Die Socialist Equality Party (Australien) organisierte am Sonntag, 26. Mai, in Sydney ein wichtiges Meeting zum Thema: „Freiheit für Julian Assange! Gegen imperialistischen Krieg!“ Mehr als 100 Menschen nahmen sowohl direkt in Sydney, als auch online zugeschaltet aus dem ganzen Land und aus dem Ausland teil.
Um den internationalen Charakter der Veranstaltung zu unterstreichen, trat als erster Redner Thomas Scripps auf, der stellvertretende Vorsitzende der SEP in Großbritannien, der auf der World Socialist Web Site regelmäßig über die Verfolgung Assanges berichtet.
Die zweite Rede hielt Oscar Grenfell, ebenfalls ein wichtiger WSWS–Autor und Mitglied des Vorstands der australischen SEP. Die Versammlungsleitung hatte Cheryl Crisp, die nationale Sekretärin der SEP (Australien).
Cheryl Crisp erklärte zur Eröffnung der Veranstaltung, das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) kämpfe bereits seit mehr als zehn Jahren für Assanges Verteidigung, denn: „Für die sozialistische Bewegung ist es notwendig, die Wahrheit auszusprechen, damit die Arbeiterklasse für ihre Interessen kämpfen kann.“ Sie fuhr fort:
Man kann die unablässige Verfolgung von Julian Assange nur richtig verstehen, wenn man sie in ihren objektiven Kontext stellt: die zunehmende Krise des Kapitalismus, die sich am schärfsten im Krieg äußert.
Solange der Kapitalismus existiert, wird es Kriege geben (...) aber die Bedingungen, die zu Kriegen führen, schaffen auch die Bedingungen für den Sturz des Kapitalismus. Und es gibt eine Kraft, die den Kapitalismus besiegen kann: die internationale Arbeiterklasse.
Thomas Scripps war online aus Großbritannien zugeschaltet. Wenige Tage zuvor hatte der britische High Court Assange das Recht zugesprochen, erneut Berufung gegen seine Auslieferung an die USA einzulegen. Dazu betonte Scripps, dass dieses jüngste Urteil kein Anlass für erneute Illusionen sein dürfe. Allein durch das bürgerliche Gerichtsverfahren werde der WikiLeaks-Herausgeber seine Freiheit nicht zurückerlangen. Scripps erklärte: „Hätten die Gerichte die juristischen und demokratischen Rechte angemessen berücksichtigt, und wäre dementsprechend gehandelt worden, dann wäre Assange niemals ins Gefängnis gekommen.“
Vielmehr können, wie das IKVI von Anfang an erklärte, „Assanges wahre Befreier nur diejenigen sein, die ein Interesse daran haben, die imperialistische Weltordnung zu stürzen und demokratische Rechte zu verteidigen, und die die gesellschaftliche Kraft dazu haben, es auch wirklich zu tun: Das kann nur die internationale Arbeiterklasse sein.“
Scripps erklärte, dies sei heute „keine rein hypothetische Macht, sondern diese Bewegung entsteht wirklich“. Beispielhaft dafür seien die Millionen, die gegen Israels Völkermord im Gazastreifen und die Komplizenschaft der weltweiten Regierungen demonstriert haben. In dieser Entwicklung radikalisieren sich breite Schichten der Arbeiterklasse und der Jugend. Scripps fuhr fort:
Assanges Kampagne muss sich auf diese Entwicklung ausrichten, auf sie zugehen und die Antikriegsbewegung ausweiten. Dies muss vor allem in den Betrieben geschehen. Wir müssen erklären, wie wichtig es ist, dass die Arbeiter Assanges Namen auf ihre Transparente schreiben.
Danach betonte Oscar Grenfell, dass Assanges einziges „Verbrechen“ darin bestanden habe, die Kriegsverbrechen der US-Regierung und ihrer Verbündeten aufzudecken. Er stellte Assanges Verfolgung in den Kontext des Gaza-Völkermords durch Israel, den die Imperialisten decken, des Nato-Stellvertreterkriegs gegen Russland und der Kriegsvorbereitungen gegen China. Er wies auf den allgemeinen Kurs auf einen atomar geführten dritten Weltkrieg hin.
Unter diesen Bedingungen, so Grenfell, sei es für den US-Imperialismus von großer strategischer Bedeutung, „dass Assange, WikiLeaks und jeder Antikriegsjournalismus neutralisiert wird“. Die australische Labor-Regierung habe sich geweigert, für Assanges Freiheit zu kämpfen. „Sie hat die Komplizenschaft früherer australischer Regierungen seit mehr als zehn Jahren fortgesetzt“, weil sie vollkommen hinter diesen Kriegsplänen steht.
Wie Grenfell erklärte, wird die gleiche „Technik der großen Lüge“, die gegen Assange zum Einsatz kommt, auch bei der Verleumdung und Verfolgung von Bogdan Syrotjuk angewandt. Die ukrainische Geheimpolizei hat den ukrainischen Trotzkisten zusammen mit der WSWS in betrügerischer Absicht als Agenten des Putin-Regimes dargestellt.
In Wirklichkeit hat Syrotjuk als führendes Mitglied der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten (YGBL) für die Einheit der russischen und ukrainischen Arbeiter gekämpft, um gemeinsam Widerstand gegen das faschistische, von der Nato unterstütze Selenskyj-Regime und das reaktionäre Putin-Regime zu leisten.
Grenfell betonte, dass der Kampf gegen Israels Völkermord und gegen imperialistischen Krieg, sowie auch für die Freiheit Assanges und Syrotjuks sich nicht „auf moralische Appelle an die Regierungen“ stützen dürfe, wie pseudolinke Gruppen fordern. Er sagte:
Wir haben eine genau entgegengesetzte Perspektive. Wir kämpfen für die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen alle Regierungen. Das ist die einzige tragfähige Strategie, um die Freiheit von Gefangenen des Klassenkriegs zu erlangen und gegen Krieg zu kämpfen.
Nach diesen Reden fand eine lebhafte Diskussion statt. Unter anderem kam die Frage auf, welche Rolle die Gewerkschaften und Pseudolinken dabei spielten, die Angriffe auf Assange zu begünstigen. Ebenfalls diskutiert wurden Illusionen in Politiker wie George Galloway und die Verfolgung des australischen Whistleblowers David McBride.
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Im Anschluss an die Versammlung sprachen WSWS–Reporter mit mehreren Teilnehmern.
Albert, ein Bankangestellter, der ursprünglich aus Indien stammt, erklärte, er habe die WSWS im letzten Oktober entdeckt und lese alles, was sie über Julian Assange veröffentlicht habe. Weiter erklärte er, es sei wichtig, dass all die Fragen offen diskutiert worden seien – von Assange über die politische Rolle von George Galloway in Großbritannien, bis zur australischen Mediengewerkschaft und der Kampagne für die Freilassung des ukrainischen Sozialisten Bogdan Syrotjuk. Er erklärte, diese Themen sind „miteinander verknüpft und allesamt relevant“.
Er erklärte: „Die Konsequenzen, die Assange drohen, stehen in keinem Verhältnis dazu, was er getan hat (...) Er spricht über das, worüber die Leute nach dem Willen der Regierung nicht sprechen sollten, und deshalb wurde er eingesperrt. Das ist alles so ungerecht und unfair.“
Über die Warnungen der WSWS, dass der Nato-Krieg gegen Russland, der Völkermord im Gazastreifen und die Vorbereitungen auf einen Krieg gegen China die ersten Stufen eines Dritten Weltkriegs sind, erklärte Albert:
Ich lese die WSWS, denn ihre Analysen und Schlussfolgerungen sind kristallklar. Ihre Argumente und Analysen schildern, was wirklich passiert, ohne Filter oder Propaganda. Es ist nicht nur eine Nachrichtenseite, sondern eine echte Forschungsarbeit. Man bekommt einen sehr klaren Kontext...
Ich unterstütze uneingeschränkt, worüber ihr redet, und wie ihr die Welt verändern wollt. Durch eure Artikel habe ich diese Wirklichkeit verstanden. Ich glaube, keine andere Partei hat etwas Derartiges geschafft.
Marxismus ist mir neu, aber ich bin daran interessiert, und diese Art von Theorie sagt mir zu und klingt logisch. Die Welt ist nicht in Nationalitäten aufgeteilt, sondern in Klassen.
Steve, ein 30-jähriger IT-Beschäftigter aus Queensland, war zum ersten Mal bei einer Veranstaltung der SEP. Er bezeichnete das Meeting als „sehr interessant“ und sagte:
Bisher habe ich kaum über den Zusammenhang zwischen Assanges Inhaftierung und dem Ukrainekrieg nachgedacht, aber das wurde sehr gut erklärt. Ich stimme zu, dass Bogdan frei kommen muss. Ich habe auch nicht wirklich über den Widerstand in der Ukraine gegen den Krieg nachgedacht, fand es aber gut zu wissen, dass es ihn gibt. Ich fand es auch gut, dass eure Veranstaltung von internationalem Ausmaß war. Der britische Redner [Thomas Scripps] hat eine sehr gute Rede gehalten, und ich glaube, er hat die wichtigsten Fragen zum Thema Assange klar und verständlich geschildert.
Es stimmt, dass ernsthafte Angriffe auf Grundrechte stattfinden, vor allem auf die Meinungsfreiheit. Assange und Bogdan wurden zu Unrecht verhaftet. Krieg ist nicht im Interesse der einfachen Menschen, die ihn führen. Ich könnte nicht sagen, dass ich überrascht bin, dass diese Regierungen sie verhaftet haben. Sie wollen sie zum Schweigen bringen.
Auf die Frage, was er über den Völkermord im Gazastreifen, über imperialistischen Krieg und über den eskalierenden Angriff auf die Grundrechte denke, erklärte Steve: „Das ist definitiv ein strukturelles Problem. Ich glaube nicht, dass einzelne Politiker so wichtig sind, wenn das ganze System im Kern so verfault ist.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Er sei „natürlich dagegen, was im Gazastreifen passiert“, und denke auch, dass die USA und ihre Verbündeten Israel unterstützen. „Ich finde es schrecklich. Ich hoffe, wir können das ändern, bin mir aber nicht sicher. Ich glaube, ein Aufruf zum [internationaler] Generalstreik, der die Waffenlieferungen nach Israel stoppen würde, wäre die richtige Herangehensweise. Das muss geschehen.“ Und er wies darauf hin, dass die Gewerkschaften für die Palästinenser nichts unternehmen. Er schloss:
Ich stimme auch dem zu, was ihr über Corbyn und seine Untätigkeit bei der Verteidigung von Assange sagt. Ich halte Corbyn nicht für einen schlechten Menschen – er ist Reformist – aber ich glaube, wir brauchen etwas Radikaleres. Corbyn war schwach, und selbst wenn er gute Absichten hatte, hat er nichts getan, um Assange zu helfen. Und heute ist Labour noch schlimmer. Keir Starmer ist nicht besser als Rishi Sunak, es gibt keinen Unterschied zwischen ihnen. Wenn Labour die Wahl in Großbritannien gewinnt, wird die Partei nichts tun, um Assange zu retten.“
Anika (30) ist aus Newcastle, etwa 150 Kilometer nördlich von Sydney, zu ihrer ersten SEP-Veranstaltung angereist. Sie erklärte:
Ich habe seit 2020 viel über die Lage gelesen, aus verschiedenen Medien; von den Mainstreammedien, unabhängigen, und von Leuten, die gar nicht als Nachrichtenquellen gelten. Als ich sah, dass Leute in Newcastle mit einem 'Free Assange'-Poster herumliefen, ging ich zu ihnen und unterhielt mich. Deshalb war ich der Meinung, dass diese Veranstaltung einen Besuch wert sei.
„Was ich nun von der heutigen Veranstaltung mitnehme, ist, dass Transparenz bei Informationen notwendig ist“, fuhr sie fort. „Das hat in meinem Heimatort gefehlt.“ Sie komme aus Windale, einem der bekanntesten Sozialwohngebiete in Newcastle. „Die Leute denken vielleicht nicht genug nach. Sie haben nur Zugang zu Kabelfernsehen. Die Mainstreammedien kommen einem vor, als wollten sie die Bevölkerung verblöden.“
Ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und wurde von meiner Mutter auch allein aufgezogen; sie arbeitet mit 68 noch immer als Pflegekraft. Ich habe in der neunten Klasse die High School abgebrochen, und deshalb bringe ich mir alles selbst bei. Es war ein wichtiger Einblick, zu sehen, wie die Medien die Leute unwissend halten und versuchen, sie zu verblöden.
Sie erklärte: „Assange und WikiLeaks haben unschätzbare Informationen enthüllt, die die Menschen wissen müssen.“ Für sie sei die ganze Verfolgung und das Verfahren gegen Assange bezeichnend für alles, „was derzeit in der Gesellschaft und der Welt, die wir kennen, falsch läuft“. Sie schloss: „Die sozialistische Ideologie ist eindeutig etwas, was ich unterstütze.“
Linda, eine Künstlerin und ehemalige Filmschauspielerin aus Sydney, erklärte, die Gewerkschaften hätten sich immer mehr auf die Seite der Regierung und der Konzerne gestellt: „Der Fall Julian Assange ist ein besonders krasses Beispiel. Die Media Entertainment and Arts Alliance [MEAA], die eigentlich die Rechte von Medienschaffenden schützen und die Prinzipien der Pressefreiheit verteidigen müsste, hat sich ihrer Pflicht völlig entzogen.
Statt Whistleblower wie Assange und andere zu verteidigen, die ihre Karrieren und ihre persönliche Sicherheit riskiert haben, um Korruption, Fehlverhalten und andere gesellschaftliche Probleme aufzudecken, hielt es die MEAA für wichtiger, gute Beziehungen zu den Regierungen zu pflegen. Der Gewerkschaft geht es mehr darum, ihre politische Stellung und ihre Zugänge zu erhalten, als staatlichen Machtmissbrauch zu bekämpfen. Deshalb ist die essenzielle Rolle des Journalismus, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen, gefährdet, und der wichtige Informationsfluss behindert.
Linda fand, dass ein besonders wichtiger Punkt bei der Veranstaltung darin bestand, dass sie erklärte, „warum und wie die Gewerkschaften zu Marionetten der Regierung und der Wirtschaftseliten geworden sind. Das gilt nicht nur für die Rechte der Arbeiter, sondern betrifft auch das Funktionieren der Demokratie selbst.“
Khe aus China, der an der Macquarie University studiert, erklärte: „Das Mindeste, was alle tun sollten, ist, sich an der Kampagne der SEP für Julian Assanges Freilassung zu beteiligen und zu Veranstaltungen wie dieser zu kommen. Bevor Labor an die Macht kam, hat sie vieles versprochen, aber dann nichts getan, um den Status Quo für Assange zu verändern. Der Grund dafür ist, dass Labor es sich nicht mit der amerikanischen Regierung und der Oberschicht verderben will. Labor will die Unterstützung der Reichen, um an die Macht zu kommen, und biedert sich ihnen an.
Er erklärte: „Die Veranstaltung war für mich unglaublich gut, weil sie mehrere wichtige Dinge erklärt hat, über die ich nicht nachgedacht hatte, vor allem über die reale Gefahr eines Atomkriegs.“ Die Veranstaltung habe ihm vor Augen geführt, wie akut die Gefahr wirklich sei.