Wirtschafts­nationalismus spaltet uns – internationaler Sozialismus ist die Antwort

Streikende Jeep-Arbeiterinnen und Arbeiter mit Will Lehman (dritter von rechts) in Toledo (Ohio) im Jahr 2023

Die folgende Erklärung erschien am 12. Mai ursprünglich in der Online-Ausgabe von Newsweek. Will Lehman ist Arbeiter bei Mack Trucks und war Kandidat für das Amt des Präsidenten der United Auto Workers bei den Gewerkschaftswahlen 2022. Er ist ein führendes Mitglied der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC).

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Shawn Fain, der Präsident der amerikanischen Autoarbeitergewerkschaft UAW, trommelt für den Wirtschaftsnationalismus von Präsident Donald Trump. Er behauptet, Zölle würden unsere Arbeitsplätze und unseren Lebensunterhalt schützen. Aber das ist Betrug und eine tödliche Gefahr für die gesamte Arbeiterklasse.

Die Alternative zur globalen kapitalistischen Ausbeutung ist nicht Protektionismus im Dienste unserer „eigenen“ herrschenden Klasse, sondern die internationale Einheit der Arbeiter gegen einen gemeinsamen Feind: die transnationalen Konzerne, die unsere Arbeitskraft ausbeuten. Wirtschaftsnationalismus spaltet uns und schwächt unseren Kampf.

Trumps Handelskriegspolitik dient nicht dem Schutz der Arbeiter. Sie ist eine Vorbereitung auf Krieg – genauer gesagt auf einen potenziellen Krieg mit China. Trumps umfassende Zölle zielen darauf ab, die herrschende Elite und den militärisch-industriellen Komplex zu bereichern und gleichzeitig Hass gegen chinesische Arbeiter zu schüren. Diese sind aber nicht unsere Feinde, sondern unsere Klassenbrüder und -schwestern.

Innerhalb weniger Stunden nach Trumps Ankündigung der Zolltarife am sogenannten „Liberation Day“ legte Stellantis seine Werke in Windsor und Toluca (Kanada) und Mexiko still, was mehr als 7.000 Beschäftigte betraf. In den USA folgten 900 Entlassungen in mehreren Werken in Michigan und Indiana. Seitdem gab es Entlassungen bei Stellantis in Warren Truck und anderen Werken im Großraum Detroit, bei GM in der Factory Zero in Detroit und im kanadischen Oshawa sowie bei Volvo-Mack Trucks in Virginia, Maryland und an meinem Arbeitsplatz in Pennsylvania.

Diese Entlassungen sind eine direkte Folge von Trumps nationalistischer Politik – und Fains Unterstützung dafür.

In einem Livestream vom 11. April versuchte Fain, sich der Verantwortung zu entziehen. Er unterstützte zwar weiterhin den Handelskrieg, behauptete aber: „Wir stimmen nicht alles, was wir tun, mit der Trump-Regierung ab (…) Wir verhandeln mit ihr.“ Er fügte hinzu: „Es ist ein Fehler, den Status quo zu verteidigen, wenn es um Freihandel geht.“

Das stinkt nach Heuchelei. Die UAW-Bürokratie hat seit den 1970er Jahren, lange vor NAFTA, an der Zerstörung Hunderttausender Arbeitsplätze mitgewirkt. In den 1980er Jahren förderte die UAW den Nationalismus, indem sie an Betriebsschließungen und Lohnkürzungen mitwirkte. Auf dieser Grundlage wurde kein einziger Arbeitsplatz „gerettet“.

Die „Stand-up-Streiks“ von 2023 bei den drei großen Autokonzernen waren theatralische Stunts, die die meisten Arbeiter zwangen, weiter zu arbeiten. Die endgültigen Verträge erfüllten unsere Kernforderungen nicht und öffneten die Tür für Stellenabbau. Für seine Rolle beim Ausverkauf des Streiks erhielt Fain im vergangenen Jahr mehr als 274.000 Dollar Gehalt.

Die UAW-Bürokratie propagiert nicht nur Nationalismus. Sie bekennt sich zur Logik eines Weltkriegs und der damit verbundenen Repression. Trumps Handelskrieg ist Teil des eskalierenden globalen Krieges, der zugleich ein Kampf gegen demokratische Rechte im Inland ist. Studierende und andere werden wegen ihres Widerstands gegen Israels Vorgehen in Gaza festgenommen und abgeschoben – darunter auch das einstige UAW-Mitglied Mahmoud Khalil.

Vom Wirtschaftsnationalismus profitiert kein Teil der Arbeiterklasse. Die Autoindustrie ist global vernetzt. Teile und Fahrzeuge werden über eine riesige, vernetzte Lieferkette von Arbeitern in den USA, Mexiko, Kanada, Europa, China, Südkorea, Japan und anderswo produziert.

Der Nationalismus ordnet die Arbeiterklasse den Profitinteressen der Kapitalistenklasse unter. Das ist dasselbe Gift, das Trump gegen Einwanderer einsetzt, und seine Logik ist Krieg. Arbeiter und ihre Kinder werden für die Interessen der Reichen geopfert.

Die Arbeiter in den USA müssen die Lüge zurückweisen, dass wir unsere Arbeitsplätze nur auf Kosten der Arbeiter in anderen Ländern retten könnten. Wir können unsere Interessen nur verteidigen, indem wir uns mit unseren Klassenbrüdern und -schwestern auf der ganzen Welt zusammenschließen.

Deshalb fordere ich die Autoarbeiter dringend auf, in jedem Werk Aktionskomitees zu bilden und der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) beizutreten. Die Konzerne sind global koordiniert. Das müssen wir auch sein.

Wir brauchen keinen Handelskrieg. Wir brauchen keinen Nationalismus. Wir brauchen eine neue Strategie: Internationalismus und Sozialismus. Die Antwort ist nicht die Unterstützung des nationalistischen Wettbewerbs zwischen den Konzernen. Lasst uns stattdessen eine Gesellschaft gründen, die auf echter Gleichheit beruht, und in der die Weltwirtschaft von den Arbeitern kontrolliert wird und für die Arbeiter produziert.