Verschärftes Asylgesetz in Griechenland kriminalisiert Geflüchtete

Luftaufnahme eines Friedhofs für Flüchtlinge und Migranten mit Gräbern von Menschen, die bei der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland in der Ägäis ums Leben gekommen sind [AP Photo/Petros Giannakouris]

Flüchtlinge werden in Griechenland künftig wie Kriminelle behandelt. Das ist der Wesenskern des verschärften Asylgesetzes, das die griechische Regierung unter der rechten Nea Dimokratia (ND) vor einer Woche durch das Parlament gebracht hat.

Schutzsuchenden, die kein Asyl erhalten und „illegal“ im Land bleiben, drohen ab sofort hohe Gefängnis- und Geldstrafen. Diese Menschen haben meist eine lebensgefährliche Fluchtroute auf sich genommen und oft das gesamte Ersparte der Familie hingegeben, um Krieg, Verfolgung und Armut in ihrer Heimat zu entkommen. Jetzt werden sie in Europa nicht nur wie Vieh behandelt, sondern auch per Gesetz hinter Gitter gebracht, wenn sie nicht „freiwillig“ in das Elend zurückkehren, vor dem sie gerade geflohen sind.

Das neue Gesetz wurde in der Nacht vom Dienstag, den 2. September, auf Mittwoch mit den Stimmen der Regierungspartei, die im Parlament die Mehrheit hat, verabschiedet. Bereits im Juli hatte die Regierung beschlossen, alle Asylanträge von Flüchtlingen aus Nordafrika für drei Monate auszusetzen, womit das Asylrecht vollständig ausgehebelt wurde.

Die pseudolinke Oppositionspartei Syriza hat die Gesetzesverschärfung kritisiert und dabei geflissentlich verschwiegen, dass sie selbst in ihrer vierjährigen Amtszeit die menschenverachtende EU-Politik gegen Flüchtlinge umgesetzt und damit der heutigen Regierung den Weg bereitet hat.

Die Asylreform umfasst ein ganzes Bündel von Maßnahmen, mit denen geflüchtete Menschen entrechtet, terrorisiert und verfolgt werden:

  • Die Frist für die freiwillige Ausreise wird von 25 auf 14 Tage verkürzt, d. h. ein abgelehnter Asylbewerber hat nur noch zwei Wochen Zeit, um das Land zu verlassen.
  • Bleibt er „illegal“ in Griechenland, drohen Gefängnishaft von zwei bis fünf Jahren ohne Bewährung sowie Geldstrafen von mindestens 5.000 Euro und bis zu 10.000 Euro bei illegaler Wiedereinreise.
  • Migranten ohne Papiere erhalten keinen Rechtsstatus mehr nach sieben Jahren Aufenthalt in Griechenland, so wie es bisher der Fall war. Das bedeutet in der Praxis, dass sie als „illegale“ Migranten jederzeit verhaftet werden können und vom Gesundheitssystem, Arbeitsmarkt und Wohnungsmarkt ausgeschlossen bleiben.
  • Neuankömmlinge ohne gültige Dokumente werden in geschlossene Einrichtungen gesperrt. Diese Verwaltungshaft wird von 18 auf bis zu 24 Monate verlängert.
  • Abgelehnte Asylbewerber werden während der Ausreisefrist durch eine elektronische Fußfessel überwacht, damit sie sofort verhaftet werden können, falls sie nicht ausreisen.
  • Die Zahl der sogenannten „sicheren“ Herkunftsländer wird erweitert, damit Menschen nun auch in Drittstaaten abgeschoben werden können, in denen sie zum ersten Mal Asyl beantragt haben.
  • Erstmals wird im Gesetz ein Einreiseverbot für Personen festgelegt, die als „Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit“ eingestuft werden – eine Regelung, die weit ausgelegt werden kann und eine willkürliche und pauschale Anwendung ermöglicht.

Diese Angriffe treffen ganz unmittelbar die große Mehrheit der Flüchtlinge, da immer weniger Schutzsuchende in Griechenland ein ordnungsgemäßes Asylverfahren erhalten, geschweige denn Asyl zuerkannt bekommen. Laut Zahlen der EU-Asylagentur ist die Anerkennungsquote in der EU auf 25 Prozent gesunken – den niedrigsten je gemessenen Wert. In Griechenland gibt es keine exakten Angaben, doch die Quote dürfte noch niedriger liegen.

Dass Thanos Plevris, seit Juni neuer Migrationsminister, dieses brutale Gesetz auf den Weg bringt, ist kein Zufall. Plevris ist ein berüchtigter Rechtsextremer mit engen Verbindungen zu Neonazis. Bis zu seinem Übertritt zur ND 2012 war er Abgeordneter der rechtsextremen Partei Laos (Orthodoxer Volksalarm). Sein Vater Konstantinos Plevris, den er als Anwalt einst vor Gericht verteidigte, ist ein Antisemit und gilt als ideologischer Wegbereiter der Neonazipartei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte).

Was Plevris heute als Migrationsminister umsetzt, steht schon lange auf seiner politischen Agenda. 2011 rief er offen zur Tötung von Flüchtlingen auf. Auf einer Veranstaltung erklärte er unter dem Beifall seiner faschistischen Anhänger: „Es gibt keinen Grenzschutz ohne Tote.“ Man müsse Migranten in Griechenland abschrecken: „Die Hölle soll ihnen wie das Paradies erscheinen, nach dem was sie hier erlebt haben!“

Die Flüchtlingspolitik der letzten Jahre – von Pushbacks auf hoher See bis hin zu Konzentrationslagern – hat Griechenland längst in eine Hölle für die meisten Flüchtlinge verwandelt. Doch das reicht Plevris nicht. Er will auch die letzten Reste an Menschenrechten, die es für Geflüchtete – zumindest auf dem Papier – noch gab, über Bord werfen.

In seiner Parlamentsrede in der vergangenen Woche brüstete sich Plevris: „Ich sage das mit großem Stolz: Ich bin froh, Minister dieser Regierung zu sein, die den illegalen Aufenthalt im Land unter Strafe stellt.“ Er wandte sich mit einer direkten Drohung an die Flüchtlinge:

Wenn dein Asylantrag abgelehnt wird, hast du zwei Möglichkeiten. Entweder du landest im Gefängnis oder du kehrst in dein Heimatland zurück. Der griechische Staat akzeptiert dich nicht. Du bist nicht geduldet, da du illegal eingereist bist. Du hast nur eine Wahl: zurückzukehren. Du bist nicht willkommen.

Mit seiner rabiaten Rhetorik eifert Plevris den migrantenfeindlichen Tiraden Donald Trumps nach, den er offen verehrt. Nach dessen Wahl im November 2024 gratulierte Plevris dem neuen amerikanischen Präsidenten auf X zu seinem „großen Sieg“, unter anderem wegen seiner Haltung gegen illegale Einwanderung. Er bezeichnete seine Wahl als „wichtige Botschaft für die EU“ und beschwor die „gute Zusammenarbeit“ Griechenlands mit Trump.

Plevris schert sich ebenso wie Trump nicht darum, seine verbrecherische Migrationspolitik zu bemänteln und auf humanitäre Bedenken einzugehen. Vielmehr prahlt er damit, in der EU den Ton vorzugeben. Die Kritik vieler Menschenrechtsorganisationen an seinen Vorhaben wies er in einer Fernsehsendung im August als „irrelevant“ zurück. „Die Migrationspolitik wird von der Regierung festgelegt. Die Rückführungen, sowohl zwangsweise als auch freiwillig, sind sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene das große Anliegen. Und Griechenland spielt in dieser Debatte eine führende Rolle.“

In der Tat: Die jüngste Gesetzesverschärfung ist kein nationaler Alleingang der ND-Regierung, sondern integraler Bestandteil der europäischen Antiflüchtlingspolitik. Auf einem Treffen der EU-Innenminister in Kopenhagen Ende Juli, auf dem weitere Angriffe auf Geflüchtete diskutiert wurden, warb Plevris für seine Pläne.

Laut einem Bericht von Politico führte er mehrere bilaterale Hinterzimmergespräche mit EU-Vertretern. Die Zeitung zitiert einen griechischen Regierungsvertreter, der anonym bleiben will, mit den Worten: „Die neue griechische Gesetzgebung hat bei den Ministern besonderes Interesse geweckt, da sie als die strengste gilt, die jemals auf EU-Ebene vorgelegt wurde.“

Plevris traf sich demnach mit seinen Amtskollegen aus Österreich, Frankreich und Deutschland sowie mit Vertretern der EU-Grenzschutzagentur Frontex, um über die Abschottung der Außengrenzen und weitere Maßnahmen zur Abschreckung von Geflüchteten zu beraten.

Die europäische Bourgeoisie steht vollständig hinter der Asylverschärfung in Griechenland und hat bereits begonnen, ähnliche rechtsextreme Angriffe auf Migranten in ihren eigenen Ländern durchzusetzen.

Am vergangenen Mittwoch, kurz nach der Abstimmung des griechischen Asylgesetzes, nahm die deutsche Bundesregierung die nächste Hürde in der Verschärfung ihrer Flüchtlingspolitik: Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) brachte zwei Gesetze durch das Bundeskabinett, mit denen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) auch in Deutschland umgesetzt werden soll. Diese ermöglicht eine noch stärkere Abschottung der EU, schnellere Abschiebungen und die Inhaftierung von Geflüchteten in Lagern an den Außengrenzen.

Deutschland schiebt seit diesem Jahr auch wieder verstärkt Flüchtlinge nach Griechenland ab. In den Vorjahren galt faktisch ein Abschiebestopp aufgrund der verheerenden Lage von Geflüchteten in Griechenland. Obwohl sich die Situation weiter zugespitzt hat, urteilte das Bundesverwaltungsgericht in diesem April in einer Grundsatzentscheidung, es gäbe dort keine unmenschlichen oder erniedrigenden Lebensbedingungen für Flüchtlinge.

In Großbritannien läuft zur Zeit eine rechtsextreme Hetzkampagne der Regierung und etablierten Medien gegen sogenannte „Asylhotels“, in denen Flüchtlinge untergebracht sind. Der Tory-Politiker Robert Jenrick, der der nächste Vorsitzende der Konservativen Partei werden könnte, begrüßte zuletzt die Vorschläge des Rechtsextremen Nigel Farage, der Asylbewerber in Konzentrationslager pferchen will, aber versuchte ihn dann von rechts zu überholen: Diese Lager sollten „rudimentäre Gefängnisse“ sein, so Jenrick.

Die Angriffe auf Geflüchtete dienen den Herrschenden in allen Ländern dazu, demokratische Rechte auszuhebeln und einen Rundumschlag gegen sämtliche sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse vorzubereiten. Parallel zum jüngsten Asylgesetz treibt die griechische Regierung die militärische Aufrüstung voran und verschärft mit dem neuen Arbeitsgesetz die kapitalistische Ausbeutung.

Um die Arbeiter zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen, werden die schwächsten und hilflosesten – die Flüchtlinge – als erstes ins Visier genommen und zum Sündenbock für gesellschaftliche Probleme gemacht, die in Wirklichkeit das Ergebnis der kapitalistischen Krise sind.

Dem regelrechten Krieg gegen Flüchtlinge muss die Arbeiterklasse mit ihrem eigenen Programm entgegentreten: der konsequenten Verteidigung ihrer zugewanderten Kollegen und Nachbarn und der internationalen Vereinigung aller Arbeiter in einer sozialistischen Bewegung.

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