Perspektive

Das Abfangen der Sumud-Flottille und der Kampf gegen den Genozid in Gaza

Die spanische Polizei setzt am 3. Oktober in Barcelona Pfefferspray gegen eine Solidaritätsdemonstration für die Global Sumud Flotilla ein, deren Schiffe von der israelischen Marine abgefangen wurden [AP Photo/Emilio Morenatti]

Weltweit kam es zu großen Protesten, nachdem die israelischen Streitkräfte die Sumud-Hilfsflotte für Gaza völkerrechtswidrig abgefangen hatten. Doch auf die Unterstützung der imperialistischen Machthaber kann sich die zionistische Regierung in Tel Aviv verlassen.

In zahlreichen Ländern innerhalb und außerhalb Europas – Spanien, Schweiz, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Brasilien, Argentinien und Türkei – gingen Millionen auf die Straße. Am Freitag beteiligten sich mehr als zwei Millionen Arbeiter in Italien an einem eintägigen Generalstreik, zu dem der Gewerkschaftsbund CGIL aufgerufen hatte. Am Samstag protestierten erneut Hunderttausende in Rom.

Israel betreibt mit Unterstützung der imperialistischen Mächte eine regelrechte Piraterie auf hoher See. Seine Streitkräfte beschlagnahmten die Hilfsgüter, die mit der Sumud-Flottille in großen Mengen transportiert wurden. Mehr als 400 Aktivisten wurden festgenommen.

Schiffe der italienischen und spanischen Marine, die vorgaben, die Flottille zu begleiten, sie aber in Wirklichkeit vom Gazastreifen abzulenken versuchten, wurden zurückgezogen, um der israelischen Armee freie Hand für ihre schmutzige Arbeit zu lassen. Die Aktivisten werden nun nach Europa abgeschoben. Israel hält die Hilfsgüter zurück, die Bevölkerung des Gazastreifens hungert weiter.

In den imperialistischen Zentren klafft ein Abgrund zwischen den Herrschenden und der Arbeiterklasse. Das zeigte sich in den Reaktionen auf das jüngste Kriegsverbrechen Israels. Das Vorgehen Israels, das den eingeschlossenen Palästinensern jede Hilfe verweigert und sie Tag für Tag weiter abschlachtet, stößt bei der großen Mehrheit der Weltbevölkerung auf Abscheu. Die imperialistischen Mächte hingegen unterstützen das Aushungern der Menschen in Gaza, indem sie Israel weiter mit militärischer Ausrüstung beliefern und brutal gegen die spontanen Proteste und Streiks vorgehen, die zur Unterstützung der Hilfsflotte ausgebrochen sind.

Im Rahmen des eintägigen Streiks in Italien gingen in Mailand bis zu 100.000 Menschen auf die Straße. In Genua und Livorno wurden die Häfen blockiert. Die italienischen Behörden bezeichneten den Streik als „illegal“, und der rechtsextreme stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini erklärte: „Wer illegale Streiks organisiert, muss für die Schäden aufkommen.“

In Barcelona, wo sich am Donnerstag 15.000 Menschen versammelten, ging die Polizei gewaltsam gegen Demonstranten vor. Am selben Tag griff die Polizei Demonstranten in Bologna an, und in Marseille wurden mehr als 100 Personen festgenommen, nachdem sie versucht hatten, den Zugang zu einer Waffenfirma zu blockieren, die Ausrüstung nach Israel liefert. In Griechenland legten am Freitag die Beschäftigten des Hafens von Piräus die Arbeit nieder. In einer Erklärung der Gewerkschaft hieß es, man wolle kein „Rad im Getriebe der Kriegsmaschinerie“ sein.

Überall sind Arbeiter und Jugendliche entsetzt über die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in Gaza verübt werden. In den vergangenen sechs Wochen wurden während der Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte etwa 446.000 Palästinenser aus Gaza-Stadt vertrieben, nach Angaben des Norwegischen Flüchtlingsrats mehr als 10.000 pro Tag. In Gaza-Stadt sind Hunderttausende durch Beschuss, Drohnen und Bodentruppen eingekesselt. Sie wurden ohne jede Zusage auf sicheres Geleit aufgefordert, die Stadt zu verlassen. „Das Leben ist nur noch ein Kampf um Wasser und Brot“, erklärte der Leiter des Norwegischen Flüchtlingsrats Jan Egeland.

In der gesamten Enklave wurden seit Beginn des israelischen Angriffs im Oktober 2023 offiziell mehr als 65.000 Tote gezählt. Schätzungen gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer ein Vielfaches beträgt.

An dem Verbrechen des zionistischen Regimes, das mit der Vernichtung der europäischen Juden durch die Nazis vergleichbar ist, waren die imperialistischen Mächte von Anfang an aktiv beteiligt. Unter der Führung der USA und Deutschlands haben sie große Mengen an Waffen an Israel geliefert. Dieses militärische Gerät wurde eingesetzt, um wahllos Männer, Frauen und Kinder zu massakrieren und die rechtswidrige Seeblockade des Gazastreifens durchzusetzen, die seit 2007 in Kraft ist.

Der sogenannte „Friedensplan“ von US-Präsident Donald Trump bedeutet die Fortsetzung dieser Komplizenschaft, indem in Gaza eine koloniale Verwaltung eingesetzt wird. Trump erklärte am Freitag, die Hamas habe bis Sonntag Zeit, die völlige Abschaffung der Rechte der Palästinenser zu akzeptieren. Ansonsten werde „die Hölle“ losbrechen.

Mit anderen Worten, im Namen des „Friedens“ bereitet sich Trump darauf vor, dem Kriegsverbrecher Netanjahu grünes Licht für die Eskalation des Völkermords zu geben. Trump und führende Berater seiner Regierung haben offen erklärt, dass der Gazastreifen von seinen Bewohnern gesäubert werden müsse, um Teil des sogenannten India-Middle East-Europe Corridor (IMEEC) zu werden – eines von den USA und ihren Verbündeten dominierten Infrastrukturprojekts, das von Indien über Nahen Osten nach Europa führt.

Die Kontrolle über diese Handelsroute würde dem amerikanischen Imperialismus die unangefochtene Vorherrschaft in der Region verschaffen, indem China, Russland und der Iran ins Abseits geschoben werden. Demselben Ziel dient auch die Verständigung zwischen Israel und den despotischen arabischen Regimes, die keinen Finger gerührt haben, um den Völkermord in Gaza zu stoppen.

Die Bereitschaft der imperialistischen Mächte, den Völkermord in Gaza im eigenen Interesse abzusegnen, ist keine Entgleisung, sondern entspricht ihrer gesamten Politik, die wieder auf Weltkrieg und Diktatur zusteuert. Ihre Regierungen sind der Finanzoligarchie verpflichtet, die nur eines im Sinn hat: die Anhäufung von gigantischen Vermögen auf Kosten der Arbeiterklasse und konkurrierender Staaten.

In dem Maße, in dem sich – wie vor den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts – der Kampf um die Neuaufteilung der Welt zuspitzt, werden die Finanzoligarchie und ihre Vertreter an den Spitzen der Staatsmacht vor nichts zurückschrecken, um sich den Zugang zu Rohstoffen, Märkten und Arbeitskräften zu sichern. Im Interesse von Ausbeutung und geostrategischer Macht sind sie bereit, in einem atomaren dritten Weltkrieg das Überleben der Menschheit aufs Spiel zu setzen.

Die weltweiten Proteste gegen das Aufbringen der Sumud-Flottille, insbesondere die Streiks der Arbeiter in Italien und Griechenland, lassen erkennen, welche soziale Kraft in der Lage ist, diesem Wahnsinn Einhalt zu gebieten: die internationale Arbeiterklasse. Aber dazu muss sich die Arbeiterklasse von der politischen Kontrolle der sozialdemokratischen, stalinistischen und gewerkschaftlichen Bürokratien befreien, die sie in den letzten zwei Jahren an die bankrotte Strategie der Protestpolitik gefesselt haben. Durch moralische Appelle werden sich die imperialistischen Mächte zu keinem Kurswechsel bewegen lassen. Bundeskanzler Friedrich Merz brachte ihre Haltung auf den Punkt, als er im Juni erklärte: „Israel macht die Drecksarbeit für uns alle.“

Eintägige Streiks, wie ihn die italienische CGIL am vergangenen Freitag ausrief, reichen bei Weitem nicht aus. Die Arbeiter brauchen neue Organisationen, die sie selbst kontrollieren. Sie brauchen eigene Aktionskomitees, um eine Massenbewegung planen und leiten zu können, die in der Lage ist, die Maschinerie des imperialistischen Kriegs und Völkermords zu stoppen. In der Logistik, im Transportwesen und in der Industrie sowie in allen Wirtschaftszweigen sollten die Lohnabhängigen diesen Kampf aufnehmen und dabei folgende Forderungen aufstellen:

  • Sofortiger Stopp aller Waffenlieferungen an Israel!
  • Boykott jeglichen Handels und anderer wirtschaftlicher Aktivitäten mit Israel!
  • US-amerikanische, europäische und andere Unternehmen, die Israel bei der Durchführung des Völkermords unterstützen, müssen angeklagt und strafrechtlich verfolgt werden!
  • Verhaftung der israelischen Staatsführer wegen Kriegsverbrechen!
  • Keine Unterdrückung von Protesten gegen den Völkermord im Gazastreifen!
  • Sofortiger und ungehinderter Zugang zum Gazastreifen für Hilfslieferungen an allen Grenzübergängen und Aufhebung der seit 18 Jahren anhaltenden Seeblockade!

Diese Forderungen müssen mit der Bewegung verknüpft werden, die sich weltweit in der Arbeiterklasse gegen Austerität, Krieg und die Vernichtung von Arbeitsplätzen entwickelt. Dieselben Regierungen, die das zionistische Regime bewaffnen, errichten im eigenen Land diktatorische Herrschaftsformen, um den Widerstand der Bevölkerung gegen die Herrschaft der Oligarchie, die Aufrüstung und die Vorbereitungen auf einen Weltkrieg zu unterdrücken.

Um den Völkermord zu beenden, muss eine Bewegung aufgebaut werden, die sich für die Entmachtung der Finanzoligarchie und für den Sturz des Kapitalismus einsetzt. Denn dieses System ist die Ursache der imperialistischen Barbarei, die in Gaza ihren abscheulichsten Ausdruck findet. Das bedeutet, dass die Arbeiter die politische Macht übernehmen müssen, um die Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage umzugestalten.

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