In einem massiven Verrat hat die Gewerkschaft International Longshoremen's Association (ILA) am Donnerstagnachmittag den mächtigen Streik von 45.000 Hafenarbeitern abgewürgt.
Hafenarbeiter müssen diesen Sabotageakt an ihrem Kampf entschieden zurückweisen. Der Streik demonstrierte das enorme Machtpotential der Arbeiterklasse: Sie hätte damit den Betrieb großer Unternehmen zum Stillstand bringen können, mehr noch, der Streik gefährdete den Nachschub für die globalen Kriege der USA. Aber je stärker der Streik, desto schneller musste er nach Ansicht der Gewerkschaftsbürokratie beendet werden.
Die ILA-Bürokratie sah sich gezwungen, der Biden-Regierung zu Hilfe zu eilen und sicherzustellen, dass der Strom von Waffen für Amerikas globale Kriege nicht unterbrochen wurde. Es reichte nicht, dass die Gewerkschaftsführung zusagte, auch während des Streiks militärische Fracht zu verladen. Der Gewerkschaftsapparat musste dem politischen Establishment beweisen, dass er verlässlich in der Lage sei, an der „Heimatfront“ für Ordnung zu sorgen.
Kurz vor dem Streikabbruch hatte der rechtskonservative Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, am Donnerstagnachmittag angekündigt, in den Häfen Floridas die Nationalgarde gegen den Streik einzusetzen. Dabei behauptete er fälschlicherweise, der Streik würde die Hilfsmaßnahmen nach dem Hurrikan Helene behindern.
Die Funktionäre der ILA, die den Streik für beendet erklärten, verkündeten lediglich eine „vorläufige Einigung“ über die Löhne, aber keinen vollständigen Tarifvertrag. Damit werden die Arbeiter unter den Bedingungen des bestehenden Vertrags, der um 90 Tage, bis zum 15. Januar, verlängert wird, an die Arbeit zurückgeschickt.
Gerüchten zufolge soll die Lohnvereinbarung eine Erhöhung um 61 Prozent über einen Zeitraum von sechs Jahren vorsehen. Es gibt jedoch keine Einigung über andere Aspekte, etwa den Schutz der Arbeitsplätze vor den Auswirkungen der Automatisierung. Dies war aber von Anfang an der Hauptgrund für den Streik.
Die Gewerkschaftsbürokraten behaupten, die dreimonatige Verlängerung werde den Verhandlungsführern „Zeit“ verschaffen, um diese und andere Bedingungen auszuhandeln. Dies ist absurd. Den Druck der Arbeiter auf die Verhandlungen haben sie freiwillig aufgegeben, indem sie den Streik beendet haben, ehe diese Gespräche überhaupt begonnen haben.
Es ist genau wie schon bei den begrenzten „Stand-Up“-Streiks der Autogewerkschaft United Auto Workers im letzten Jahr und bei den leeren Versprechungen und dem Ausverkauf streikbereiter UPS-Fahrer durch die Teamsters-Gewerkschaft. Im Zuge der technologischen Umstellung und Automatisierung der Betriebe werden die Weichen für massive Entlassungen gestellt. Die Bürokraten an der Spitze jeder Gewerkschaft verkünden lauthals „historische Siege“ bei Löhnen und anderen Themen, und kurze Zeit später, sobald die Verträge unter Dach und Fach sind, verlieren Tausende ihre Stelle.
In den letzten zwei Tagen gab es eine massive Kampagne der bürgerlichen Medien gegen den Streik. In mehreren Kommentaren, zum Beispiel im Wall Street Journal und im National Review, wurde Biden aufgefordert, eine Taft-Hartley-Antistreikverfügung zu erlassen. Business Insider bezeichnete den Streik als eine von drei „Krisen“, die den Präsidentschaftswahlkampf von Kamala Harris kippen könnten.
Zahlreiche Medien, darunter auch sogenannte „liberale“ Zeitungen wie die New York Times, berichteten auch über das Gewerkschaftsgehalt des ILA-Präsidenten Harold Daggett, das fast eine Million Dollar beträgt, um ihn diskret daran zu erinnern, dass er die Hand, die ihn füttert, nicht beißen soll.
Am Mittwoch bezeichnete Präsident Biden, der vor zwei Jahren einen Eisenbahnerstreik verboten hatte, den Hafenarbeiterstreik als „von Menschen verursachtes Desaster“. Er forderte die Gewerkschaft und die Hafenbetreiber auf, „diesen Streik zu beenden“. Dies war praktisch der Marschbefehl für die ILA-Bürokraten, den Streik zu beenden.
DeSantis' Drohung, den Streik niederzuschlagen, entlarvt die populistischen Ambitionen Trumps und der Republikaner. Sie profitieren von der Kriegsbesessenheit der Demokraten und ihrer offensichtlichen Gleichgültigkeit gegenüber der sozialen Krise, vor der die Arbeiter stehen. Ihr Versuch, durch rassistische Hetze gegen Einwanderer eine faschistische Bewegung aufzubauen, zielt darauf ab, jeglichen Widerstand gegen die Profitgier der Konzerne und die imperialistischen Kriege zu brechen.
Monatelang haben Daggett und andere mit langatmigen, vulgären Tiraden gegen die Hafenbetreiber auf die Pauke gehauen. Dies geschah lediglich in der Absicht, sich an die Spitze der Streikbereitschaft zu stellen und die treibenden Kräfte, die enorme Wut an der Basis, unter Kontrolle zu halten. Wie die WSWS warnte, haben sie den Streik bei der ersten Gelegenheit ausverkauft.
Der Hafenarbeiterstreik hat gezeigt, dass die Arbeiterklasse in der Lage ist, Kriege zu stoppen und die Gesellschaft im Interesse der breiten Bevölkerungsmehrheit – und nicht der wenigen Reichen – umzugestalten. Dieselben Profitinteressen, die die Kriege im Ausland antreiben, stehen auch hinter den Angriffen auf die Arbeiterklasse in Form von Automatisierung, zwangsweisen Überstunden und Lohnstagnation.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die internationale Belegschaft in der Schifffahrtsindustrie ist ein Mikrokosmos der globalen Einheit der Arbeiterklasse. Sie besteht aus Arbeitern aller Kontinente, die bei globalen Unternehmen beschäftigt sind. Arbeiter haben kein Interesse daran, sich in Eroberungskriegen gegenseitig die Gurgel abzuschneiden.
Aber der Verrat am Streik zeigt, dass die Macht der Arbeiterklasse nur durch einen unerbittlichen Kampf gegen die wirtschaftsfreundliche Gewerkschaftsbürokratie organisiert werden kann. Arbeiter müssen sich gegen den Apparat auflehnen und neue Kampforgane bilden: Aktionskomitees, um eine demokratische Kontrolle durchzusetzen und breite Verbindungen zu den Arbeitern auf der ganzen Welt herzustellen.
In Detroit haben einfache Autoarbeiter erklärt, dass sie gerne dem Beispiel der Hafenarbeiter folgen und streiken würden, um ihre Arbeitsplätze zu verteidigen. Sie sind mit Massenentlassungen konfrontiert, welche die Zustimmung der UAW-Bürokraten haben, darunter 2.400 Entlassungen im Warren Truck-Werk schon nächste Woche.
Der Hafenarbeiterstreik genoß große Unterstützung bei Arbeitern im ganzen Land, die sich einem kollektiven Kampf gerne anschließen wollten, um gemeinsame Forderungen durchzusetzen. Am Donnerstagnachmittag publizierte das Aktionskomitee der Boeing-Arbeiter eine Erklärung, in der es zur Einheit mit den Hafenarbeitern aufrief, um „Arbeitsplätze zu verteidigen und den Weltkrieg zu stoppen“.
„Wir müssen unseren Vorteil nutzen“, heißt es in der Erklärung. „Gewerkschaftsfunktionäre sind überall in der Defensive, denn nach Jahren steigender Inflation, schlechter Gesundheitsversorgung und ungelöster und tödlicher Sicherheitsprobleme wird die Wut an der Basis immer größer.“
Hafenarbeiter müssen sich organisieren, um gegen diesen Verrat vorzugehen. Sie müssen sich in unabhängigen Aktionskomitees zusammenschließen, um einen echten Kampf aufzunehmen, der sich gegen die Hafenbetreiber und die kapitalistischen Parteien, wie auch gegen ihre Lakaien im Gewerkschaftsapparat, richtet.
Im Grunde ist dies eine neue Etappe in einem wachsenden Konflikt zwischen der Gewerkschaftsbürokratie und der Arbeiterklasse. Je schamloser die Funktionäre den Willen der Basis missachten, desto mehr Arbeiter werden zu dem Schluss kommen, dass eine neue Strategie nötig ist. Arbeiter müssen sich der wachsenden Bewegung der Aktionskomitees anschließen, um die Arbeiterklasse in den USA und auf der ganzen Welt zu vereinen.