CDU-Chef Merz reißt die „Brandmauer“ zur AfD ein

Die CDU/CSU will am heutigen Mittwoch mit Unterstützung der AfD zwei Anträge zur Migrationspolitik und inneren Sicherheit durch den Bundestag bringen, die gegen elementare Verfassungsgrundsätze und europäisches Recht verstoßen. Die vielbeschworene „Brandmauer“ gegen die rechtsextreme Partei liegt damit in Trümmern, ihrer Integration in eine zukünftige Bundesregierung steht nichts mehr im Weg.

Friedrich Merz während eines Wahlkampfauftritts in Erfurt im August 2024 [Photo by Steffen Prößdorf / Wikimedia commons / CC BY-SA 4.0]

Noch vor zwei Wochen hatte der Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, versichert, er werde nicht zulassen, dass die „Brandmauer“ zur AfD falle. „Ich knüpfe mein Schicksal als Parteivorsitzender der CDU an diese Antwort,“ versprach er.

Nun erklärt Merz: „Ich gucke nicht rechts und nicht links, ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus. Wir werden die Anträge einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt.“ Deutlicher könnte er nicht erklären, dass er bereit ist, seine politischen Ziele mithilfe der AfD zu verwirklichen.

Die FDP, die die Bundesregierung im November verließ, hat angekündigt, für die Anträge der Union zu stimmen. Auch das BSW hat seine Bereitschaft dazu signalisiert. Es ist also möglich, dass Union, FDP und Wagenknecht-Partei den Anträgen gemeinsam mit der AfD zur Mehrheit verhelfen.

Rechtlich bindend wäre dies nicht, da es sich nicht um Gesetzesentwürfe handelt. Ein solcher Mehrheitsbeschluss des Parlaments hätte aber große symbolische Kraft und erheblichen Einfluss auf die Politik und die Zusammensetzung der zukünftigen Regierung.

Die Verantwortung für die Aufwertung der AfD-Faschisten liegt nicht nur bei den Parteien, die den Vorstoß der Union unterstützen, sondern auch bei der SPD und den Grünen, die sich jetzt über den Fall der „Brandmauer“ ereifern.

Spätestens seit vor einer Woche ein psychisch kranker, 28-jähriger Flüchtling aus Afghanistan in Aschaffenburg ein Kleinkind und einen Mann tötete, gibt es im Bundestagswahlkampf nur noch zwei Themen: Flüchtlingshetze und Staatsaufrüstung. SPD und Grüne treten dieser rassistisch aufgeheizten Law-and-Order-Kampagne nicht entgegen, sondern feuern sie an.

Nach einer Verteidigung des Asylrechts, das als Reaktion auf die Verbrechen der Nazis ins Grundgesetz eingeführt wurde, oder elementaren Aufrufen zur Humanität sucht man vergebens. Stattdessen betonen SPD und Grüne, dass sie längst radikal gegen Flüchtlinge vorgehen, und beschuldigen die Union, sie dabei nicht ausreichend zu unterstützen.

Bundeskanzler Olaf Scholz versprach am Sonntag im Bericht aus Berlin: „Straftäter gehören in jedes Land zurückgeführt und wir wollen das auch durchsetzen.“ Man scheue dabei keine Mühe. Es werde einen Zeitpunkt geben, an dem Straftäter auch nach Syrien zurückgeführt werden. „Und ich hoffe, der ist bald.“

Am Dienstag warf Scholz der Union vor, Gesetzentwürfe seiner Regierung zur Verschärfung der Asyl- und Sicherheitspolitik blockiert zu haben. Als Beispiele nannte er biometrische Abgleiche durch die Polizei, mehr Vollmachten für die Bundespolizei sowie ein Gesetz zum europäischen Asylsystem. Die Bundesregierung habe bereits dafür gesorgt, dass es im vergangenen Jahr 40.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen gegeben habe, brüstete sich der Bundeskanzler.

Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, warnte die Union am Sonntag in den Tagesthemen zwar vor einer Zusammenarbeit mit der AfD, beteuerte aber gleichzeitig, dass die Ampelkoalition bereits viele Maßnahmen beschlossen und umgesetzt habe: „Es kommen weniger Menschen nach Deutschland. Es gab eine Reihe von rechtlichen Verschärfungen. Es hätte noch mehr geben können, wenn die Union mitgemacht hätte.“

Diese Kampagne richtet sich nicht nur gegen Flüchtlinge, sondern gegen die gesamte Arbeiterklasse. Flüchtlinge, die oft traumatisiert sind und nichts als ihr Leben aus von Deutschland unterstützten Kriegen retten konnten, werden als „illegale Migranten“ und „Straftäter“ denunziert, um von heftigen sozialen Angriffen abzulenken und umfassende Repressionsmaßnahmen zu rechtfertigen.

Die Anträge der Union enthalten einen ganzen Katalog solcher Maßnahmen. So fordert der erste Antrag „dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarstaaten“, was geltendem EU-Recht widerspricht. „Ausnahmslos alle Versuche illegaler Einreise“ sollen zurückgewiesen werden, und zwar „unabhängig davon, ob sie ein Schutzgesuch äußern oder nicht“. Das bedeutet die faktische Abschaffung des Asylrechts, denn wer zurückgewiesen wird, bevor er einen Antrag stellt, kann dieses Recht nicht wahrnehmen. Ausreisepflichtige Personen sollen inhaftiert werden, dafür müsse die Zahl der entsprechenden Haftplätze „signifikant erhöht werden“.

Der zweite Antrag „Für einen Politikwechsel bei der inneren Sicherheit“ verlangt eine umfassende Aufrüstung der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden. Zur Begründung werden eine „zunehmende Zahl von Messerattacken und gewalttätiger Übergriffe“, aber auch „antisemitische Hetze und extremistische Gewalt“ angeführt. Letzteres ist ein deutlicher Hinweis auf Proteste zur Verteidigung der Palästinenser, die in Deutschland systematisch kriminalisiert werden. Es folgt ein 27-Punkte-Katalog zusätzlicher Polizeivollmachten, erhöhter Strafen und verschärfter Ausweisungsregeln.

Insgesamt ist das AfD-Politik pur. Die rechtsextreme und in Teilen neofaschistische Partei verbindet seit langem Flüchtlingshetze mit Staatsaufrüstung. Bisher ist sie von den anderen Parteien und den Medien hofiert, in wichtige parlamentarisch Ämter gewählt und mit Samthandschuhen behandelt worden. Doch vor einer direkten Regierungszusammenarbeit schreckten sie bis auf wenige Ausnahmen zurück, weil sie wussten, dass die Rechtsextremen in großen Teilen der Bevölkerung verhasst sind.

Das ändert sich jetzt. Mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus verwandelt sich die gesamte Weltpolitik. Trump hat in einer Antrittsrede der amerikanischen Arbeiterklasse und der Welt den Krieg erklärt und seither keine Zeit verstreichen lassen, seine Drohungen in die Tat umzusetzen.

Er nutzt die Flüchtlingsfrage, um eine Diktatur der milliardenschweren Oligarchen zu errichten, von denen es in seinem Kabinett wimmelt. Indem er den Grenzübertritt von Flüchtlingen zur „feindlichen Invasion“ erklärt, maßt er sich Vollmachten an, die einem amerikanischen Präsidenten nur zustehen, wenn eine andere Macht die USA militärisch angreift, setzt demokratische Rechte außer Kraft, inhaftiert massenweise Migranten und setzt die Armee im Innern ein. Die Demokraten leisten keinen Widerstand dagegen. Dieser wird nur von der amerikanischen Arbeiterklasse kommen.

Die herrschende Klasse in Deutschland reagiert auf die Eruption des amerikanischen Imperialismus, indem sie zu ihren übelsten Traditionen zurückkehrt. Die kommende Regierung wird – ganz unabhängig vom Wahlausgang – die Rüstungsausgaben verdoppeln und verdreifachen und die Sozialausgaben brutal zusammenstreichen. Die Reallöhne sinken kontinuierlich, und in der Auto-, Chemie- und anderen Industrien steht der Abbau hunderttausender vernünftig bezahlter Arbeitsplätze an, für die es keinen Ersatz gibt.

Doch diese Fragen werden im Wahlkampf nicht zur Sprache gebracht. Stattdessen dient die Kampagne gegen Flüchtlinge dazu, den Staatsapparat aufzurüsten, um den Widerstand, der sich unvermeidlich entwickeln wird, zu unterdrücken und zu kriminalisieren.

Dafür wird auch die AfD gebraucht, die immer offener ihren wirklichen Charakter zeigt. Keine andere deutsche Partei unterhält derart enge Beziehungen zu Trumps Diktatur der Oligarchen. Trumps Vertrauter Elon Musk, der reichste Mann der Welt, wirbt auf seiner Medienplattform X regelmäßig für Alice Weidel. Beim Wahlauftakt der AfD in Halle trat Musk auf einer riesigen Videoleinwand auf und skandierte faschistische Parolen.

Musk ist ein selbsternannter „Libertärer“. Er soll im Auftrag Trumps den US-Staatshaushalt um einen Drittel reduzieren, damit die Steuern für Superreiche noch weiter gesenkt und die Militärausgaben erhöht werden können. Der Staat soll auf seine Funktion als Unterdrückungsinstrument reduziert werden – Polizei. Armee und Geheimdienste. Alle gesellschaftlich nützlichen Aufgaben – Bildung, Gesundheit, Sozialausgaben, Infrastruktur – sollen dagegen privatisiert und zu einer Quelle des Profits gemacht oder ganz beseitigt werden.

Die AfD teilt dieses Programm. Sie wird deshalb auch immer öfter von Großspendern unterstützt. In diesem Jahr gingen bereits zwei Millionenspenden bei ihr ein. Die erste in Höhe von 1,5 Millionen Euro stammt vom Lübecker Arzt und Unternehmer Winfried Stöcker, die zweite in Höhe von 999.900 Euro von Horst Jan Winter aus Thüringen. Winter war bis 2023 Aufsichtsratsmitglied der Böttcher AG, eines Versandunternehmens für Büromaterial. Der Chef und Haupteigentümer der Firma, Udo Böttcher, ist als AfD-Sympathisant bekannt.

Während sich Union, FDP und BSW der AfD offen annähern, werden die SPD und die Grünen den Rechtsextremen nichts entgegensetzen. Sie teilen ihr Programm der Aufrüstung, des Sozialabbaus und des Aufbaus eines Polizeistaats. Widerstand kann nur von der Arbeiterklasse kommen, die selbständig in politische Geschehen eingreifen muss.

Dafür tritt die Sozialistische Gleichheitspartei ein. Sie tritt in der Bundestagswahl als einzige Partei gegen Krieg, Aufrüstung und Sozialabbau ein und verteidigt alle demokratischen Rechte, einschließlich derjenigen von Migranten. Als deutsche Sektion des Internationalen Komitees der Vierte Internationale tritt sie für die Einheit der internationalen Arbeiterklasse ein, um den Kapitalismus zu stürzen, die Oligarchen zu enteignen und eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, in der die gesellschaftlichen Bedürfnisse über den Profitinteressen stehen.

Loading