Donnep Medienaward

Auszeichnung für junge Medien-Aktivistin gegen Völkermord aberkannt

Erneut wurde Anfang September ein besonders krasser Fall von Zensur im Zusammenhang mit ungerechtfertigten Antisemitismus-Vorwürfen bekannt. Die junge Aktivistin Judith Scheytt, die im Januar einen Preis für ihre medienkritischen Posts und Videos auf Instagram und Tik Tok zum Gaza-Völkermord der israelischen Streitkräfte erhalten hatte, musste nach Intervention der prozionistischen Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit die Urkunde und die Preisstatue zurückgeben.

Die damals kurz vor dem Abitur stehende Schülerin hatte die undotierte „besondere Ehrung“ des Donnepp Awards für Medienkritik für ihre Arbeit in sozialen Medien, vor allem für ihre Reels auf Instagram, erhalten. Schwerpunktmäßig hatte Scheytt sich seit November 2023 mit der einseitigen Berichterstattung der deutschen Medien über den Nahost-Konflikt und die Menschenrechtsverbrechen der Israelischen Armee (IDF) im Gazastreifen auseinandergesetzt.

Der Donnep Award ist benannt nach Bert Donnepp, dem Gründer des Grimme-Instituts. Das Grimme-Institut ist eine angesehene gemeinnützige Einrichtung, die sich mit Medien und Kommunikation befasst und jährlich Preise für besondere Leistungen in Rundfunk und Fernsehen vergibt. Der Donnep Award wird zusammen mit zwei „besonderen Ehrungen“ jährlich für hervorragende Medienkritik vergeben. Ausgezeichnet wird laut Satzung des Awards die „kompetente journalistische Beschäftigung mit Fragen des Hörfunks, Fernsehens, der Presse und/oder mit übergreifenden Medienfragen“, die „zur Erkenntnis der spezifischen Leistungen dieser Massenmedien, ihrer Inhalte, ihrer Strukturen und/oder ihrer Wirkungen beiträgt“.

Der Donnep Award wird jedoch nicht vom Institut selbst, sondern unabhängig davon vom Verein der Freunde des Grimme-Preises vergeben, der dafür jeweils eine Jury ernennt. Zu den sechs Mitgliedern der Jury, die die Auszeichnung für Scheytt vergaben, gehörten auch drei Mitglieder des Vereinsvorstands, darunter der Medienjournalist Jörg Schieb, der auch der Vorsitzende des Grimme-Freunde-Vereins ist, sowie der Ehrenvorsitzende des Vereins Ulrich Spies sowie die Grimme-Preis-Leiterin Lucia Eskes, der Leiter des Mediendienste der Katholischen Nachrichtenagentur Steffen Grimberg und der Regisseur Maik Große Lochtmann. Die Jury-Vorsitzende war die Vorjahrespreisträgerin, die Autorin und Kommunikationswissenschaftlerin Nadia Zaboura, die Judith Scheytt vorgeschlagen hatte. Die Jury hatte dies einstimmig befürwortet.

Hauptpreisträgerin war im Januar dieses Jahres die Journalistin Annika Schneider von Übermedien. Die beiden gemeinsam mit dem Preis verliehenen „besonderen Ehrungen“ erhielten der Kabarettist Oliver Kalkofe und die damals 17-jährige Judith Scheytt, die sich auf ihrem Instagram-Account Aktivistin für „climate justice and human rights“ (Klimagerechtigkeit und Menschenrechte) nennt.

Die Jury hatte Judith Scheytt „Kenntnisreichtum“ und „analytische Brillanz“ bescheinigt, mit denen sie Falschinformationen zum Gaza-Krieg detailliert aufdeckte und nachwies. Ihre „pointierten und herausfordernden Analysen“ hätten „offene Räume“ für Gespräche geschaffen, hieß es im Januar. Scheytt erzeuge „mit ihrer Medienkritik auf Instagram eine neue und wahrhaft zeitgemäße Form der Medienpublizistik“, hieß es in der Begründung, die vom Grimme-Institut verbreitet wurde.

Scheytts Instagram-Kanal belegt ihre Kritik mit Studien und Quellen, wie es auch in der Ehrung hieß. Sie spricht offen von Genozid, Apartheid und Kriegsverbrechen. Den deutschen Medien wirft sie vor, palästinensische Stimmen zu marginalisieren. Sie stützt sich dabei z.B. auf eine Studie von Fabian Goldmann, der anhand einer Schlagzeilenanalyse nachgewiesen hat, dass von den untersuchten Schlagzeilen (bei Bild, Zeit, Spiegel und Tagesschau) sich 43,3 Prozent auf israelische Quellen, aber lediglich 5 Prozent auf palästinensische Angaben zurückführen ließen.

In der Begründung der Jury für die Ehrung wurden ihre „pointierten und im besten Sinne herausfordernden Videoanalysen“ gelobt. Judith Scheytt habe sich konzentriert und unterhaltsam die gröbsten Verstöße gegen journalistische Professionalität und Integrität vorgenommen und „Doppelstandards, Framings, Floskeln und Falschinformationen bis ins kleinste Detail“ auseinandergenommen. Dabei habe ihr Augenmerk insbesondere auf „der deutschen Nahost-Berichterstattung“ gelegen.

In einem Instagram-Video machte Scheytt nach ihrem Abitur jetzt Anfang September öffentlich bekannt, dass ihr bereits im April der Preis wieder aberkannt wurde. Jörg Schieb vom Vorstand der Freunde des Grimme-Preises habe ihre Mutter angerufen und dies mitgeteilt. Als sie selbst in einem Telefonat nach den Gründen für die Aberkennung des Preises fragte, wurde ihr mitgeteilt, ihre Medienkritik sei „strukturell antisemitisch“.

Der erste Angriff gegen die Verleihung des Preises an Scheytt war ein Artikel in der notorisch proisraelischen Welt, geschrieben von Mirna Funk. Die Urenkelin des bekannten DDR-Schriftstellers Stephan Hermlin wusste lange nicht, was sie machen sollte, bis sie 2018 als bekennende Feministin eine Kolumne in der Modezeitschrift Vogue bekam und mittlerweile eine Erotik-Kolumne in der Frauenzeitschrift Cosmopolitan betreibt. Seit sie zum jüdischen Glauben übergetreten ist, gehört sie zu den vehementen Verteidigern der israelischen Regierung und schreibt Artikel in verschiedenen rechten Hetzblättern wie Die Welt und Neue Züricher Zeitung.

Ausschlaggebend für die Aberkennung des Preises aber war eine Mail der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Diese hatte offenbar gedroht, eine Medienkampagne gegen den Verein und das Grimme-Institut zu entfachen, wenn der Preis nicht aberkannt würde.

Bei dieser Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit handelt es sich um eine zionistische Propaganda-Organisation, die das Vorgehen der extrem rechten Netanjahu-Regierung und den Völkermord an den Palästinensern unterstützt und jede Kritik daran als antisemitisch verleumdet.

Im kommenden Monat organisiert sie eine Veranstaltung mit dem rechten Zionisten und israelischen Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar über sein „Kriegstagebuch“. Der in Deutschland aufgewachsene Iraner spielt eine Schlüsselrolle, um den wachsenden Widerstand gegen die Kriegsverbrechen der israelischen Armee zu unterdrücken und die Gegner des Völkermords einzuschüchtern. Auf der Website der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit kündigt er seine Veranstaltung mit den Worten an: „Warum zeigt die Welt so wenig Verständnis für unseren Überlebenskampf? … Als Sprecher der IDF versuche ich, deutschen Spitzenpolitikern und Medienvertretern die neue Realität Israels zu erklären – 80 Jahre nach Kriegsende.“

Unter der Drohung dieser zionistischen Organisation, die enge Beziehungen zur Landesregierung unterhält, knickte der Vorstand des Grimme-Freunde-Vereins in schändlicher Weise ein und änderte sein Urteil über die Arbeit von Judith Scheytt ins Gegenteil.

Auf ihre Nachfrage, weshalb sie den Preis zurückgeben sollte, erhielt Judith Scheytt vom Vorsitzenden Jörg Schieb ein fast 40-seitiges Dokument mit hanebüchenen Begründungen. Unter anderem wird ihr vorgeworfen, dass ihre Videos auf dem Instagram-Kanal wesentliche historisch-politische Hintergründe und viele Sicherheitsaspekte (Israels) ausblenden würden. Dadurch seien die Inhalte rein aktivistisch – und das widerspreche den Satzungsanforderungen des Awards. In dem Papier wirft Schieb der Aktivistin verschwurbelt „selektive Kontextualisierung“, „terminologische Verharmlosung“ oder „mediale De-realisierung“ vor.

Auch die Direktorin des Grimme-Instituts, Çiğdem Uzunoğlu sprach sich plötzlich für die Aberkennung des Preises aus, um – wie es hieß – Antisemitismusvorwürfe gegen das Grimme-Institut zu verhindern.

Weil 80 Prozent seines Budgets von der NRW-Landesregierung finanziert wird, passt sich das renommierte Medien-Institut an die Regierungspolitik und ihre Verleumdung des Antisemitismus an. Die Jury wurde an der Entscheidung nicht beteiligt. Ein Teil der Juroren, darunter die Vorsitzende, Nadia Zaboura, war mit der Maßnahme ausdrücklich nicht einverstanden.

Auch die Trägerin des Hauptpreises Annika Schneider gab diesen – einschließlich des damit verbundenen Preisgeldes von 5.000 Euro – nach dem Eklat aus Protest zurück. Sie erklärte, sie teile zwar nicht Scheytts Meinung in allen Punkten, doch den Beweis für den Vorwurf des Antisemitismus bleibe der Verein schuldig. Sie wolle sich „nicht für ,guten Medienjournalismus‘ auszeichnen lassen von einem Verein, der dessen Prinzipien selbst nicht einhält“.

Weiter heißt es in Schneiders Begründung für ihre Entscheidung: „Dazu passt, dass die Rücknahme des Preises versteckt erfolgte. Der Verein veröffentlichte kein Statement dazu. Er informierte die anderen Preisträger nicht darüber. Und er setzte sich einfach über mehrere Jurymitglieder hinweg, gab ihnen nicht einmal Bescheid, dass der Preis zurückgefordert worden war. Ich gebe deswegen meine Auszeichnung zurück.“

Scheytt selbst befindet sich jetzt auf der Flottille, die derzeit auf dem Weg nach Gaza ist, um die israelische Blockade zu durchbrechen und Hilfsgüter an die Bewohner zu liefern. Sie ist zuversichtlich, dass die Mission der Global Sumud Flotilla, erfolgreich sein werde. Mehrfach erklärte sie, „auf lange Sicht ist es gefährlicher, in einer Welt zu leben, in der Staaten und andere Mächte Kriegsverbrechen und Völkermorde begehen können – ohne Konsequenzen.“

Die Preisaberkennung für die junge Aktivistin Judith Scheytt beinhaltet wichtige Lehren. Die völlig einseitige, pro-israelische Berichterstattung über den Völkermord in Gaza und die horrenden Kriegsverbrechen der israelischen Armee, die sie in ihren Online-Beiträgen aufgezeigt hat, sind nicht einfach das Ergebnis von unprofessionellem Journalismus, sondern offizielle Regierungspolitik.

Die israelische Regierung könnte ihren Terror gegen die palästinensische Bevölkerung nicht endlos fortsetzen, wenn sie nicht die aktive Unterstützung und militärische Beihilfe der Regierungen in Washington, Berlin und vielen anderen Nato-Staaten hätte. Kritik an dieser Unterstützung des Völkermords wird nicht geduldet.

Der verlogene Vorwurf des Antisemitismus dient dazu jeden einzuschüchtern. Unter den Nazis diente die antisemitische Hetze als Mittel, die Wut kleinbürgerlicher, vom Abstieg bedrohter Bevölkerungsschichten gegen die Juden zu lenken. Sozialisten haben das Gift des Antisemitismus dagegen aufs Schärfste bekämpft. Jetzt dient die verlogene „Antisemitismus-Kampagne“ dazu, jeden zu kriminalisieren, der sich gegen Unterdrückung und Militarismus ausspricht.

Die feige Kapitulation des Grimme-Instituts vor dem Druck zionistischer Kreise und Behörden unterscheidet sich nicht vom Verhalten aller Bundestagsparteien und staatlichen Institutionen. Mit anderen Worten: Es gibt nur eine Möglichkeit, gegen Völkermord und Krieg zu kämpfen, und die besteht darin, die Arbeiterklasse weltweit auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms gegen Kapitalismus und Krieg zu mobilisieren.

Dafür kämpfen die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) und wir laden Judith Scheytt und all ihre Follower ein, sich den IYSSE anzuschließen.

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