Britische Starmer-Regierung erklärt geplante Maßnahmen gegen Geflüchtete zum „zentralen Anliegen“

Die britische Labour-Regierung kündigte am Montag und Dienstag Maßnahmen zur Verschärfung der Angriffe auf Asylsuchende an.

Damit reagiert die Regierung unter Keir Starmer auf einen juristischen Rückschlag für die rechtsextreme Hetzkampagne gegen Hotels, in denen Flüchtlinge untergebracht sind. Ein Berufungsgericht hat entschieden, dass Asylsuchende weiterhin in einem Hotel in Epping leben dürfen. Damit wurde ein früheres Urteil, das sie zum Verlassen des Hotels verpflichtet hatte, für ungültig erklärt. Dieser Beschluss sorgte für Aufruhr bei den extremen Rechten und fremdenfeindlichen Medien.

Premierminister Keir Starmer bei seiner wöchentlichen Kabinettssitzung in der Downing Street am 2. September 2025 [Photo by Simon Dawson/No 10 Downing Street / CC BY-NC-ND 4.0]

Am Montag kündigte Innenministerin Yvette Cooper in der ersten Regierungserklärung nach der Sommerpause des Parlaments an, dass alle neuen Anträge im Rahmen des bestehenden Verfahrens zur Familienzusammenführung für Flüchtlinge ausgesetzt werden. Bisher galt es für Ehegatten, Beziehungspartner und Kinder unter 18 Jahren. Familien von Flüchtlingen dürfen jetzt nicht mehr einreisen. Cooper erklärte dazu vor den Abgeordneten, dies ermögliche der Regierung, eine noch strengere Grenzregelung zu entwickeln.

Flüchtlinge können nur noch im Rahmen der Standardbestimmungen für Familienvisa mit Familienmitgliedern zusammengeführt werden. Diese unterliegen deutlich strengeren Anforderungen, wie beispielsweise einem jährlichen Mindesteinkommen von 29.000 Pfund, das Millionen von Arbeitern im Vereinigten Königreich bei weitem nicht verdienen. Zudem muss der Sponsor nachweisen, dass es eine angemessene Unterkunft für die Familie gibt und dass ein Familienmitglied die englische Sprache ausreichend beherrscht.

Cooper erklärte, Ende des Jahres werde ein strengeres System angekündigt. „Einige dieser Änderungen werden im Frühjahr [2026] in Kraft treten.“ Sie nannte u.a. „die Prüfung der Beitragsanforderungen, längere Fristen, bevor neu aufgenommene Flüchtlinge einen Antrag stellen dürfen, und spezielle kontrollierte Regelungen für unbegleitete Kinder und Menschen, die vor Verfolgung fliehen und Familien im Vereinigten Königreich haben.“

Sie solidarisierte sich mit den seit Wochen anhaltenden rechtsextremen Protesten vor Hotels, in denen Asylsuchende untergebracht sind: „Ich verstehe, dass Kommunalverwaltungen und Gemeinden die Asylhotels schließen wollen, und stimme zu. Wir müssen alle Asylhotels schließen – und zwar endgültig.“

Premierminister Keir Starmer erklärte am gleichen Tag in einem Interview mit der BBC, Labour werde die Unterbringung von Asylsuchenden in Hotels noch vor den nächsten Wahlen im Jahr 2029 beenden: „Wir haben gesagt, wir werden sie bis zum Ende der Legislaturperiode loswerden. Ich möchte das voranbringen und halte es für eine gute Herausforderung.“

Cooper schilderte am Dienstag im Radiosender LBC, wie Asylsuchende weiter entmenschlicht werden sollen, nachdem Labour sie aus den Hotels vertrieben hat. Sie erklärte, das Ziel der Regierung sei es, „das gesamte Asylsystem zu verkleinern. Wir brauchen also überhaupt weniger Leute im Asylsystem.“ Statt Hotels, in denen sich viele Asylsuchende bereits ein Zimmer teilen müssen, „wollen wir auch alternative, geeignetere Standorte, darunter auch Militär- und Industriegebäude“.

Auf die Nachfragen des rechten Moderators Nick Ferrari, ob dies bedeute, dass Asylsuchende in Lagerhäusern einquartiert würden, antwortete Cooper: „Das ist eine der Optionen, die geprüft werden.“

Nichts davon unterscheidet sich grundlegend von den Konzentrationslagern für Asylsuchende, die der Parteichef der rechtsextremen Reform UK, Nigel Farage, letzte Woche als Vorzeigeprojekt seiner Regierung für den Fall seiner Wahl angekündigt hat. Das soll die Vorbereitung für die Massenabschiebung von Hunderttausenden sein.

Starmer erklärte in seiner Kabinettssitzung am Dienstag, die Zuwanderung „weiter und schneller“ zu begrenzen, sei das „zentrale Anliegen“ seiner Regierung. Im Vorfeld eines Ministertreffens später am Nachmittag sagte sein Sprecher: „[Starmer] hat erklärt, man könne die Frustration der Menschen angesichts der illegalen Grenzübertritte und der Asylhotels in ihren Kommunen leicht verstehen.“

Die Regierung werde weiter „mit den französischen Behörden zusammenarbeiten [um Asylsuchende daran zu hindern, das Vereinigte Königreich zu erreichen], die Schließung der Hotels forcieren und die Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltsrecht vorantreiben“.

Als die BBC ihn am Montag fragte, ob er sich wohl dabei fühlen würde, wenn seine Tochter an einem Asylbewerberhotel vorbeigehen müsste, betonte Starmer, er verstehe die Sorgen der Anwohner „voll und ganz“. Er erläuterte: „Die Menschen vor Ort wollen diese Hotels mehrheitlich nicht in ihren Städten, an ihrem Ort – und ich auch nicht. Da stimme ich ihnen voll und ganz zu.“

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Ein wichtiges Element in der flüchtlingsfeindlichen Hysterie, die von den Neonazis geschürt wird, ist das Zupflastern von Städten und Dörfern mit englischen Georgskreuzfahnen und Union Jacks, die sogar auf Kreisverkehrsstraßen gemalt werden. Starmer nutzte das BBC-Interview erneut, um sich mit der extremen Rechten zu solidarisieren. Auf die Frage, ob er die „Raise the Colours“-Kampagne unterstütze, antwortete er, vor einem Union Jack sitzend: „Ich bin ein Fan von Flaggen... Ich habe eine hinter mir.“

Er fügte hinzu: „In unserer Wohnung, die gleich über uns liegt [Starmer sprach in der Downing Street] hängt, wie Sie wissen, eine Flagge mit Georgskreuz.“

Die Verehrung der englischen Flagge mit Georgskreuz und der Flagge des Vereinigten Königreichs (Union Jack) ist beispielhaft für die Verwandlung der Labour Party in eine politische Jauchegrube, die zu allem bereit ist, um ihre Pläne für Aufrüstung, Krieg und Sozialkahlschlag umzusetzen. Starmer erklärte: „Ich bin der Vorsitzende der Labour Party, der den Union Jack auf unsere Mitgliedsausweise gebracht hat. Ich sitze immer vor einem Union Jack. Das mache ich schon seit Jahren, und als ich damit angefangen habe, zog das viele Kommentare auf sich.“

Nur wenige Monate zuvor hatte Starmer seine Hetzrede gegen Immigranten gehalten, in der er die berüchtigte „Rivers of Blood“-Rede des Rechtsextremen Enoch Powell im Jahr 1968 nachahmte. Er erklärte, dass wir ohne strikte Einwanderungskontrollen „Gefahr laufen, zu einer Insel der Fremden zu werden“.

Labour bekräftigte Starmers fremdenfeindliches Interview am Dienstag. Cooper erklärte: „Ich möchte gestehen, dass ich nicht nur eine Flagge mit dem Georgskreuz habe, sondern auch Georgskreuz-Girlanden. Ich habe auch Girlanden mit dem Union Jack, die noch immer in meinem Gartenschuppen hängen.“

Auf die Frage, ob die Menschen weiterhin „Flaggen an Autobahnbrücken aufhängen sollten“, was vorher als gefährlich und illegal galt, antwortete Cooper: „Oh, sie sollen sie überall aufhängen. Ich würde sie überall aufhängen.“

Die Erklärungen von Starmer und Cooper zeigen, dass es zwischen der Labour-Regierung und ihren möglichen Nachfolgern Reform UK und Tories keinen Links/Rechts-Konflikt gibt. Die großen Parteien sprechen alle ausnahmslos die gleiche Sprache der sozialen Reaktion. Der üble Wettbewerb darum, wer am härtesten gegen Asylsuchende vorgeht, ist der Vorbote eines breiteren und viel umfassenderen Angriffs auf die soziale Stellung und die demokratischen Rechte der gesamten Arbeiterklasse, wie es ihn in der ganzen Nachkriegszeit noch nicht gegeben hat.

Das Gerede über die Notwendigkeit, „teure“ Asylsuchende loszuwerden, stammt von den gleichen Kräften, die darauf bestehen, dass die Ausgaben für den National Health Service, das Bildungswesen, den Wohnungsbau und die Sozialleistungen zusammengestrichen werden müssen – angesichts des „Endes der Friedensdividende“ und der Notwendigkeit, die Militärausgaben um hunderte Milliarden Pfund zu erhöhen. Die Labour-Minister stehen dabei an vorderster Stelle.

Die Ereignisse dieses Sommers bestätigen, wie richtig es war, dass sich die Socialist Equality Party im vergangenen Jahr geweigert hat, gemeinsam mit pseudolinken Gruppen wie der Socialist Workers Party, der Socialist Party und der Revolutionary Communist Party die Wahl einer Starmer-Regierung zu unterstützen. Im Mai, noch vor Beginn der rechten Mobilisierung vor den Hotels, schrieb die WSWS in einem Aufruf zum politischen Kampf gegen die Regierung: „Abgesehen von ihrem Namen, der an eine seit langem aufgegebene Verbindung zum Reformismus erinnert, steht die Labour-Regierung weit rechts.“

In den darauffolgenden Wochen ist die Unterstützung für Labour und Starmer auf ein Rekordtief gefallen – eine direkte Folge ihrer Weigerung, Maßnahmen zur Entlastung der Arbeiterklasse zu ergreifen. Unmittelbare Nutznießer sind die extremen Rechten. Laut einer YouGov-Umfrage vom Dienstag sind die Nettozustimmungswerte von Labour auf –59 gefallen. In einer vom 23. bis zum 25. August durchgeführten Umfrage befürworteten nur elf Prozent die Regierung, 70 Prozent lehnten sie ab.

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