Warnstreiks bei der BVG: Brecht mit dem Verdi-Apparat! Baut das Aktionskomitee Verkehrsarbeiter auf!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der aktuelle Tarifkampf findet unter völlig neuen politischen Bedingungen statt. Unsere berechtigten Forderungen stehen einer umfassenden Offensive auf Arbeitsplätze, Lohnniveaus und sozialen Kahlschlag seitens der Regierenden und der Arbeitgeber gegenüber.

Bestreikter Bus der BVG am Betribeshof Müllerstr. in Berlin, 27.01.2025

Deshalb dürfen wir uns nicht mit den aktuellen Warnstreiks zufriedengeben, die Verdi organisiert, um Druck abzulassen und wie gewohnt einem Ausverkauf unseres Kampfs den Weg zu ebnen. Gewerkschaften, Politik und Wirtschaft wollen einen Arbeitskampf bei der BVG wie in allen anderen Bereichen und Konzernen inmitten des Bundestagswahlkampfs unbedingt vermeiden. Wir müssen uns daher unabhängig vom Verdi-Apparat organisieren, um unsere Forderungen durchzusetzen. Deshalb rufen wir euch auf: Schließt euch dem Aktionskomitee Verkehrsarbeiter an.

Allein der Berliner Senat will in diesem Jahr mehr als 5 Milliarden Euro einsparen, davon über 100 Millionen Euro bei der BVG. Das bedeutet einen immensen sozialen Kahlschlag und weitere Angriffe auf unsere Arbeitsbedingungen und Löhne.

Die 100 Millionen Euro sollen durch neue Kredite von der BVG selbst aufgebracht werden, so dass der Schuldenstand der BVG auf nahezu eine Milliarde Euro steigt. Wir werden das zahlen, wenn wir uns jetzt nicht wehren: mit weiteren Ausdünnungen des Betriebs, abgewirtschafteten Fahrzeugen und maroder Infrastruktur und einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Daher erklärt der BVG-Vorstand, unsere mehr als berechtigten Forderungen seien nicht finanzierbar. Dabei sind die 750 Euro mehr Grundlohn, eine Wechselschichtzulage von 300 Euro für das Fahrpersonal, die Verdopplung der Schichtzulage von 100 auf 200 Euro sowie ein 13. Monatsgehalt anstelle der Jahressonderzahlung von 1.900 Euro nach all den Ausverkaufsverträgen der letzten Jahre das absolute Minimum.

Doch Verdi denkt nicht daran, diese Forderungen, die die Mitglieder in einer Befragung aufgestellt haben, auch durchzusetzen. Alle Kürzungen des Bundes und der Stadt Berlin werden von den Gewerkschaftsfunktionären unterstützt. Der Verdi-Vorstand unter Frank Werneke hatte schon 2022 im Kanzleramt in der „Konzertierten Aktion“ die Abwälzung der Kosten von Aufrüstung und Krieg auf die arbeitende Bevölkerung vereinbart. Die Folge waren langfristige Knebelverträge, die die massiven Preissteigerungen speziell bei Lebensmitteln, Sprit, Energie und Mieten nicht aufgefangen haben.

Nun sollen die vorgezogenen Bundestagswahlen eine stabile Regierung an die Macht bringen, die die nächste drastische Runde von Lohnsenkungen und Sozialkürzungen zur Finanzierung von Aufrüstung und Krieg durchsetzt.

Die Gewerkschaften einschließlich Verdi sind fester Bestandteil dieser Offensive gegen uns. Ehemalige Verdi-Funktionäre sind Teil des BVG-Managements und des Kommunalen Arbeitergeberverbandes KAV. Verdi-Vertreter sitzen bei der BVG in Aufsichtsrat und Wirtschaftsausschuss und arbeiten darüber eng mit dem Senat zusammen.

BVG-Personalvorstand Jenny Zeller-Grothe (330.000 Euro Jahresgehalt 2023) wischte die Belegschaftsforderungen als „nicht finanzierbar“ vom Tisch und stützt sich auf die Zusammenarbeit mit Verdi: „Wird es eine Lösung geben? In jedem Fall“, erklärt sie selbstsicher.

Die Verdi-Vertreter versuchen nun verzweifelt, die Kontrolle über den Arbeitskampf zu behalten. Nur aus diesem Grund hat Jeremy Arndt, Gewerkschaftssekretär von Verdi in Berlin/Brandenburg und Vorsitzender der Tarifkommission, vollmundig einen etwaigen „Erzwingungsstreik“ angekündigt, falls die BVG den Tarifforderungen nicht angemessen entgegenkommt. Wenn es nach ihm ginge, würde es diesen Erzwingungsstreik niemals geben.

Wir Beschäftigten wissen das nur zu gut. Das ist der Grund für den Verlust der Verdi-Mehrheit unter den BVG-Busfahrern bei der Personalratswahl letzten November. Auch die Entscheidung des Verdi-Apparats, in der „laufenden Tarifrunde einen umfassenden Beteiligungsprozess unter den Verdi-Mitgliedern“ zuzulassen, soll die Macht des Verdi-Apparats absichern. Bis letzten Mittwoch wurden Rückmeldungen zur Bewertung der ersten Verhandlungsrunde durch die Beschäftigten eingeholt. Auf Verdis Frage „Wollt Ihr abwarten – oder seid Ihr bereit zu streiken, um den Druck in den Verhandlungen zu erhöhen, damit ein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt wird?“ kann es nur eine Antwort geben: Ja! Allerdings muss die Belegschaft bestimmen, was ein „verhandlungsfähiges Angebot“ ist und was nicht.

Arndt selbst erklärte, die geforderte Lohnerhöhung würde 25 Prozent ausmachen und die zusätzlichen Kosten für die BVG würden sich auf etwa 250 Millionen Euro belaufen. Da schwingt die Kapitulation bereits mit. Verdi hat noch nie auch nur eine zweistellige Lohnerhöhung vereinbart. Das letzte Mal erstreikten 200.000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes aufgerufen von der Gewerkschaft ÖTV (Öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr) im Jahre 1974 eine Erhöhung von 11 Prozent – bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

Heute sagt Arndt, dass Verdi davon ausgehe, dass der „Tarif-Zoff“ ähnlich intensiv werden könnte wie jener im Jahr 2008. „Damals haben wir die BVG in mehreren Wellen insgesamt rund sechs Wochen lang bestreikt.“

Bei dem „Tarif-Zoff“ 2008 handelte es sich um den letzten Vollstreik der BVG-Beschäftigten, der eine zwölfprozentige Lohnerhöhung für Neueinstellungen (9 % für Altbeschäftigte) oder 250 Euro für ein Jahr durchsetzen sollte. Tatsächlich wurde der sechswöchige Streik jedoch von Arndts Vorgängern zielgerichtet sabotiert. Verdi hatte die kampfbereite und wütende Belegschaft in verschiedenen Streikwellen isoliert und ihren Kampf letztlich abgewürgt und ausverkauft: Aus der Forderung von 12 Prozent wurden von Verdi unterzeichnete 1,6 Prozent Lohnerhöhung; damals wie heute verschleiert hinter einem Wust von Taschenspielertricks und Falschbehauptungen!

Um die gegenwärtigen Forderungen in vollem Umfang durchzusetzen, darf der Tarifkampf nicht der Verdi-Führung überlassen werden. Keine Verhandlungen hinter verschlossenen Türen! Online-Live-Schaltung zwecks Kontrolle durch Beschäftigte der Basis! Offenlegung aller Verhandlungsprotokolle! Aufbau von Aktionskomitees zur Vorbereitung eines Vollstreiks!

Die Mobilisierung der Beschäftigten durch den Aufbau des Aktionskomitees Verkehrsarbeiter ist auch deshalb so wichtig, weil die Bundesregierung und der Senat massiven Druck ausüben, um uns in die Knie zu zwingen. Unser Tarifkampf kann nicht von den aktuellen politisch zugespitzten Bedingungen getrennt werden.

Die Milliardenkürzungen bei Sozialem, Gesundheit, Bildung, Kultur, Löhnen und Renten, die der Senat hier in Berlin, die alte und die neue Bundesregierung sowie die großen Konzerne überall durchsetzen wollen, sollen in die Aufrüstung der Bundeswehr, die Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel und in die Taschen von Aktionären fließen.

Wir sind daher nicht nur mit dem Verdi-Apparat und dem Arbeitgeber konfrontiert, sondern auch mit den Regierungen in Bund und Land. Diese sind untereinander gut vernetzt und arbeiten eng gegen uns zusammen.

Auch wir Beschäftigten müssen uns vernetzen und mit anderen Teilen der Arbeitenden verbünden. So müssen wir dafür sorgen, dass die Kolleginnen und Kollegen des Privatunternehmens Schröder Reisen, das mittlerweile mehr als acht Prozent der BVG-Buslinien bedient, nicht als Streikbrecher eingesetzt werden.

Für die S-Bahn-Kolleginnen und -Kollegen hat die dortige Hausgewerkschaft EVG (Eisenbahn, Verkehr) letzte Woche die Höhe der Forderungen bekannt gegeben (7,6 %). Die EVG strebt jedoch eine Einigung mit dem DB-Konzern noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar an, weit vor Ende der tariflichen Friedenspflicht am 31. März.

Aktuell befinden sich auch 2,5 Millionen Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes, 180.000 Eisenbahner, 170.000 DHL- und Post-Beschäftigte, 100.000 Bodenarbeiter der Lufthansa sowie andere Busfahrer in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg in Tarifauseinandersetzungen. In Stuttgart und vielen Städten Baden-Württembergs streiken gegenwärtig 9.000 Busfahrer für neun Prozent mehr Gehalt.

Diese Kolleginnen und Kollegen sind unsere Verbündeten, mit denen wir uns vernetzen und zusammenschließen müssen. Unser Tarifkampf kann und muss der Auftakt einer politischen Offensive sein gegen den auf uns zukommenden Kahlschlag. Drehen wir den Spieß um.

Wir vom Aktionskomitee Verkehrsarbeiter fordern:

  • Einberufung von Betriebsversammlungen bei der BVG, um einen Vollstreik zu diskutieren und vorzubereiten. Strikte Überwachung der Verhandlungen.
  • Vorbereitung eines gemeinsamen Streiks mit den Kolleginnen und Kollegen der S-Bahn.
  • Kontaktaufnahme und Absprachen zwecks gemeinsamen Kampfs mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, bei der Post und der Bahn.

Wir fordern zudem die Annullierung des im letzten Mai abgeschlossenen Manteltarifvertrags, der keinerlei bessere Arbeitsbedingungen für uns Fahrer gebracht hat.

Eine solche Offensive würde Unterstützung finden. Nicht nur bei den Millionen Fahrgästen der BVG und S-Bahn, die den Kahlschlag im ÖPNV zu spüren bekommen.

Unterstützung fänden wir auch in anderen Branchen und Bereichen. Es gibt kaum einen Bereich, in dem keine Kürzungen und Entlassungen angekündigt sind, allen voran in der Auto- und Zulieferindustrie.

Die Voraussetzung dafür ist, jetzt selbst aktiv zu werden. Nehmt Kontakt zu uns auf. Meldet euch unter +491748402566 und registriert euch auch über das folgende Formular für den Aufbau des Aktionskomitees!

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