„You can’t deport a movement – Stop all deportations! Defend the #Berlin4!“

Berliner Protest gegen Abschiebung von vier Genozid-Gegnern

Etwa 500 Demonstranten versammelten sich am Montagmorgen in der Nähe des Berliner Abgeordnetenhauses und protestierten für die Verteidigung von vier Anti-Genozid-Aktivisten, denen eine Abschiebung droht. Obwohl sie nicht gerichtlich verurteilt wurden, sind die drei EU-Bürger und ein US-Bürger aufgefordert, Deutschland bis zum 21. April zu verlassen. Ansonsten sollen sie zwangsabgeschoben werden.

Kundgebung zur Verteidigung der vier Gaza-Aktivisten am 7. April 2025 im Zentrum Berlins

Zur gleichen Zeit fand im Abgeordnetenhaus eine Sitzung des Berliner Innensenats unter Leitung der SPD-Innensenatorin Iris Spranger statt, auf der auch über den Abschiebebescheid gegen die vier Berliner diskutiert wurde.

Zu dem Protest unter dem Motto „You can’t deport a movement – Stop all deportations! Defend the #Berlin4!“ hatte ein Bündnis verschiedener pro-palästinensischer Organisationen eingeladen, darunter das International Jewish Anti-Zionist Network (IJAN), der Irish Bloc Berlin und Sozialismus von unten, bis vor kurzem eine staatskapitalistische Gruppe in der Linkspartei.

Unter den ersten Rednern war Shane O’Brien, einer der vier Betroffenen. Der 29-jährige Ire, dem die Abschiebung droht, prangerte die Bundesregierung an: „Seit Israel am 18. März den Waffenstillstand gebrochen hat, wurden 500 Kinder ermordet – mit voller Unterstützung und Rückendeckung durch die deutsche Regierung.“

Shane O’Brien auf der Kundgebung am 7. April 2025 in Berlin

Er schilderte die brutalen Verbrechen in Gaza, wie die „kaltblütige Hinrichtung“ von 15 Mitarbeitern der Hilfsorganisationen und die Verhaftung des Krankenhaus-Direktors Dr. Hussam Abu Safiya. „Die Erde bebt in Gaza. Die Leichen von Gaza fliegen Dutzende von Metern durch die Luft.“

Der Abschiebebescheid gegen ihn sei ein „erbärmlicher und schwacher Versuch, diejenigen einzuschüchtern, die gegen den Völkermord aufstehen“, sagte O’Brien und rief zu mehr Widerstand auf: „Wer sich nicht aktiv dem Völkermord widersetzt, macht sich mitschuldig.“

Für die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) sprach Katja Rippert. Sie rief dazu auf, den Protest zum Ausgangspunkt einer breiten und internationalen Kampagne zu machen, um die Abschiebungen zu verhindern.

Katja Rippert (IYSSE) spricht auf der Kundgebung am 7. April 2025 in Berlin

„Unsere Antwort muss lauten: Der Angriff auf Shane O’Brien, Roberta Murray, Kasia Wlaszczyk und Cooper Longbottom ist ein Angriff auf uns alle! Denn was ist das vermeintliche Verbrechen, für das sie kriminalisiert werden? Alle vier haben gegen den Völkermord in Gaza protestiert, der laut offiziellen Zahlen über 50.000 Opfer gefordert hat. Ausgerechnet hier in Deutschland sollen wieder Menschen deportiert werden, weil sie gegen einen Genozid auf die Straße gehen.“

Rippert betonte, dass sich die Verfolgung gegen die gesamte arbeitende Bevölkerung und Jugend richtet. Der Fall sei Teil einer internationalen Entwicklung von Krieg und Repression.

Sie verwies darauf, dass vor genau 92 Jahren – am 7. April 1933 – in Nazi-Deutschland das sogenannte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in Kraft trat. Es lieferte den Rahmen für die Säuberung der Universitäten und Behörden von Jüdinnen und Juden ebenso wie politischen Gegnern.

In den USA erleben wir heute erneut eine Gleichschaltung der Hochschulen. Die Unileitungen beugen sich Trumps Forderungen und ermöglichen die Abschiebung von Kriegsgegnern.

Auch hier in Deutschland errichten die Eliten einen Polizeistaat. Trotz ihrer Differenzen mit Trump sind sie sich in einem Punkt einig: Jeglicher Protest in der eigenen Bevölkerung soll mit allen Mitteln unterdrückt werden.

80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg unterstütze die Bundesregierung einen Völkermord und rüste auf wie seit Hitler nicht mehr. Diese Kriegspolitik werde von allen bürgerlichen Parteien unterstützt. Rippert hob hervor, dass auch die Linkspartei der Aufrüstung zugestimmt, den Genozid verteidigt und in allen Landesregierungen, wo sie beteiligt ist, Geflüchtete abgeschoben habe.

Der Völkermord könne daher nicht durch Druck auf die Regierungen oder Appelle an die kapitalistischen Parteien beendet werden. „Nur die internationale Arbeiterklasse – die mächtigste gesellschaftliche Kraft – kann den Kriegswahnsinn stoppen“, so Rippert.

Die IYSSE werden alles daransetzen, eine breite Kampagne zur Verteidigung der vier Aktivisten zu unterstützen. Doch ihr Schicksal hängt davon ab, dass wir eine revolutionäre Bewegung in der Arbeiterklasse aufbauen, die gegen den Krieg und seine Wurzel kämpft: den Kapitalismus.

Zahlreiche Vertreter anderer Organisationen sprachen auf der Kundgebung, darunter Ramsis Kalil, dessen Familie 2014 durch einen israelischen Luftangriff in Gaza getötet wurde und der selbst im letzten Dezember wegen pro-palästinensischen Positionen aus der Linkspartei ausgeschlossen worden war.

Mit Ferat Koçak und Ahmed Abed sprachen zwar auch zwei Neuköllner Linkspartei-Mitglieder – doch von den offiziellen Gremien der Partei ist zum Fall der vier Gaza-Aktivisten nur ohrenbetäubendes Schweigen zu vernehmen.

Ein weiterer Redebeitrag war dem Gedenken an die in Gaza getöteten Journalisten gewidmet, darunter der 24-jährige Al-Jazeera-Korrespondent Hossam Shabat, der am 24. März durch einen gezielten israelischen Luftangriff ermordet wurde.

Gestern, am Tag der Demonstration, beschossen die israelischen Streitkräfte ein Pressezelt vor dem Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis und töteten mindestens zwei Menschen, mehrere wurden schwerverletzt. Eines der Opfer ist der Journalist Helmi al-Faqawi.

Rachel Shapiro von IJAN, die von Holocaustüberlebenden abstammt, erinnerte in ihrer Rede an die Geschichte des Kundgebungsorts im Zentrum Berlins – ganz in der Nähe des ehemaligen Reichskolonialamts, wo die kolonialen Völkermorde des Kaiserreichs geplant worden seien, und nur ein Block vom Hauptquartier der Gestapo entfernt, „die Millionen Menschen entführte, verschwinden ließ und in den Tod deportierte“.

Im Interview mit der WSWS führte Shapiro aus, dass die Maßnahmen der deutschen Behörden sie „in unheimlicher Weise darin erinnern, was meine Familie in den 1930er und 1940er Jahren durchgemacht hat“.

Besonders jüdische Menschen hätten die Verantwortung, gegen das zionistische Regime in Israel ebenso wie die autoritäre Politik des deutschen Staats zu protestieren. Es gehe nicht nur um die vier Betroffenen, sondern darum, alle Abschiebungen zu verhindern. Deutschland habe hunderte Millionen Euro an Waffen an Israel geliefert. Das Geld für die Aufrüstung fließe „in die Ermordung von Menschen im Nahen Osten“.

Die WSWS sprach auf der Demonstration auch mit K., einem staatenlosen Palästinenser, der aus Angst vor möglicher Verfolgung anonym bleiben will. Er sagte: „In Gaza findet ein livegestreamter Genozid statt. Und die westlichen Staaten tun nichts dagegen, weil sie und die Rüstungsfirmen davon profitieren, dass der Genozid weiterläuft.“

Er fürchtet, dass alle pro-palästinensischen Aktivisten von ähnlichen Repressalien betroffen sein könnten. Bereits vor einigen Wochen seien zwei Palästinenser nach Griechenland abgeschoben worden. „Wir sollten gegen jede Abschiebung so eine Aktion machen“, sagte er und schloss mit den Worten: „Eure Arbeit ist wichtig. Journalisten haben jetzt eine sehr große Verantwortung, die Informationen hier aus Berlin und aus Gaza zu veröffentlichen.“