Perspektive

Wie der Verrat von Syriza die Rechtsextremen in Griechenland stärkte

Kyriakos Mitsotakis (Mitte links), Vorsitzender der Nea Dimokratia am Freitag, 23. Juni 2023 [AP Photo/Petros Giannakouris]

Am Montag wurde der neue griechische Ministerpräsident von der Nea Dimokratia (ND), Kyriakos Mitsotakis, vereidigt. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag hatte die ND die oppositionelle Syriza (Koalition der Radikalen Linken - Progressive Allianz) geschlagen.

Bei den Wahlen wurde nicht nur die rechte ND für eine weitere Amtszeit bestätigt. Auch drei rechtsextreme Parteien, die zusammen mehr als 12 % der Stimmen und 34 Sitze errangen, gelangten erneut ins Parlament.

Die Wahl einer konservativen Regierung und die Stärkung der Rechtsextremen in einem Parlament, das ein Analyst als „das konservativste Parlament seit der Wiederherstellung der griechischen Demokratie im Jahr 1974“ bezeichnete, ist die politische Verantwortung von Syriza.

Als Syriza von 2015 bis 2019 an der Regierung war, setzte sie ein brutales Spardiktat durch, während sie Griechenlands Schlüsselrolle in der NATO loyal verteidigte und finanzierte und im Namen der Europäischen Union (EU) brutale Maßnahmen gegen Flüchtlinge an der Grenze der „Festung Europa“ durchführte. Indem sie die Arbeiter und die Jugend, die einst in ihr eine Führung sahen, demobilisiert und verraten hat, vertiefte sie diese Agenda nur noch.

Syriza kam im Januar 2015 mit einem Erdrutschsieg an die Macht, der auf dem Versprechen beruhte, dass die Partei die von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderten Sparmaßnahmen beenden würde. Doch sie zeigte schon nach wenigen Monaten, dass sie eine Partei ist, die ausschließlich im Dienste der Bourgeoisie arbeitet. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) analysierte diesen Charakter in seiner Erklärung „Die politischen Lehren aus dem Verrat Syrizas in Griechenland“ als „eine strategische Erfahrung für die Arbeiterklasse“.

Das IKVI hatte von Anfang an die Behauptungen von Syriza und ihrer zahlreichen pseudolinken Cheerleader auf internationaler Ebene zurückgewiesen, dass ihre Wahl zur Umsetzung einer linken oder gar sozialistischen Politik führen würde. Ausgehend von einer Analyse des Klassencharakters von Syriza als Vertreterin einer oberen Mittelschicht, die ein prokapitalistisches Programm vertritt, warnte die IK vor der Partei. Sie werde ihre Versprechen schnell brechen und die von den Gläubigern Griechenlands geforderte Sparoffensive durchsetzen, was zu einer Stärkung rechter und faschistischer Kräfte führen würde.

In einer Perspektive vom 28. Januar 2015 unter dem Titel „Die Bedeutung des Wahlsieg in Griechenland' stellte die WSWS fest:

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale weist die politische Ausrede, mit der die kleinbürgerlichen Pseudolinken ihre Unterstützung für Syriza und ihre prokapitalistische Agenda rechtfertigen, mit Verachtung zurück – Die Ausrede lautet, dass die Tsipras-Regierung eine notwendige „Erfahrung“ für die Arbeiterklasse sei, durch die sie schließlich die Notwendigkeit wirklich sozialistischer Politik verstehen werde.

Das einzige Ziel solcher Spitzfindigkeiten ist es, die Entstehung einer revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse zu verhindern, d.h. eine Entwicklung, die nur durch eine unablässige politische Enthüllung Syrizas möglich ist. Die World Socialist Web Site übernimmt diese Aufgabe, um Arbeiter und Jugendliche auf die entscheidenden Kämpfe vorzubereiten, die in Griechenland und weltweit bevorstehen.

In einem am nächsten Tag veröffentlichten Artikel, 'Syrizas Wahlerfolg und die Pseudolinken' schrieb die WSWS:

Ein anderes Argument [der Pseudolinken] lautet, man müsse Syriza unterstützen, damit die Arbeiterklasse durch diese Erfahrung gehen und aus ihr lernen könne. Dieses Argument ist an Zynismus nicht zu überbieten. Angesichts der enormen Gefahren, die von einer Syriza-Regierung drohen, besteht die Aufgabe einer marxistischen Partei darin, aufzudecken welche Klasseninteressen Syriza vertritt, die Arbeiterklasse vor den Folgen zu warnen und ihr eine klare sozialistische Orientierung zu geben.

Das IKVI brachte seine Analyse zu Syriza in Zusammenhang mit der Entwicklung ähnlicher politischer Formationen auf internationaler Ebene, darunter Podemos in Spanien, die Linkspartei in Deutschland, der Linksblock in Portugal und die Neue Antikapitalistische Partei in Frankreich.

Der Verrat von Syriza legte ein Muster vor, das sich über die Grenzen Griechenlands hinaus wiederholen sollte. Jeremy Corbyn wurde im September 2015 zum Vorsitzenden der britischen Labour Party gewählt. Corbyns erklärtes Ziel war es, die Labour Party vor der „Pasokifizierung“ zu bewahren – dem Zusammenbruch der sozialdemokratischen PASOK in Griechenland, nachdem sie die ersten von der EU und dem IWF diktierten Sparmaßnahmen eingeführt hatte.

In seiner Siegesrede auf der Sonderkonferenz von Labour im Jahr 2016 erklärte Corbyn: „Seit dem Crash von 2008 hat die Forderung nach einer Alternative und einem Ende der kontraproduktiven Sparpolitik in einem Land nach dem anderen zum Entstehen neuer Bewegungen und Parteien geführt. ... In Großbritannien ist dies im Herzen der traditionellen Politik, in der Labour Party, geschehen, worauf wir sehr stolz sein sollten.“

Zu den eifrigsten Unterstützern Corbyns gehörte Syrizas ehemaliger Finanzminister Yanis Varoufakis, der erst im Juli 2015 aus der Regierung ausgetreten war, um sich von den von Tsipras durchgesetzten Sparmaßnahmen, die er aber selbst maßgeblich mit ausgehandelt hatte. Corbyn beschäftigte Varoufakis sogar als Berater in Wirtschaftsfragen.

Das Ergebnis der Corbyn-„Erfahrung“ – vier Jahre erbärmlicher politischer Kapitulation vor seinen rechten Gegnern innerhalb und außerhalb der Partei – war eine Niederlage. Labour wird nun von Sir Keir Starmer geführt, der sich zu brutaler Austerität verpflichtet hat und im Gleichschritt mit einer aggressiven konservativen Regierung den Krieg der Nato gegen Russland in der Ukraine unterstützt.

Nachdem sie behauptet hatten, dass die Arbeiter durch die „Erfahrung' der von Syriza und ihresgleichen geführten Regierungen gehen mussten, um zum Sozialismus zu gelangen, hat keine einzige pseudolinke Tendenz jemals zugegeben, dass das Ergebnis stattdessen immer ein Rechtsruck gewesen ist. Darüber hinaus geht nach jedem politischen Verrat die Suche nach der nächsten Syriza weiter – einer kleinbürgerlichen Formation, die ein paar links klingende Phrasen drischt und die als falsche neue Führung für die Arbeiterklasse anpriesen werden kann.

Es lässt sich keine andere Schlussfolgerung ziehen, als dass die pseudolinken Gruppen aktiv die politische Kastration der Arbeiterklasse anstreben, um ihre eigene privilegierte und bequeme Existenz im Kapitalismus zu sichern.

Die wesentliche Lehre, die Arbeiter und Jugendliche auf internationaler Ebene ziehen müssen, ist die Notwendigkeit, Sektionen des IKVI in Griechenland und in jedem Land der Welt aufzubauen. Die Analysen des IKVI über die pseudolinken Parteien und Tendenzen enthalten die notwendigen theoretischen Waffen für die Arbeiter, um diesen Kampf voranzutreiben.

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