Am Samstag verschärfte die Labour-Regierung ihr hartes Durchgreifen gegen den Widerstand gegen Israels Völkermord in Gaza. Die Metropolitan Police nahm in London in einer beispiellosen zwölfstündigen Operation fast 900 Menschen fest. Daran beteiligt waren über 2.500 Polizeibeamte, darunter auch Angehörige anderer britischer Einsatzkräfte aus ganz Großbritannien.
Die überwiegende Mehrheit (857) wurde wegen ihrer Opposition gegen das Verbot der Aktivistengruppe Palestine Action gemäß dem Terrorism Act festgenommen. Sie wurden herausgegriffen, weil sie ein Plakat trugen mit sieben Worten: „Ich bin gegen den Völkermord, ich unterstütze Palestine Action“. Sie wurden gemäß Paragraph 13 (1) des Terrorism Act 2000 verhaftet, der eine Höchststrafe von sechs Monaten Haft vorsieht.


In Edinburgh wurden am gleichen Tag bei einer weiteren Demonstration für ein Ende der britischen Waffenverkäufe an Israel zwei Männer auf der Grundlage des Terrorism Act verhaftet.
Die Gruppe Defend Our Juries (DOJ) führte ihre Protestveranstaltung auf dem Parliament Square durch, während etwa 200.000 Menschen in einer Massendemonstration gegen den Völkermord in Gaza durch die Londoner Innenstadt zogen. Der DOJ-Protest begann, nachdem sich 1.000 Menschen verpflichtet hatten, das Plakat hochzuhalten. Laut der Organisation schlossen sich im Lauf des Samstags etwa 1.500 Menschen an. Das bedeutet, dass die Polizei fast zwei Drittel der Teilnehmer (57 Prozent) verhaftete.
Zusammen mit der Massenverhaftung von 55 Menschen auf dem Parliament Square am 19. Juli, mehr als 70 in ganz Großbritannien in der Woche davor und 532 auf dem Parliament Square am 9. August stieg die Zahl der Menschen, die wegen Protest gegen das am 5. Juli erlassene Verbot von Palestine Action verhaftet wurden, auf mindestens 1.444.
Seit Beginn des Völkermords in Gaza wurden in Großbritannien etwa 1.800 Personen verhaftet. Bei den über 30 Massendemonstrationen in London kam es zu Hunderten weiterer Festnahmen.
Bei der nationalen Kundgebung am 18. Januar wurden 77 Menschen festgenommen, hauptsächlich wegen „Verstößen gegen die Auflagen“, die die Polizei gegen die Protestveranstaltung verhängt hatte. Unter den Verhafteten befanden sich der Leiter der Stop the War Coalition, Chris Nineham, und der Leiter der Palestine Solidarity Campaign, Ben Jamal. Weitere Anführer der Antikriegsbewegung wie der ehemalige Labour-Parteichef Jeremy Corbyn und sein ehemaliger Schattenfinanzminister John McDonnell wurden von der Polizei zu Befragungen vorgeladen. Die Prozesse gegen Nineham und Jamal sollen nächstes Jahr stattfinden.
Auch unabhängige Journalisten und Studierende, die an ihren Hochschulen gegen den Völkermord protestieren, sind verhaftet worden. Im Mai 2024 wurden an der Universität Oxford mindestens 17 Studierende verhaftet, nachdem sie ein Verwaltungsgebäude der Universität besetzt hatten.
Fünf Tage vor den jüngsten Massenverhaftungen wurden fünf führende Mitglieder der Rechtsverteidigungskampagne Defend our Juries von Anti-Terror-Beamten festgenommen.
Am Freitag gab die Metropolitan Police bekannt, sie sei auf eine beliebige Anzahl von Verhaftungen am nächsten Tag vorbereitet, und alle Notfallmaßnahmen seien getroffen.
Der stellvertretende Assistant Commissioner, Ade Adelekan, warnte am 5. September bei einer Pressekonferenz: „Ich darf es unmissverständlich sagen: Wer Palestine Action unterstützt – eine Straftat nach dem Terrorism Act – wird verhaftet (...) Wie wir in den letzten Wochen gezeigt haben, werden Verfahren gegen die Verhafteten eingeleitet, und sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit strafrechtlich verfolgt. Wir haben die Pläne und Mittel, um mit alle möglichen Eventualitäten fertig zu werden. Versuche, die Polizei und das Strafrechtssystem zu überfordern, werden nicht erfolgreich sein.“
Am Samstag um 13 Uhr erklärte die Polizei in einer Stellungnahme, sie werde jetzt mit den Verhaftungen beginnen. Um 17:12 Uhr erklärte sie, dass bisher 150 Menschen verhaftet worden seien. Bis um 19:48 Uhr hatte sich diese Zahl auf 300 verdoppelt, und bis 21:48 Uhr, als auf dem Parliament Square bereits völlige Dunkelheit herrschte, meldete sie 425 Verhaftungen.
Am folgenden Morgen gab die Met bekannt, dass am Samstag 890 Menschen verhaftet und „alle Verhafteten in einer Auffangeinrichtung im Raum Westminster aufgenommen“ worden seien. Wer sich weigerte, persönliche Angaben zu machen, wie es Defend Our Juries geraten hatte, oder wer nach einer Freilassung auf Kaution verhaftet wurde, „wurde zur weiteren Abklärung in eine der zahlreichen Haftanstalten der Metropolitan Police gebracht“.
Weiter hieß es: „Die Zahl der in einer Gefangenenaufnahmestelle registrierten Personen betrug 341. Die Zahl der wegen TACT-Vergehen [Terrorism Act] in Gewahrsam genommenen Personen betrug 519.“
Auch diesmal waren unter den Verhafteten wieder viele Alte und Kranke. Mike Higgins, der blind und schwerhörig sowie körperlich eingeschränkt ist, wurde zum zweiten Mal verhaftet und in seinem Rollstuhl weggeschleppt.
Menschen versuchten, die Verhaftungen zu stoppen. Die Polizisten wurden mit „Shame on you“-Sprechchören bedacht. Die Met verurteilte das als „koordinierten Versuch, Beamte an der Ausübung ihrer Pflicht zu hindern, der in Gewalt eskalierte, bei der Beamte geschlagen, getreten, bespuckt und mit Gegenständen beworfen wurden“. Tatsächlich wurden nur 17 Personen wegen angeblicher „Angriffe auf Polizeibeamte“ verhaftet.
Videoaufnahmen zeigen, wie brutal viele Verhaftungen durchgeführt wurden. Die Polizei ging mit Knüppeln vor, ein Beamter stieß einen älteren Mann zu Boden, ein anderer prügelte sich seinen Weg durch die Menge, um einen Korridor für eine laufende Festnahme zu schaffen.



Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Es wäre ein schwerer Fehler, zu glauben, wie Defend Our Juries behauptet, die Kräfte des kapitalistischen Staats könnten von Protesten wie die am Samstag „überwältigt“ werden, so dass sie ihre repressiven Gesetze nicht mehr aufrechterhalten könnten.
Sowohl das Ausmaß als auch die Brutalität der Massenverhaftungen haben tatsächlich zugenommen. Damit soll der Widerstand gegen den Völkermord in Gaza zum Schweigen gebracht werden, und Starmers Labour-Regierung will ihre Bereitschaft demonstrieren, die Diktate der herrschende Elite durchzusetzen. Auf die Verhaftungen folgen Anklagen, die im Falle eines Schuldspruchs in einigen Fällen zu Haftstrafen von 14 Jahren führen können.
Die Verhaftungen vor dem letzten Samstag fanden mit Unterstützung der Blair-nahen bisherigen Innenministerin Yvette Cooper statt. Letzte Woche hatte sich Coopers Innenministerium vor dem Berufungsgericht das Recht gesichert, einen Antrag von Palestine Action auf Aufhebung des Verbots gemäß den Antiterrorgesetzen zu blockieren.
Am vergangenen Freitag, 5. September, wurde Cooper bei der Kabinettsumbildung durch Premierminister Keir Starmer zur Außenministerin ernannt. Neue Innenministerin wurde die ebenfalls rechte Shabana Mahmood. Am Sonntag kündigte Verteidigungsminister John Healey an, dass Mahmood die Unterdrückung der Antikriegsbewegung fortsetzen werde. Er warnte: „Ich erwarte, dass Shabana Mahmood genauso hart vorgeht wie Yvette Cooper, und ich erwarte, dass sie die Entscheidung der Regierung zu Palestine Action verteidigt, angesichts dessen, wofür einige ihrer Mitglieder verantwortlich sind und was sie geplant haben.“
Die Socialist Equality Party hat wiederholt betont, dass der Angriff auf demokratische Rechte, dessen Speerspitze das Verbot von Palestine Action ist, nur durch die systematische Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die Starmer-Regierung abgewandt werden kann.
Die Offensive gegen demokratische Rechte ist erforderlich, weil sich der britische Imperialismus einen Anteil an der imperialistischen Aufteilung der weltweiten Rohstoffe und Märkte sichern will. Dieser Wettkampf ist auch die treibende Kraft hinter dem Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine, dem Völkermord in Gaza, dem umfassenderen Kampf um die Vorherrschaft über den Nahen Osten und der Eskalation der Feindseligkeiten gegenüber China.
Handelskrieg und Krieg im Ausland zu führen, erfordert Klassenkrieg im Inland, um den politischen und sozialen Widerstand zu zerschlagen und das Wirtschaftsleben durch die Zerstörung grundlegender sozialer Leistungen und eine brutale Verschärfung der Ausbeutung zu militarisieren.
Widerstand dagegen ist nicht durch individuelle Gewissensakte möglich, wie tapfer sie auch geäußert werden mögen. Er erfordert die Mobilisierung von Millionen von Arbeitern, vor allem der jüngeren Generation, die bereit sind, Starmers verhasster Regierung der Austerität, des Völkermords und des Kriegs ein Ende zu setzen.
Momentan gibt es den ernsthaften Versuch, das Potenzial für eine solche Bewegung aufzufangen und zu lähmen.
Der ehemalige Labour-Parteichef Jeremy Corbyn und die Abgeordnete Zarah Sultana haben im letzten Monat ihr Projekt „Your Party“ ins Leben gerufen und erklärt, im Herbst werde eine neue Partei links von Labour gegründet. Seither haben sie die Unterstützung einer Dreiviertelmillion Menschen gewonnen. Dennoch haben sie keinen Finger gerührt, um diese Massenkraft gegen die Regierung zu mobilisieren.
Um aus der politischen Sackgasse herauszukommen, muss die Verteidigung grundlegender demokratischer Rechte, des Lebensstandards sowie der Kampf gegen Völkermord und Krieg auf der Grundlage einer neuen Achse des Kampfs geführt werden: des sozialistischen Internationalismus. In ihrem Mittelpunkt muss die systematische industrielle und politische Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die Starmer-Regierung stehen, und sie muss von Arbeiterorganisationen geführt werden, die von der Gewerkschaftsbürokratie unabhängig sind.