Britische Regierung benutzt Morde in Synagoge von Manchester für Angriffe auf Anti-Völkermord-Proteste

Am 2. Oktober wurden vor einer Synagoge in Manchester zwei jüdische Gläubige ermordet. Schon wenige Stunden später stürzten sich die Labour-Regierung und die Polizei, unterstützt von rechten Medien, auf die Tragödie, um ihr hartes Durchgreifen gegen Anti-Völkermord-Proteste zu rechtfertigen und ihre Brandmarkung von Antizionismus als „linkem Antisemitismus“ zu verschärfen.

An diesem Donnerstagmorgen, an Jom Kippur, dem heiligsten Feiertag im jüdischen Kalender, war ein Mann vor der Synagoge der Heaton Park Hebrew Congregation mit seinem Wagen in eine Gläubigengruppe gerast. Er stieg aus seinem Fahrzeug aus und begann, auf Menschen einzustechen, bevor er versuchte, in die Synagoge einzudringen. Später wurde der Angreifer als Jihad al-Shamie identifiziert, ein 35-jähriger britischer Staatsbürger syrischer Herkunft.

Die Synagoge Heaton Park Hebrew Congregation [Photo by David Dixon / CC BY-SA 2.0]

Sieben Minuten später trafen bewaffnete Polizisten ein und erschossen al-Shamie. Wie sich am nächsten Tag herausstellen sollte, wurde auch eins der beiden Opfer, Adrian Daulby (53), durch Polizeischüsse getötet, als er dabei half, die Türen der Synagoge zu sichern. Ein weiterer Mann wurde ebenfalls von Polizeischüssen getroffen und schwer verletzt; er befindet sich im Krankenhaus, zusammen mit zwei weiteren Personen, die al-Shamie mit seinem Wagen und Messer verwundet hatte.

Die Polizei befürchtete das Hochgehen eines Sprengsatzes, den al-Shamie offenbar am Körper trug, doch dieser wurde später als „unbrauchbar“ eingestuft. Drei Menschen wurden verhaftet, weil gegen sie der Verdacht bestand, „terroristische Aktivitäten verübt, vorbereitet und dazu aufgerufen zu haben“.

Noch bevor der Name des Täters bekannt gegeben wurde, stellte der israelische Außenminister Gideon Sa'ar verleumderisch eine Verbindung zwischen dessen Taten und den Massenprotesten gegen den Völkermord in Gaza her. Auf X postete er: „Man muss die Wahrheit sagen: Offene und allgegenwärtige antisemitische und antiisraelische Hetze sowie Aufrufe zur Unterstützung von Terror sind in letzter Zeit zu einem weit verbreiteten Phänomen auf den Straßen von London, in Städten in ganz Großbritannien und an den Hochschulen geworden.“

Er forderte politische Unterdrückung und erklärte: „Die Behörden in Großbritannien haben es versäumt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese toxische Welle des Antisemitismus zu bekämpfen, und damit faktisch zugelassen, dass sie weitergeht.“

Gideon Falter von der britischen Hetzkampagne Campaign Against Antisemitism schloss sich diesen Aussagen an und erklärte: „Britische Juden haben schon lange kein Vertrauen mehr in unsere Politiker, Polizei und Institutionen. Deren Beschwichtigungspolitik gegenüber Extremisten – vor allem gegenüber Linksextremen und radikalen Islamisten – hat zwangsläufig zu dem heutigen Anschlag geführt.“

Das öffnete die Schleusen für Forderungen, Proteste gegen die Kriegsverbrechen der israelischen Regierung und die britische Komplizenschaft abzusagen. Davon war auch eine Veranstaltung der Gruppe Defend our Juries (DOJ) am Samstag betroffen.

DOJ hat regelmäßig Demonstrationen auf dem Londoner Parliament Square organisiert, um gegen das Verbot der Protestgruppe Palestine Action durch die Regierung zu protestieren. Bei diesen Protesten wurden bereits mehr als 1.500 Menschen unter Anwendung des Terrorism Act verhaftet, nur weil sie Schilder mit der Aufschrift „Ich bin gegen Völkermord, ich unterstütze Palestine Action“ trugen. Landesweit wurden fast 1.700 Menschen wegen desselben Vergehens verhaftet.

Die Palestine Coalition, zu deren Führung die Palestine Solidarity Campaign und die Stop the War Coalition gehören, wurde auch unter Druck gesetzt, ihre geplante nationale Demonstration in London am 11. Oktober abzusagen. An dieser Veranstaltung werden Hunderttausende Teilnehmer erwartet, denn sie soll an den zweiten Jahrestag des Beginns des Völkermords erinnern. durch den hunderttausende Palästinenser getötet und verstümmelt und ihre Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden.

Nur wenige Stunden nach dem Anschlag am Donnerstag forderte der Assistant Commissioner der Londoner Metropolitan Police, Ade Adelekan, DOJ schriftlich auf, ihre Protestveranstaltung abzusagen. Als Grund erklärte er: „Die Met verstärkt ihre Verstärkungs- und Sicherheitsoperationen in der gesamten Hauptstadt, wobei sie sich besonders auf die jüdischen und muslimischen Gemeinden in London konzentriert.“ Die Proteste würden „Beamte von den Gemeinden abziehen, denen sie dienen“.

DOJ weigerte sich und antwortete: „Wir fordern Sie eindringlich dazu auf, dem Schutz der Gemeinde Vorrang vor der Verhaftung von Personen zu geben, die friedlich mit Transparenten gegen das absurde und drakonische Verbot einer inländischen Aktivistengruppe protestieren.“

Loading Tweet ...
Tweet not loading? See it directly on Twitter

Auch die Palestine Coalition weigerte sich, die für den 11. Oktober geplanten Proteste abzusagen.

Nach einer Kundgebung am Donnerstag vor der Downing Street gegen Israels illegale Beschlagnahmung der Global Sumud/Freedom Flotilla – und die Komplizenschaft der britischen und europäischen Regierungen – griff die Labour-Regierung noch härter durch. Die Polizei ging mit Gewalt gegen Demonstranten vor, kesselte sie ein und verhaftete 40 Personen bei einer relativ kleinen Demonstration.

Die neu ernannte Innenministerin Shabana Mahmood erklärte, sie sei „sehr enttäuscht, dass diese Proteste gestern Abend stattfanden. Ich halte dieses Verhalten für fundamental unbritisch. Ich halte es für unehrenhaft.“

Sie erklärte, die Demonstranten hätten ihren Protest gegen einen Völkermord, der täglich Dutzende von Menschenleben fordert ­– und zu dem der US-Präsident am Wochenende gedroht hat, „die Hölle losbrechen“ zu lassen –, auch verschieben können. Als Begründung erklärte sie mit einem spöttischen Lächeln: „Die Anlässe, die diese Proteste antreiben, bestehen ja schon seit einiger Zeit. Es sieht nicht danach aus, als würden sie in nächster Zeit beendet werden.“

Mahmood fügte hinzu, statt gegen einen anhaltenden Völkermord zu protestieren, sollten die Demonstranten „etwas Menschlichkeit“ zeigen und „einer Gemeinde, die einen schweren Verlust erlitten hat, einen oder zwei Tage Zeit geben, um das Geschehene zu verarbeiten und ihren Trauerprozess fortzusetzen.“

In der verdrehten Welt der Labour Party ist es unmöglich, dass ein Jude sowohl über al-Shamies mörderischem Anschlag als auch über Israels Völkermord entsetzt ist. Der üble Mythos besagt, dass Jude zu sein bedeutet, sich vollständig mit dem Staat Israel und seiner völkermörderischen Regierung zu identifizieren, bis hin zu dem Punkt, dass man Proteste dagegen als schwere Beleidigung empfindet. Wenn al-Shamie – wie berichtet wurde – gerufen hat: „Das habt ihr davon, dass ihr unsere Kinder umbringt“, dann benutzte er dieselbe Gleichsetzung wie die britische und israelische Regierung.

Falsche Antisemitismusvorwürfe werden als Rechtfertigung für unverhohlenen Autoritarismus und die Unterdrückung der Antikriegsstimmung benutzt. Mahmood erklärte vor der Presse über die Proteste gegen den israelischen Völkermord: „Dass man eine Freiheit hat, bedeutet nicht, dass man davon Gebrauch machen muss.“

Der britische Oberrabbiner, Sir Ephraim Mirvis, äußerte sich noch deutlicher und forderte ein Verbot der Demonstrationen gegen den Völkermord. In der BBC-Radio-Sendung Today erklärte er: „Einige von ihnen beinhalten offenen Antisemitismus und offene Unterstützung für die Hamas... Man kann die Worte auf unseren Straßen, die Taten von Menschen und das, was unvermeidlich daraus folgt, nämlich der gestrige Terroranschlag, nicht voneinander trennen.“

Er forderte die Regierung auf, „diese Demonstrationen unter Kontrolle zu bringen, sie sind gefährlich“.

Am Freitag erklärte Sa'ar über eine Unterhaltung mit Außenministerin Yvette Cooper: „Ich habe die Notwendigkeit angesprochen, die propalästinensischen Protestmärsche und Demonstrationen zu bekämpfen, da sie antisemitische Züge aufweisen und teilweise ausdrücklich Terror unterstützen.

Ich habe erklärt, dass diese fanatische Hetze die jüdische Gemeinde in Großbritannien zu Recht zutiefst verstört und dass sie aggressiv und entschlossen bekämpft werden muss. Ich habe betont, dass Antizionismus eine Form von Antisemitismus ist.“

Diese Verleumdungen werden von den Medien noch verstärkt. Die Daily Mail veröffentlichte auf der Titelseite eine Kolumne von Richard Littlejohn mit der Schlagzeile: „Zwei Jahre hasserfüllter Palästinenser-Demonstrationen haben dazu geführt, dass die Intifada in Großbritannien zugeschlagen hat.“ Littlejohn warf der Regierung und der Polizei vor, sie gebe sich damit „zufrieden untätig danebenzustehen, während propalästinensische Demonstranten in unseren Straßen Judenhass verbreiten“.

Während bergeweise Papier dafür aufgewandt wurde, die Proteste gegen den Völkermord zu verurteilen und ihre Unterdrückung zu fordern, wurde al-Shamie und der Behauptung der Regierung, er sei den Antiterrorbehörden zuvor nicht bekannt gewesen, kaum Aufmerksamkeit geschenkt.

Manchester war 2017 Schauplatz eines terroristischen Anschlags, bei dem Salman Abedi mit Hilfe seines Bruders Hashem einen Selbstmordanschlag in der Manchester Arena verübte, bei dem 22 Menschen getötet und mehr als 1.000 verwundet wurden.

Es wurde zwar zugegeben, dass Salman dem Geheimdienst im Vorfeld des Anschlags bekannt war, allerdings stellt sich erst später heraus, dass er, sein Vater Ramadan und seine Brüder Ismail und Hashem in den Kriegsgebieten Libyens kämpfen und jahrelang ungehindert zwischen dort und dem Vereinigten Königreich hin- und herreisen durften.

Sie waren Werkzeuge des britischen Imperialismus: rechtsextreme Islamisten, die eingesetzt wurden, um die Ziele der imperialistischen Außenpolitik in Libyen und dem ganzen Nahen Osten zu unterstützen – darunter den Sturz von Muammar Gaddafi. Im Jahr 2014 wurden die Abedi-Brüder sogar mit dem britischen Kriegsschiff HMS Enterprise aus Libyen evakuiert und nach Großbritannien gebracht.

Loading