die britische ,Nato First‘-Politik und das unerschütterliche Eintreten der Regierung für das Bündnis“.

Weiter hieß es, Großbritannien „wird auch an dem europäischen Langstrecken-Programm teilnehmen. Gemeinsam mit internationalen Verbündeten wie Frankreich, Deutschland, Italien und Polen wird Großbritannien neue hochmoderne Langstreckenraketen entwickeln. Das Projekt soll eine wichtige Rolle in der Verteidigung Europas in den 2030er-Jahren spielen.“

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