Am Donnerstag, den 16. Oktober, erhob eine Grand Jury Anklage gegen John Bolton, Donald Trumps nationalen Sicherheitsberater in seiner ersten Amtszeit, später Trumps Gegner. Bolton wird der unsachgemäße Umgang mit Informationen aus dem Bereich nationaler Verteidigung in 18 Punkten vorgeworfen.
Am Freitag wurde Bolton zur Anklage vernommen, und er plädierte in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm für jeden Anklagepunkt zehn Jahre Haft.
Trump hatte die Anklage gegen Bolton öffentlich gefordert. Sie ist Teil einer Kampagne des Justizministeriums mit dem Ziel, Trumps Gegner innerhalb des Staatsapparats und des politischen Establishments anzuklagen und zu inhaftieren. Bolton ist der dritte Trump-Gegner, der in den letzten drei Wochen angeklagt worden ist. Die anderen beiden sind der ehemalige FBI-Direktor James Comey und die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James.
Diese Anklagen stellen einen bedeutenden weiteren Schritt in Trumps Bestrebungen dar, eine Präsidialdiktatur zu errichten. Er versucht mit Unterstützung der Wirtschaftsoligarchie, ein auf seine Person eingeschworenes Regime zu konsolidieren, um den Widerstand der Arbeiterklasse durch einen beispiellosen und brutalen Angriff auf demokratische und soziale Rechte niederzuschlagen.
So hat Trumps Chefberater Stephen Miller die Demokratische Partei als „inländische extremistische Organisation“ bezeichnet, und Vertreter der Trump-Regierung bezeichneten den Widerstand der Bevölkerung gegen die Regierung als „Antifa-Terrorismus“.
Auf Trumps Drängen hin haben Bundesstaatsanwälte Ermittlungen gegen weitere Zielpersonen eingeleitet, darunter den ehemaligen CIA-Direktor John Brennan, den ehemaligen FBI-Direktor Christopher Wray, die Gouverneurin der Federal Reserve Lisa Cook und den Demokratischen Senator Adam Schiff. Am Mittwoch benannte er weitere Personen, die angeklagt werden sollen, darunter den ehemaligen Sonderermittler Jack Smith, der Trump zweimal angeklagt hat.
Justizministerin Pam Bondi erklärte als Reaktion auf die Anklage gegen Bolton am Donnerstag: „Jeder, der eine Machtposition missbraucht und unsere nationale Sicherheit gefährdet, wird zur Rechenschaft gezogen. Niemand steht über dem Gesetz.“ Das ist doppelt zynisch angesichts der Tatsache, dass Trump vor zwei Jahren auf der Grundlage des gleichen Gesetzes – des Espionage Act von 1917 – selbst angeklagt wurde, das jetzt gegen Bolton verwendet wird.
Die Bundesbehörden hatten 13.000 Regierungsdokumente in Trumps Anwesen in Mar-a-Lago gefunden, von denen mehr als 300 als geheim eingestuft waren. Als sich Trump weigerte, alle Geheimdokumente auszuhändigen, führte das FBI eine gerichtlich angeordnete Durchsuchung in Mar-a-Lago durch, bei der es 102 weitere Geheimdokumente fand. Ein Trump-naher Richter wies die Klage jedoch zurück.
Bolton ist ein rechter Kriegstreiber und bekannt als „Architekt“ der Invasion des Iraks im Jahr 2003. Er hatte Spitzenposten im Außen- und Justizministerium inne und war amerikanischer UN-Botschafter und nationaler Sicherheitsberater. In seiner Zeit als nationaler Sicherheitsberater von April 2018 bis September 2019 zerstritt er sich mit Trump wegen Afghanistan, dem Iran, Nordkorea, Russland und Venezuela. Im Allgemeinen vertrat Bolton eine noch militaristischere und aggressivere Haltung als der Präsident.
Seit Trump ihn entlassen hat, sind die beiden erbitterte Feinde. Bolton hat Trump als „untauglich für sein Amt“ bezeichnet. Im Jahr 2020 versuchte das Weiße Haus, die Veröffentlichung von Boltons Enthüllungs-Memoiren über seine Zeit im Weißem Haus unter Trump mit dem Titel „The Room Where It Happened“ (Der Raum, in dem alles geschah) zu verhindern. Darin bezeichnete Bolton Trump als „unberechenbar“ und „erstaunlich uninformierten Anführer“. Trump forderte Boltons strafrechtliche Verfolgung und behauptete, er habe geheime Informationen veröffentlicht.
Im August dieses Jahres führte das FBI öffentlichkeitswirksame Durchsuchungen von Boltons Haus in Bethesda (Maryland) und seines Büros in der Innenstadt von Washington DC durch. In Berichten war zu sehen, wie Agenten Boltons Computer, Handys und Unmengen von Dokumenten abtransportierten.
Die Anklage gegen Bolton muss im breiteren politischen Kontext von Trumps eskalierendem Angriff auf demokratische Rechte und seinen Streben nach Diktatur verstanden werden. Die Anklage erfolgte zwei Tage vor den landesweiten „No Kings“-Massendemonstrationen gegen Trump. Die Republikaner haben die Proteste als „Tag des Hasses auf Amerika“ verurteilt und sie als Verschwörung von Hamas-freundlichen Antifa-Terroristen bezeichnet. Die Demokraten taten so gut wie nichts, um Unterstützung für die Proteste zu mobilisieren. Das galt auch für so genannte progressive Demokraten wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez.
Der texanische Gouverneur Greg Abbott, ein faschistischer Verbündeter Trumps, erklärte am Donnerstag in den sozialen Medien, er habe das Ministerium für öffentliche Sicherheit und die Nationalgarde angewiesen, „im Vorfeld der Antifa-nahen Proteste verstärkt Truppen nach Austin zu entsenden“. Er fügte hinzu, Texas werde kein Chaos tolerieren.
In Virginia ordnete der republikanische Gouverneur Glenn Youngkin an, dass die Nationalgarde im gesamten Bundesstaat während der Proteste am Samstag im aktiven Dienst bleiben musste.
In Chicago ignorierte die Trump-Regierung gerichtliche Anordnungen und ließ ihre Gangster von der Einwanderungs- und Zollbehörde ICE mit brutaler Gewalt gegen friedliche Demonstrierende vorgehen, die Immigranten gegen Massenrazzien und Abschiebungen verteidigen wollen. Diese Angriffe, darunter Übergriffe auf Journalisten und Beobachter, mit Tränengas, Pfefferkugeln und Blendgranaten sollen Zusammenstöße provozieren, die als Vorwand für die Anwendung des Aufstandsgesetzes (Insurrection Act) dienen sollen. Dies soll Trump in die Lage versetzen, aktive Soldaten in Städten im gesamten Land einzusetzen.
Ebenfalls am Donnerstag gab die Bundesstaatsanwaltschaft Anklagen wegen Terrorismus gegen zwei Männer bekannt, die am 4. Juli ein Haftzentrum für Immigranten außerhalb von Dallas angegriffen haben sollen. Angeblich gehören die beiden einer schwer bewaffneten „Zelle“ der Antifa an. Mit der Anklage gegen Cameron Arnold und Zachary Evetts werden zum ersten Mal Personen, die angeblich mit der Antifa in Verbindung stehen, wegen Terrorismus angeklagt.
Dies ist ein bedeutender Schritt zur Umsetzung von Trumps im letzten Monat unterzeichnetem Dekret, in dem die „Antifa“ (Antifaschisten) – die als Organisation gar nicht existiert – als „inländische Terrororganisation“ eingestuft wird. Es ist ein verfassungswidriges Vorgehen gegen alle, die sich der faschistischen Politik der Trump-Regierung widersetzen.
Die Anklageschrift gegen Arnold und Evetts bezeichnet die Antifa als „militantes Unternehmen, bestehend aus Netzwerken von Einzelpersonen und kleinen Gruppen, die überwiegend eine revolutionär-anarchistische oder autonom-marxistische Ideologie vertreten“.
Der Bericht der New York Times weist auf die weitreichende Bedeutung der Verwendung des Begriffs „Unternehmen“ hin. Sie zitiert den ehemaligen Berater für Inlandsterrorismus in der Abteilung für nationale Sicherheit des Justizministeriums, Thomas E. Brzozowski, mit den Worten: „Ermittlungen gegen Unternehmen erlauben es den Bundesbehörden, die Struktur, Finanzen, Mitgliedschaft und Ziele der anvisierten Gruppen oder Organisationen genau zu untersuchen.“
Brzozowski wird mit den Worten zitiert: „Das passiert, wenn man eine so umfangreiche Untersuchung von etwas einleitet, was im Grunde eine Idee ist.“
