Wachsende Weltkriegsgefahr

Nato-Mächte verschärfen Konfrontation mit Russland nach Drohnenabschuss über Polen

NATO-Generalsekretär Mark Rutte (rechts) und der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa (SACEUR), General Alexus G. Grynkewich, sprechen am Freitag, 12. September 2025, im NATO-Hauptquartier in Brüssel vor den Medien [AP Photo/Virginia Mayo]

Der Abschuss russischer Drohnen über Polen hat eine neue Stufe im Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine eingeleitet und droht, eine direkte militärische Konfrontation zwischen den europäischen Atommächten und Moskau auszulösen.

Obwohl der Kreml versichert, dass die Drohnen nicht auf Polen zielten und wahrscheinlich versehentlich die Grenze überquerten, propagieren die europäischen Mächte unablässig das Narrativ eines „russischen Angriffs“ und nutzen den Vorfall, um ihre Kriegsoffensive zu verschärfen. Sie eskalieren nicht nur rhetorisch, sondern ergreifen konkrete militärische Maßnahmen, die den Kontinent an den Rand der Katastrophe bringen.

Am Freitag kündigte Nato-Generalsekretär Mark Rutte den Start der Operation Eastern Sentry zur „Stärkung der Verteidigung an der Ostflanke“ an. Mit Bezug auf die Drohnen erklärte er: „Das ist rücksichtslos und inakzeptabel. Wir können es nicht zulassen, dass russische Drohnen den Luftraum des Bündnisses verletzen.“ Die Operation werde, so Rutte, Ressourcen aus Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und anderen mobilisieren, darunter Fähigkeiten, die „speziell auf die Herausforderungen durch Drohnen ausgerichtet“ seien.

US-General Alexus Grynkewich, Nato-Oberbefehlshaber in Europa, ordnete den sofortigen Beginn der Operation an. Frankreich entsandte drei Rafale-Kampfjets nach Polen zur Luftraumüberwachung, während Deutschland ankündigte, sein Eurofighter-Kontingent von zwei auf vier Maschinen zu verdoppeln und den Einsatz über polnischem Luftraum mindestens bis zum 31. Dezember zu verlängern.

Polen hat entlang seiner gesamten Ostgrenze – von der Slowakei im Süden bis nach Litauen im Norden – eine Flugverbotszone bis zum 9. Dezember eingerichtet, während Lettland ebenfalls seinen Luftraum an den Grenzen zu Belarus und Russland schloss. Gleichzeitig schloss Warschau seine Grenzübergänge zu Belarus unter Verweis auf den Beginn der russisch-belarussischen Militärübung Sapad. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, verurteilte Polens „konfrontative Schritte“ und warnte Warschau, es möge „die Konsequenzen solch kontraproduktiver Maßnahmen bedenken“.

Die Nato-Mächte stellen sowohl die Sapad-Übungen, die seit Jahren regelmäßig stattfinden, als auch die fehlgeleiteten Drohnen als Kriegshandlungen dar, die militärische Vergeltung erfordern. In Wirklichkeit sind sie selbst die Aggressoren. Russlands reaktionäre Invasion der Ukraine ändert nichts an der Tatsache, dass die Nato den Konflikt über Jahrzehnte systematisch provoziert hat: Nach der Auflösung der Sowjetunion dehnte sie sich bis an Russlands Grenzen aus, brach all ihre Versprechen, umzingelte Moskau militärisch und verwandelte die Ukraine de facto in einen Nato-Außenposten. Seit der russischen Invasion eskalieren die imperialistischen Mächte den Konflikt kontinuierlich und haben nun gezielt den Abschuss russischer Drohnen inszeniert, um weitere militärische Maßnahmen gegen Russland zu rechtfertigen und eine direkte Intervention in der Ukraine vorzubereiten.

In Deutschland bestätigten Sprecher des Verteidigungsministeriums und der Regierung die Eskalation Berlins. Die Bundeswehr erklärte am Donnerstag, ihre Luftraumüberwachungsmission in Polen werde bis Jahresende verlängert und verstärkt, während Regierungssprecher Stefan Kornelius verkündete, Berlin werde sich zudem für ein „robustes 19. Sanktionspaket“ in der EU einsetzen. Thomas Röwekamp, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag, ging noch weiter und forderte, Nato müsse russische Drohnen bereits über ukrainischem Luftraum angreifen: „Es muss möglich sein, mit der Zustimmung des betroffenen Landes wie der Ukraine auch schon in deren Luftraum Drohnen unschädlich zu machen, die Nato-Gebiet gefährden.“

Die Umsetzung solcher Pläne würde direkte Nato-Kampfhandlungen gegen Russland innerhalb der Ukraine bedeuten – einen Kriegsakt. Moskau hat wiederholt gewarnt, dass es weder Nato-Truppen noch eine direkte Nato-Intervention in der Ukraine dulden werde. Die Logik dieser Konfrontation führt unweigerlich zu einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland und Europa – mit der Gefahr für Millionen Menschenleben und der Existenz des gesamten Kontinents.

Der Drang zum Krieg hat objektive Ursachen. Hinter dem immer aggressiveren Auftreten der imperialistischen Mächte steht eine toxische Mischung aus politischen und geostrategischen Ambitionen und einer tiefen inneren Krise. Wie in den 1930er Jahren reagiert die herrschende Klasse auf die tiefe Krise des kapitalistischen Systems, die verschärften Großmachtkonflikte und die wachsende Opposition in der Bevölkerung mit einer Hinwendung zu Militarismus, Faschismus und Krieg.

Vor allem der deutsche Imperialismus tritt achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder mit seinen alten militaristischen und verbrecherischen Großmachtfantasien auf. In seiner Regierungserklärung vor dem letzten Nato-Gipfel – auf dem die Verteidigungsausgaben von 2 auf 5 Prozent des BIP erhöht wurden – betonte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), die Militarisierung Deutschlands sei nicht einfach durch Druck von Trump erzwungen worden, sondern auf der Grundlage „eigener Anschauung und Überzeugung“. Deutschland werde „die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Armee Europas machen“, entsprechend seiner „Größe, Wirtschaftskraft und geographischen Lage“.

Das neue 5-Prozent-Ziel wird den Verteidigungsetat von derzeit 85 Milliarden Euro bis 2029 auf 225 Milliarden Euro erhöhen. Zur Finanzierung dieser massiven Aufrüstung hat die Regierung – mit Unterstützung aller etablierten Parteien, einschließlich der Grünen und der Linkspartei – die Militärausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen und 1 Billion Euro neue Schulden genehmigt. Zusammen mit dem 2022 eingerichteten „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro handelt es sich um ein Aufrüstungsprogramm ohne Beispiel seit der NS-Zeit.

Berichten zufolge zeigt der Entwurf des Haushalts 2026, dass die Regierung Rüstungsanschaffungen in Höhe von mehr als 350 Milliarden Euro bis 2041 plant. Bereits in diesem Jahr werden 8,2 Milliarden Euro zusätzlich für Beschaffungen ausgegeben, für 2026 sind 22,3 Milliarden Euro vorgesehen. Zwischen 2027 und 2041 sollen sogenannte „Verpflichtungsermächtigungen“ von rund 325 Milliarden Euro folgen. Unter Einbeziehung der Ausgaben für 2025 und 2026 ergibt sich eine Gesamtsumme von 355 Milliarden Euro.

Diese astronomischen Beträge verdeutlichen das Ausmaß der deutschen Aufrüstung, die nur mit der Hochrüstung der Wehrmacht unter den Nazis am Vorabend des Zweiten Weltkriegs vergleichbar ist. Während Millionen Menschen mit steigenden Preisen, stagnierenden Löhnen und Kürzungen im Sozialbereich konfrontiert sind, fließen Hunderte Milliarden in neue Panzer, Raketen und Bomben. Wie damals kann ein derart rücksichtsloses Programm nur mit diktatorischen Maßnahmen im Inneren durchgesetzt werden – und es dient der direkten Vorbereitung neuer imperialistischer Angriffskriege, ganz unmittelbar gegen Russland.

Nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht und der Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrats im August fordert der scheidende Heeresinspekteur Alfons Mais nun eine massive Ausweitung des Personals, um die Bundeswehr „kriegstauglich“ zu machen. Nur mit deutlich mehr Truppen, so argumentiert er, könne Deutschland die künftigen NATO-Anforderungen erfüllen und für eine mögliche Konfrontation mit Russland bereit sein.

Einem internen, von Reuters veröffentlichten Dokument zufolge verlangt Mais rund 100.000 zusätzliche aktive Soldaten. Allein bis 2029 sollen etwa 45.000 neue Rekruten hinzukommen. Bis 2035 sollen weitere 45.000 folgen, um die auf dem NATO-Gipfel in Den Haag im Juni festgelegten Ziele zu erreichen und gleichzeitig „Reserven für einen Abnutzungskrieg“ aufzubauen. Mindestens 10.000 der zusätzlichen Soldaten sollen der Territorialverteidigung zugewiesen werden.

Mit derartigen Plänen gesteht die deutsche Armee mehr oder weniger offen ein, dass sie sich auf einen großangelegten, langwierigen Krieg gegen Russland vorbereitet. Während sie im Innern Sparmaßnahmen und Sozialkürzungen durchpeitscht, bereitet die herrschende Klasse die Rekrutierung Hunderttausender junger Menschen und Arbeiterjugendlicher für ein neues imperialistisches Gemetzel vor.

Die rücksichtslose Eskalation bestätigt die Dringlichkeit der Analyse, die in der jüngsten WSWS-Perspektive zum Drohnenabschuss über Polen gemacht wurde:

Seit sich US-Präsident Trump in Alaska mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin traf, haben die europäischen Mächte auf eine solche Gelegenheit gewartet. Sie haben aus dem Alaska-Gipfel den Schluss gezogen, dass man sich nicht mehr auf die USA verlassen kann, und gehen immer aggressiver gegen Russland vor. Sie haben ihre finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine massiv erhöht, ermutigen Präsident Selenskyj, Ziele tief im Innern Russlands anzugreifen, und planen, eigene Truppen in die Ukraine zu schicken. So bewegen sie sich immer tiefer auf eine Katastrophe zu, die das Überleben der Menschheit in Frage stellt.

Weder die Drohgebärden Trumps, noch die militärischen Intrigen der europäischen Mächte, noch die reaktionären Kalküle Putins weisen einen Ausweg aus dieser Katastrophe. Der Kampf gegen Völkermord, Austerität, Diktatur und Krieg erfordert den Aufbau einer bewussten internationalen sozialistischen Bewegung der Arbeiterklasse, die sich über alle Grenzen hinweg gegen sämtliche kapitalistischen Regierungen und ihre politischen Agenten vereint.

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