Die Behauptung von SPD, Linkspartei, Gewerkschaften und Medien, ein Bündnis aller sogenannten „Demokraten“ werde den Aufstieg der AfD stoppen, wird täglich widerlegt.
Vor wenigen Tagen veröffentlichte das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap aktuelle Umfragezahlen für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im kommenden Jahr. Danach hat die AfD ihren Stimmenanteil gegenüber der Landtagswahl 2021 nahezu verdoppelt und erreicht fast 40 Prozent. Sie wäre dann in Sachsen-Anhalt mit Abstand stärkste Partei.
Die CDU und die SPD, die im Bund und Sachsen-Anhalt regieren, fallen in der Umfrage massiv zurück. Die CDU büßt zehn Prozent ein und rutscht auf 27 Prozent ab. Die SPD nähert sich mit 7 Prozent der Fünfprozenthürde und droht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Auch bei der Kommunalwahl am kommenden Sonntag in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland mit dem Ruhrgebiet als ehemaligem Zentrum der Schwerindustrie, zeichnen sich Stimmengewinne der AfD ab. Es ist der erste Urnengang seit der Bundestagswahl im Februar. Die Wahl wird als politischer Stimmungstest gewertet. Bei einer bundesweiten Umfrage vor zwei Tagen lag die AfD mit 25 Prozent einen Punkt vor der CDU und war damit stärkste Partei.
Bei all diesen Angaben handelt es sich um Umfragen, die Stimmungen nicht nur testen, sondern auch erzeugen. Dennoch ist unübersehbar, dass der rechte Kurs der Merz-Regierung, die die Politik der AfD in wesentlichen Bereichen übernimmt, die Faschisten stärkt.
Die Behauptung von Innenminister Dobrindt (CSU), seine Politik mache die AfD überflüssig, weil sie sich nicht auf verbale Ausländerhetze beschränkt, sondern diese in die Tat umsetzt, indem sie das Asylrecht weiter einschränkt, Grenzkontrollen einführt, die Polizei aufrüstet und demokratische Rechte abschafft, ist rechte Demagogie. In Wirklichkeit stärkt die Umsetzung ihrer Politik durch die Regierung die rechtsextreme Partei.
Der politische Mechanismus, der zum Anwachsen der AfD führt, ist offensichtlich. CDU/CSU und SPD, die beiden Hauptparteien des deutschen Imperialismus, die sich seit Jahrzehnten im Kanzleramt abwechseln, reagieren auf die Verschärfung der weltweiten Krise des Kapitalismus und die Wahl von Donald Trump mit einer Zeitenwende. Sie stecken über eine Billion Euro in Aufrüstung und Krieg und finanzieren dies durch die Zerschlagung des Sozialstaats. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien unterstützen sie dabei.
Die AfD stärkt dies in doppelter Hinsicht. Zum einen schlachtet sie die Wut und Empörung über die etablierten Parteien demagogisch aus und lenkt sie in eine reaktionäre, ausländerfeindliche Richtung, zum anderen formuliert sie das faschistische Programm, das erforderlich ist, um Kriegspolitik und Sozialabbau gegen wachsenden Widerstand durchzusetzen, und gewinnt damit unter den herrschenden Eliten wachsende Unterstützung.
Eine besonders üble Rolle spielen dabei die Linkspartei und das aus ihren Reihen entstandene BSW. Sie lehnen einen prinzipiellen Kampf gegen den Kapitalismus ab, unterstützen die Gewerkschaften, die jeden Kampf gegen Massenentlassungen, Sozialabbau und Krieg blockieren, und arbeiten eng mit den Regierungsparteien zusammen. In mehreren Bundesländern stellen sie Minister und verwirklichen selbst die arbeiterfeindliche Politik. So sabotieren sie eine linke, fortschrittliche Offensive im Kampf gegen die Regierung und die AfD.
So nimmt die Fäulnis des politischen Systems immer weiter zu, aus der die rechten, faschistischen Kräfte wachsen und gezielt aufgebaut werden. Während die Regierung offiziell an der „Brandmauer“ gegen die AfD festhält, reichen ihr hochrangige Vertreter der Regierungsparteien – Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, Unionsfraktionschef Jens Spahn, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann u.a. – längst die Hand.
Julia Klöckner und ihr rechtsextremes Netzwerk
Die Winzer-Tochter und ehemalige „Deutsche Weinkönigin“ Julia Klöckner aus Bad Kreuznach ist Mitglied des CDU-Präsidiums und seit dem Frühjahr Bundestagspräsidentin. Protokollarisch übt sie damit hinter Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (SPD) das zweithöchste Amt der Republik aus.
Klöckner unterhält enge Kontakte zu Politikern und Unternehmern, die eine Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU/CSU anstreben. Dazu zählt der Milliardär und Software-Unternehmer Frank Gotthardt.
Mitte August sprachen Klöckner und Gotthardt auf einem Sommerfest der CDU Koblenz, das in den Unternehmensräumen von Gotthardt stattfand. In ihrem Grußwort lobte Klöckner die freundliche und tatkräftige Unterstützung von Gotthardt für die CDU.
Frank Gotthardt ist Eigentümer von Nius, einer rechtsradikalen Medienplattform, die er vor drei Jahren aufgebaut hat, um eine enge Zusammenarbeit von CDU und AfD zu entwickeln. Redaktionell wird Nius vom ehemaligen Chefredakteur der Bild-Zeitung, Julian Reichelt, geleitet, der als rechter Hetzer bekannt ist.
Zu Gotthardts Firmenimperium gehört auch die CompuGroup Medical (CGM), ein auf Arztpraxen und Apotheken konzentriertes Software-Unternehmen. Zwischen Gotthardt, Reichelt und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn, der von 2018 bis 2021 Bundesgesundheitsminister war, bestehen enge Verbindungen, wie die Recherche-Plattform Correctiv aufgedeckt hat. Danach ist der Umsatz der CGM (CompuGroup Medical) in Spahns Amtszeit stark gestiegen.
Einen Monat bevor Klöckner auf dem CDU-Sommerfest ihre Laudatio auf Gotthardt hielt, hatte Reichelt auf Nius eine beispiellose Hetzkampagne gegen die Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf geführt, die von der SPD als Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagen worden war.
Reichelt forderte ultimativ, Brosius-Gersdorf müsse „verhindert werden!“ Er stützte sich dabei laut Recherchen des Spiegels auf die AfD-freundliche Plattform Apollo News, die der Staatsrechtsprofessorin vorwarf, Abtreibungen und eine Impfpflicht zu befürworten. Später stellte sich heraus, dass die Anschuldigungen frei erfunden waren. Trotzdem veröffentlichte Nius innerhalb von zehn Tagen mehr als zwanzig Hetzartikel über Brosius-Gersdorf, die später ihre Kandidatur zurückzog.
Als Klöckner wegen ihrer Nähe zu Gotthardt kritisiert wurde, feuerte sie zurück, sie lasse sich von niemandem vorschreiben, mit wem, wann und wo sie Gespräche führe. Außerdem, so Klöckner, unterschieden sich die journalistischen Methoden von Nius nicht wesentlich von denen der Grünen-nahen taz.
Wenige Tage später berichteten Die Zeit und andere Medien über noch engere Verbindungen zwischen Klöckner und Gotthardt. Der Nius-Eigentümer hatte im Frühsommer 2023 gemeinsam mit der damaligen CDU-Schatzmeisterin verabredet, ein gemeinsames Unternehmen namens „CDU App GmbH“ zu gründen.
Das Projekt mit dem Namen „China Club“ – benannt nach dem Edel-Club im Berliner Adlon, wo die Anfangsgespräche stattfanden – sollte die „Kampagnefähigkeit, Mitgliederpartizipation, Parteiverwaltung und Kommunikation“ der CDU verbessern. Es hätte dem rechten Nius-Chef weitgehenden Zugriff auf Parteiinformationen und Mitgliederbeeinflussung gegeben. Nach interner Kritik wurde das Unternehmen zumindest vorübergehend eingestellt.
Eine andere rechte Seilschaft der CDU läuft über ihren Generalsekretär Carsten Linnemann, der sich in Medienberichten mit den Worten zitieren lasst: „Das Nazi-Bashing gegen die AfD und das Brandmauergerede müssen aufhören.“
Als CDU-Chef Merz, der damals noch nicht Kanzler war, Ende Januar seinen 5-Punkte-Plan zur Migrationspolitik mit den Stimmen der AfD im Parlament durchboxte, zogen Linnemann, Klöckner, Spahn & Co. die Fäden.
Damals gingen Hundertausende auf die Straße, um gegen diese rechte Provokation zu protestieren. Doch auf den Kundgebungen betonten die Funktionäre von SPD, Linkspartei und Gewerkschaften, der Kampf gegen rechts erfordere ein „Bündnis aller Demokraten“. Heute, acht Monate später, zeigt sich, wie falsch diese Orientierung war. Die gegenwärtige Koalitionsregierung, die von der Linkspartei unterstützt wird, bremst die AfD nicht, sondern verwirklicht ihre Politik und stärkt sie.
Deshalb betonen wir: Man muss der politischen Realität ins Gesicht sehen. Es gibt unter den Bundestagsparteien kein kleineres Übel. Sie unterstützen alle die Politik der Aufrüstung, finanziert durch Sozialabbau und sind selbst bereit mit der extremen Rechten zu paktieren.
Der einzige Weg, den Aufstieg der AfD und die Rechtswendung im Staatsapparat zu stoppen, ist der Aufbau einer internationalen sozialistischen Bewegung in der Arbeiterklasse und der Jugend, die den Kampf gegen Krieg, Militarismus, Sozialabbau und Diktatur mit dem Kampf gegen Kapitalismus und für eine sozialistische Gesellschaft verbindet. Das erfordert den Aufbau der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), die diese Perspektive vertritt.