Ukrainisches Gericht weist Antrag auf Abberufung des Richters wegen Befangenheit zurück – Bogdan Syrotjuk wird Zahnbehandlung verweigert

Am 3. Oktober 2025 lehnte ein ukrainisches Gericht einen Antrag der Verteidigung ab, den Richter im Fall des ukrainischen Trotzkisten Bogdan Syrotjuk abzuberufen. Der damals 25-jährige Bogdan wurde im April 2024 wegen „Hochverrats unter Kriegsrecht“ verhaftet, wofür ihm eine Freiheitsstrafe zwischen 15 Jahren und lebenslänglich droht. Bogdans Verteidiger hatten argumentiert, der Richter müsse wegen Befangenheit abberufen werden.

Bogdan Syrotiuk mit einem Bild von Leo Trotzki in einer alten sowjetischen Ausgabe von John Reeds 10 Tage, die die Welt erschütterten, April 2023

Die Anklage gegen Bogdan beruhte in erster Linie auf Artikeln, die er für die World Socialist Web Site, das Organ des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, geschrieben, übersetzt oder verbreitet hatte. Die Anklage bezeichnet die WSWS als „Informationsagentur“ des Kremls. In Wirklichkeit haben die WSWS und Bogdans Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten (JGBL) die russische Invasion der Ukraine immer von einem internationalistischen Standpunkt aus abgelehnt; sie kämpfen für die Einheit der russischen und ukrainischen Arbeiterklasse. Diese Position geht unter anderem klar aus den Artikeln hervor, die Staatsanwaltschaft als „Beweismittel“ angeführt hat.

Seit seiner Verhaftung wird Bogdan in einem überfüllten Gefängnis im südukrainischen Nikolajew festgehalten. Die Wortwahl des Gerichts war bei fast allen Entscheidungen nahezu mit den Anträgen der Anklagevertretung identisch, so bei seiner Verhaftung durch den ukrainischen Geheimdienstes (SBU) und der Beschlagnahme seines Eigentums. In vielen Fällen wurden ganze Absätze einfach kopiert und eingefügt. Die Anklagevertretung hat in mehreren Gerichtsverhandlungen, auch bei der Zeugenvernehmung, keinerlei Beweise vorlegen können, um ihre schweren Vorwürfe zu untermauern.

Die jüngste Entscheidung, den Richter nicht wegen Befangenheit abzuberufen, verdeutlicht einmal mehr, dass im ukrainischen Justizsystem alles gegen Bogdan gerichtet ist. Einige Tage zuvor, am 1. Oktober, hatte das Berufungsgericht von Nikolajew einen Antrag der Verteidigung abgelehnt, Bogdans Haftstrafe in Hausarrest umzuwandeln. Das gleiche Gericht hatte bereits im Juli den gleichen Antrag der Verteidigung abgelehnt. 

Bogdans rechtswidrige Inhaftierung ist die Hauptgrundlage für seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der vor kurzem zugestimmt hat, über den Fall zu verhandeln. Bogdans Anwälte argumentieren, seine Verhaftung stelle einen Verstoß gegen Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention dar, der das Recht auf Freiheit garantiert.

Doch auch viele andere Aspekte dieses Falls deuten auf eine systematische Verletzung seiner grundlegenden Menschenrechte und demokratischen Rechte hin. Vor allem mehren sich die Beweise, dass die Bedingungen, unter denen er festgehalten wird, eine nach Artikel 3 verbotene unmenschliche Behandlung darstellen.

Bogdan war zum Zeitpunkt seiner Verhaftung bereits bei schlechter Gesundheit und litt vor allem unter schweren Zahnproblemen. Wegen seiner Verhaftung konnte er sich einer geplanten Zahnbehandlung nicht unterziehen. Jetzt leidet er in einem Gefängnis mit schlechter Verpflegung und Hygiene unter Schmerzen, weil mehrere seiner Zähne schwer beschädigt sind. Eine dringend notwendige Behandlung bei einem Zahnarzt außerhalb des Gefängnisses, die ursprünglich im Juli stattfinden sollte, wurde jedoch mehrfach verschoben.

Eine derartige Vorgehensweise ist im ukrainischen Strafvollzug nicht ungewöhnlich. Im Juni hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Falle Benyukh v. Ukraine (Benjuch gegen die Ukraine) entschieden, der ukrainische Staat habe einem Gefangenen, der an Zahnverlust litt, 19 Monate lang die Behandlung vorenthalten. Obwohl die Behörden seit mindestens Oktober 2019 von der Diagnose wussten, erhielt der Gefangene Benjuch erst dank der Intervention der NGO „Youth with a Mission“ im Jahr 2021 Zahnersatz. Da er sich die Behandlung nicht leisten konnte, bezahlte die NGO dafür.

Der EGMR stellte fest, dass der ukrainische Staat gegen Artikel 3 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen hat. Artikel 3 verbietet „Folter“ und „unmenschliche oder entwürdigende Behandlung oder Bestrafung“. Artikel 13 besagt: „Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.“

Die World Socialist Web Site  hat sich an die NGO gewandt und sie um Unterstützung in Bogdan Syrotjuks Fall gebeten.

Um die Kampagne für Bogdan Syrotjuks Freilassung und seinen Fall vor dem EGMR zu unterstützen, besucht diese Seite, um die Petition zu unterzeichnen, zu spenden und mehr zu erfahren, und kontaktiert die World Socialist Web Site.

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