Bundesparteitag der AfD: Geschlossen auf Rechtskurs

Der AfD-Parteitag, der am vergangenen Wochenende in Essen stattfand, stand im Zeichen der vorangegangenen Europawahl und der bevorstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern. Die rechtsextreme Partei war bei der Europawahl zwar hinter den Voraussagen vom Frühjahr zurückgeblieben, wurde bundesweit aber dennoch zweitstärkste und im Osten sogar stärkste Partei. Nun hofft sie auf einen Wahlsieg in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September.

Demonstration gegen den AfD-Parteitag in Essen [Photo by Daniel Grünfeld / Campact / CC BY-NC-SA 2.0]

Der Parteitag bemühte sich deshalb um ein Bild der Geschlossenheit und Harmonie. Auseinandersetzungen fanden nicht statt. Der Vorstand wurde in Rekordzeit neu gewählt. Die beiden Vorsitzenden, Tino Chrupalla und Alice Weidel, wurden mit jeweils rund 80 Prozent im Amt bestätigt. Kontroverse Anträge wurden, nach heftigem Druck hinter den Kulissen, von den Antragstellern zurückgezogen.

Notorische Faschisten, wie der Thüringer Parteivorsitzende Björn Höcke, blieben im Hintergrund und hielten sich mit provokativen Äußerungen zurück. Der Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah, der nach der Verharmlosung von Hitlers SS von der Parteiführung ins Abseits gestellt wurde, erschien gar nicht zum Parteitag.

Frühere AfD-Parteitage waren von heftigen Auseinandersetzungen und teilweise von putschartigen Führungswechseln geprägt, wobei die Partei von Mal zu Mal weiter nach rechts rückte. So war auf dem Parteitag 2015, der ebenfalls in Essen stattfand, der Parteigründer Bernd Lucke gestürzt und durch Frauke Petry und Jörg Meuthen abgelöst worden, die die Partei inzwischen beide ebenfalls verlassen haben.

Alexander Gauland, der Übervater der AfD, bezeichnete die Partei deshalb einmal als „gärigen Haufen“. Inzwischen ist der Gärungsprozess abgeschlossen und der Haufen ist zu einem toxischen, hochprozentigen alkoholischen Getränk herangereift. Neonazis und Faschisten, die früher für Krawall sorgten, sind fest in ihren Führungsstrukturen verankert.

Die AfD hat von Giorgia Meloni und Marine Le Pen gelernt. Die italienische Regierungschefin hat Mussolini zur Geschichte erklärt, ohne sich jemals von ihrer Bewunderung für den Duce oder von Parteimitgliedern, die ihm weiterhin huldigen, zu distanzieren. Le Pen bemüht sich, das Rassemblement National zu „entdiabolisieren“.

Doch an der rechtsextremen Orientierung der beiden Parteien hat dies nichts geändert. Meloni und Le Pen sind lediglich zum Schluss gelangt, dass sie mit offen zur Schau getragenen Nazi-Parolen derzeit nicht an die Macht gelangen können. Sie verdanken ihre Wahlerfolge nicht einer radikalisierten, faschistischen Massenbewegung, sondern der Wut und Frustration über die Politik der anderen Parteien sowie der Tatsache, dass ihnen diese den Weg bereiten, indem sie ihre ausländerfeindliche und autoritäre Politik übernehmen.

Während sich Meloni und Le Pen nach außen gemäßigter geben, verfolgen sie die Strategie, ihre Kontrolle über den Staats- und Sicherheitsapparat, die Justiz, die Lehre und das Kulturleben zu verankern und die Medien gleichzuschalten. Auch hier bahnen die anderen Parteien den Rechtsextremen den Weg, indem sie soziale Proteste unterdrücken und abweichende Meinungen, insbesondere die Opposition gegen den Ukrainekrieg und den Gaza-Genozid, zensieren.

Hinter der Fassade der Einheit zeigte sich in Essen überall der braune Kern der AfD. Stritten sich die faschistischen Netzwerke früher noch mit gemäßigteren Elementen, dominieren sie inzwischen die ganze Partei.

Der rechtsextreme „Flügel“ wurde zwar vor vier Jahren aus taktischen Gründen formal aufgelöst und sein Führer Björn Höcke, der in den letzten Tagen wegen der Verwendung verbotener Nazi-Parolen zu zwei hohen Geldstrafen verurteilt wurde, hielt sich auf dem Parteitag zurück. Doch Höcke bleibt AfD-Vorsitzender und Spitzenkandidat in Thüringen und hofft bei der Landtagswahl im September auf einen Durchbruch, der sein Gewicht in der Bundespartei weiter erhöhen wird.

Ein ursprünglich von Höcke unterstützter Antrag, die gegenwärtige Doppelspitze durch einen einzigen Parteivorsitzenden – ihn selbst – zu ersetzen, wurde zwar zurückgezogen, um das Bild der Geschlossenheit nicht zu gefährden. Doch Höcke machte deutlich, dass dies nur ein vorübergehender Rückzug ist. „Ich sehe im Augenblick noch nicht die Einzelspitze, die jetzt in dieser Phase reüssieren könnte, um dann wirklich als integrative Kraft und Person diese Partei über viele Jahre auch stabil in die Zukunft zu führen,“ sagte er. In zwei Jahren werde dies aber vermutlich der Fall sein.

Höckes „Flügel“ ist längst nicht mehr das einzige rechtsextreme Netzwerk in der Partei. Auch der momentan ins Abseits gestellte Maximilian Krah hat eine erhebliche Gefolgschaft um sich versammelt. Die Parteivorsitzende Alice Weidel beruhigte auf dem Parteitag seine erbosten Anhänger mit der Versicherung, dass Krah eine Zukunft in der Partei keineswegs verbaut sei. Sie verglich die AfD mit einer Fußballmannschaft und erklärte: „Auch talentierte Spieler können sich verrennen. Wenn jemand auf die Ersatzbank muss, ist er noch nicht aus dem Kader.“

Eine wichtige Rolle in der Partei spielt auch das Netzwerk um den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier. Medienberichten zu Folge führte es auf dem Parteitag Regie. Es habe hinter verschlossenen Türen die Kandidatenliste für die Spitzenposten ausgehandelt, die dann weitgehend durchkam.

Die taz schreibt über das Netzwerk: „Die jungen Karrieristen stehen dem völkischen Flügel in Sachen Radikalität in nichts nach, sind aber nicht nur im Osten gut verdrahtet, sondern auch mit den Länderchefs im Westen, die nach außen hin lieber ein moderateres Bild abgeben.“

Münzenmaier ist Mitglied einer rechtsextremen, schlagenden Burschenschaft und verurteilter Fußball-Hooligan. Er stieß 2013 über die islamfeindliche Partei „Die Freiheit“ zur AfD und wurde 2017 in den Bundestag gewählt, wo er Mitglied mehrerer Ausschüsse und des AfD-Fraktionsvorstands ist. Laut Recherchen des Bayrischen Rundfunks beschäftigt er als Mitarbeiter John Hoewer, der als Vorstandsmitglied des Vereins „Ein Prozent“ über enge Verbindungen zum „Institut für Staatspolitik“, zum Compact-Magazin, zur Identitären Bewegung, zur NPD, zu italienischen Faschisten und zu anderen Ultrarechten verfügt.

Auch bei Wahlen und Abstimmungen zeigte sich die breite Unterstützung für Faschisten immer wieder. So wurde der Höcke-Vertraute Stephan Brandner mit 90 Prozent als Parteivize bestätigt, nachdem er in seiner Rede mit den Worten: „Macht die Stimmzettel zu Haftbefehlen!“, die Verhaftung der Regierung gefordert hatte. Er erhielt mehr Stimmen als die beiden Parteivorsitzenden.

Brandner war nach dem Anschlag auf die Synagoge von Halle wegen antisemitischen Ausfällen vom Vorsitz des Rechtsausschusses des Bundestags abgewählt worden – ein einmaliger Vorgang in der siebzigjährigen Geschichte des Bundestags. Für den Vorsitz war er ursprünglich vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vorgeschlagen worden.

Die radikale Corona-Leugnerin Christina Baum erhielt bei der Vorstandswahl 43 Prozent, unterlag aber dem Chefideologen der Partei, Marc Jongen. Der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative, Hannes Gnauck, dem die Bundeswehr aufgrund rechtsextremistischer Umtriebe Kasernen- und Uniformverbot erteilt hat, wurde in den Vorstand gewählt.

Die Junge Alternative trägt ihre faschistische Haltung offen zurschau. An ihren Ständen auf dem Parteitag gab es Fan-Artikel für Krah und für die rechtsextremen Parolen, die in einem Club auf Sylt gegröhlt wurden, Aufkleberpakete mit dem Stichwort „Remigration“ und jede Menge rechtsextreme Literatur. Selbst gegen die deutsche Fußballnationalmannschaft wurde gehetzt, weil darin zu viele Migranten spielten. „Vielfalt statt Vaterland“, wie Höcke schimpfte.

Gegen den AfD-Parteitag protestierten und demonstrierten in Essen rund 100.000 Menschen. Die WSWS hat darüber berichtet. Die meisten waren gekommen, weil sie eine Rückkehr des Faschismus verhindern wollen und den Rassismus der AfD ablehnen. Doch die Organisatoren, ein breites Bündnis von Organisationen und Parteien, boten keine Perspektive, um dies zu erreichen. Im Gegenteil, mit ihrer rechten Politik des Sozialabbaus, der Aufrüstung, des Kriegs und der Abschiebung stärken sie die Faschisten.

Der Kampf gegen die AfD „ist keine Frage der parlamentarischen Arithmetik, sondern des Klassenkampfs,“ heißt es in einem Flugblatt, das die Sozialistische Gleichheitspartei auf den Demonstrationen verteilte. „Die Politik von SPD, Grünen und Linkspartei hat die AfD gestärkt und wird dies auch weiter tun, wenn ihnen niemand entgegentritt. Der Kampf gegen die AfD erfordert die Entwicklung einer unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse und der Jugend, die den Widerstand gegen Krieg, Faschismus und soziale Ungleichheit mit dem Kampf gegen ihre Ursache, den Kapitalismus, verbindet.“

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