Bayerisches Bundeswehrgesetz forciert Militarisierung der Gesellschaft

In Bayern hat vor wenigen Wochen die Koalition aus CSU und Freien Wählern das Bayerische Bundeswehrgesetz verabschiedet. Das Gesetz, das am 17. Juli im Landtag beschlossen wurde, verpflichtet Hochschulen und staatliche Schulen dazu, mit der Bundeswehr in Fragen der nationalen Sicherheit zu kooperieren.

Mit dem Gesetz tritt die Marschrichtung der herrschenden Klasse erneut offen zu Tage: Bildungseinrichtungen sollen Schritt für Schritt in den Dienst des deutschen Militarismus gestellt werden, um die von Kanzler Scholz propagierte „Zeitenwende“ umzusetzen. Bereits jetzt werden immer mehr Minderjährige rekrutiert und Schüler zum Krieg erzogen, um letztendlich die vollständige Militarisierung der Gesellschaft zu erreichen.

Gerechtfertigt wird das Bayerische Bundeswehrgesetz mit den imperialistischen Kriegsoffensiven in der Ukraine und in Gaza, denen bereits unzählige Menschen zum Opfer gefallen sind. Es ist davon auszugehen, dass das neue Gesetz – bundesweit das erste seiner Art – weiteren Bundesländern als Blaupause dienen wird.

Werbepostkarte der Bundeswehr

Das Gesetz soll der Indoktrination von Jugendlichen Tür und Tor öffnen, indem es der Bundeswehr den „Zutritt zu Schulen“ erleichtert. Staatliche Schulen sollen im Rahmen der politischen Bildung stärker mit Jugendoffizieren der Bundeswehr zusammenarbeiten. Dazu heißt es im Gesetz: „Die Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben dürfen im Rahmen schulischer Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten in ihrem Bereich informieren.“

Ferner sind durch das Gesetz Erleichterungen im Baurecht vorgesehen, um die Bundeswehr bei Bauvorhaben auf Militärgelände im Freistaat von bestimmten Vorschriften zu befreien.

Der zentrale Punkt des Gesetzes ist das Kooperationsgebot für Hochschulen in Bayern. Diese sollen dazu verpflichtet werden, mit der Bundeswehr zusammenzuarbeiten, indem sie „den ungehinderten Zugang (…) zu Forschung und Entwicklung“ sicherstellen. Dies gilt besonders in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Robotik und Cyberwaffen. Auch können Forschungsergebnisse den Nato-Partnern zur Verfügung gestellt werden. In Fragen der nationalen Sicherheit kann diese Kooperation sogar zur Pflicht werden. Die Wissenschaftler dürfen dann nichts mehr unternehmen, um eine militärische Nutzung ihrer Forschung zu verhindern.

Das Gesetz erklärt eine „Beschränkung der Forschung auf zivile Nutzungen“ für unzulässig. Demnach ist die Einführung einer sogenannten Zivilklausel, also einer freiwilligen Selbstverpflichtung wissenschaftlicher Einrichtungen, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen, an bayerischen Universitäten und Hochschulen ab sofort verboten – obwohl sie bislang noch an keiner bayerischen Universität in Kraft getreten ist.

Das Verbot ist nicht zuletzt die hysterische Reaktion der bayerischen Regierung auf die massiven studentischen Proteste gegen den Völkermord in Gaza, denen sich auch Münchener Studierende angeschlossen haben. Im Mai dieses Jahres wurde, wie zuvor an Universitäten in den USA und ganz Europa, auch vor der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) ein Protestcamp errichtet. Ein Thema war dabei auch das geplante Verbot der Zivilklausel. Mit dem Bundeswehrgesetz wird nun eine hypothetische Forderung der Studentenschaft bereits im Keim erstickt. Der nächste logische Schritt wäre dann ein Denkverbot.

Das Kooperationsgebot sowie das Verbot einer Zivilklausel greifen das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit massiv an. Zu dieser Frage kam es im Juli zu einer entlarvenden Debatte im bayerischen Landtag.

Die SPD, die in Bayern in der Opposition sitzt, stellte sich bezeichnenderweise hinter den Gesetzesentwurf und kritisierte nur, dass ihre eigenen Zusatzanträge nicht beachtet worden seien. Die AfD hatte schon ein halbes Jahr zuvor ein Verbot der Zivilklausel vorgeschlagen und konnte nun entspannt zuschauen, wie CDU, Freie Wähler und SPD ihre Politik umsetzten.

Die CSU bediente sich der absurden Umdrehung, die Zivilklausel – nicht das Bundeswehrgesetz! – sei ein Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) behauptete, ein solcher Eingriff sei es, wenn sich Hochschulen „mit einer Klausel verpflichten, irgendetwas nicht zu erforschen“. Kein Mensch könne einen Professor oder eine Professorin dazu zwingen, über irgendetwas zu forschen oder nicht zu forschen, so der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei.

Das ist eine groteske Verdrehung der Tatsachen. Ein Blick in die Geschichte beweist, dass Wissenschaftler sehr wohl dazu gezwungen werden können, ihre Forschung niederzulegen, wenn sie sich staatlichen Zwängen nicht beugen.

Im April 1933 wurde von den Nationalsozialisten das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ beschlossen, gefolgt von der Gleichschaltung von Wissenschaft und Forschung. Es kam zu einer Entlassungswelle von regimekritischen, jüdischen und politisch andersdenkenden Professoren und Forschern; etwa 20 Prozent der Universitätsangestellten waren davon betroffen. International renommierte Wissenschaftler wie die Physiker Albert Einstein und Max Born – um nur zwei zu nennen – mussten Deutschland „freiwillig“ verlassen.

Um dem Kooperationsgebot zu entgehen, könnten Forschende sich nur noch dazu entscheiden, ihre Forschungsergebnisse nicht zu veröffentlichen – ein durch und durch zynischer Ausweg, der dem Sinn und Zweck von Wissenschaft diametral entgegensteht.

Gegen das Gesetz gibt es im bayerischen Landtag keine prinzipielle Opposition. Was die Grünen betrifft, so haben sie am 17. Juli gegen das Gesetz gestimmt – ein heuchlerisches Manöver. Die Grünen sind bemüht, den Widerstand in der Bevölkerung gegen den allgemeinen Kriegskurs zu unterdrücken. In Berlin sitzen die Grünen selbst in der Bundesregierung, wo sie die Militarisierung aggressiv vorantreiben. In Bayern versuchen sie, sich als Pseudoopposition hinzustellen, um die wirkliche Opposition aufzufangen.

Eine Petition gegen das Gesetz hatten über 1.500 Menschen unterzeichnet, darunter auch der Liedermacher Konstantin Wecker und andere Prominente. Die Petition zielte jedoch lediglich darauf ab, die bayerische Staatsregierung und die Landtagsabgeordneten umzustimmen. Diese stimmten dem Gesetz am 17. Juli, noch vor der Sommerpause, jedoch mehrheitlich zu.

Eine prinzipielle Opposition, die sich an die Arbeiterklasse richtet, findet sich einzig und allein bei der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) und ihrer Jugend- und Studierendenorganisation, der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE). Diese kämpft für den Aufbau einer mächtigen Antikriegsbewegung in der internationalen Arbeiterklasse mit dem Ziel, die Ursache der imperialistischen Kriege – das kapitalistische Profitsystem – zu beseitigen und eine globale sozialistische Gesellschaft aufzubauen.

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