Bei DB Cargo hat der drohende, massive Stellenabbau zu einem systematisch gesteigerten Arbeitsdruck geführt. Das hat erhebliche Folgen für die Gesundheit der Eisenbahner und führt zu lebensbedrohlichen Situationen. Der Bericht eines Bahnkollegen auf dem letzten Treffen des Aktionskomitees Bahn hat dies einmal mehr drastisch gezeigt.
Im Güterverkehr der Bahn beinhalten die Transformationspläne des Vorstands unter Sigrid Nikutta, die aus dem Hause Roland Berger stammen, einen systematischen Arbeitsplatzabbau. DB Cargo soll auf Profit getrimmt und alle kostenträchtigen Neuerungen auf Eis gelegt werden. Denn der Eigentümer der Bahn, die Bundesregierung, hat einen Kriegshaushalt verabschiedet und alle andern Sparten zusammengestrichen, und auch das Verkehrsministerium wurde um 380 Millionen Euro gekürzt. Die Leidtragenden sind in erster Linie die Eisenbahner.
In der Nacht auf den 3. Mai hat sich auf dem Rangierbahnhof in Mannheim offenbar ein gefährlicher Unfall ereignet, der in keinem Pressebericht bisher aufgetaucht ist. Wie Kollegen dem Aktionskomitee Bahn berichtet haben, wurde dabei ein Mitarbeiter erfasst.
Demnach sollte dieser Lokrangierführer während der Nachtschicht mehrere Waggons aus einem Gleis herausfahren. Er setzte seine Lok in Position vor die leeren Waggons und stieg aus, um die Lok für den Arbeitsgang vorzubereiten.
Was er nicht wusste: Gleichzeitig wurden noch weitere Waggons in dasselbe Gleis „abgedrückt“. (Zum Verständnis: Um einen Zug zusammenzustellen, werden die Waggons in der richtigen Reihenfolge von einer andern Lok über den „Ablaufberg“ in das vorbestimmte Gleis geschoben – also „abgedrückt“.) Der Kollege bemerkte jedoch nicht, dass diese Waggons heranrollten. Sie prallten auf die bereits im Gleis stehenden, leeren Waggons und schoben diese in seine Richtung. Die Waggons erfassten den Lokrangierführer und verletzten ihn so schwer, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste.
Wie seine Kollegen berichteten, hatte er sich mehrere Rippen gebrochen und die Lunge gequetscht – was gefährliche und äußerst schmerzhafte Verletzungen sind. Der Arbeitsunfall hätte noch viel schlimmer ausgehen können. Er zeigt einmal mehr, dass diese Arbeit unter ständigem großem Druck und ohne ausreichende Vorkehrungen, die das Leben der Kollegen schützen, tatsächlich lebensgefährliche Auswirkungen hat.
Dazu sagte ein Kollege desselben Rangierbahnhofs dem Aktionskomitee Bahn: „Momentan herrscht hier auf dem Rangierbahnhof Mannheim sehr viel Druck. Da die Disponenten ihre vorgegebenen Ziele erfüllen müssen, stehen die Kollegen am Bahnhof unter starkem Druck, immer schneller zu arbeiten. Sie hoffen, nicht negativ aufzufallen und versuchen ihre Arbeit schnellst möglichst zu erledigen. Dabei sollten wir eigentlich darauf achten, dass wir sicher arbeiten, nicht einfach nur schnell.“
Vor allem fehle es überall an Personal. Der Kollege berichtete: „Das Personal wird immer weniger. Unser Standortleiter behauptet zwar, wir seien zu viele, aber die Personaldecke ist schon so dünn, dass sechs oder sieben Kollegen aus Saarbrücken zum Rangierbahnhof Mannheim geholt wurden, um bei uns auszuhelfen.“
Betriebsrat und Eisenbahnergewerkschaft EVG stehen auf der Seite des DB Cargo-Vorstands, der sich selbst die „Transformation“ verordnet hat, um unrentable Betriebsteile und Stellen abzubauen. Schlimm sei, dass niemand für die Arbeiter aufsteht und spricht, so der Kollege: „Der Betriebsrat segnet alles ab. Er steht hinter dem Standortleiter.“ Von allen Seiten werde den Beschäftigten eingetrichtert, „dass wir Kollegen uns nicht gegen die steigende Arbeitshetze wehren können. Viele Kollegen haben bereits jetzt schon keine Lust mehr zu arbeiten und auf die Schicht zu kommen.“
Der Kollege, der Mitglied im Aktionskomitee Bahn ist, forderte seine Arbeitskollegen auf: „So kann es nicht weitergehen. Organisiert euch und schließt euch dem Aktionskomitee Bahn an. Die Sicherheit betrifft uns alle, es kann jederzeit auch uns passieren. Lasst euch nicht mehr einschüchtern, denn wir sind es, die die Taschen der Bosse füllen, und wir sind es, die das aufhalten können.“
Das Aktionskomitee Bahn, das während des EVG-Streiks vor einem Jahr gegründet wurde, hat der EVG und der GDL das Misstrauen ausgesprochen. Es strebt den internationalen Zusammenschluss aller Eisenbahner an und geht davon aus, dass die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten höher stehen als die Profitinteressen der Investoren, Aktionäre und Spekulanten.
Wir rufen alle Eisenbahnerinnen und Eisenbahner und all diejenigen, die sich am Aufbau unabhängiger Aktionskomitees beteiligen wollen, dazu auf, uns Berichte über die Zustände in ihrem Bereich zu schicken und mit uns Kontakt aufzunehmen: Meldet euch per Whatsapp unter +49-163-337 8340, registriert euch über das unten stehende Formular oder schickt euren Bericht an die World Socialist Web Site.