Am Mittwoch sind bei einem Angriff der US-Streitkräfte auf zwei kleine Boote vor der kolumbianischen Pazifikküste mindestens fünf Menschen getötet worden. Es handelte sich dabei um den achten und neunten Angriff, seit Präsident Trump am 2. September einen illegalen und verfassungswidrigen Feldzug des Militärs gegen angebliche Drogenschmuggler angeordnet hatte.
Trump bezeichnet die Angriffe zwar als gerechtfertigt, weil sich die USA im Krieg gegen lateinamerikanische Drogenkartelle befänden, das Weiße Haus hat jedoch weder eine Kriegserklärung des Kongresses noch eine Kongressresolution beantragt, die es zu Militäroperationen ermächtigt wie in Afghanistan und im Irak.
Die Angriffe sind ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht. Die US-Regierung hat keinerlei Beweise gegen die Menschen vorgelegt, die sie ermordet, sogar ihre Namen sind unbekannt. Die Militärangriffe finden in internationalen Gewässern statt, wo Schiffe jeder Nationalität angeblich die „Freiheit der Schifffahrt“ genießen – ein Recht, das Washington vorgeblich im Südchinesischen Meer verteidigt.
Die kolumbianische Regierung erklärte, diese Angriffe kämen der „Vollstreckung der Todesstrafe auf einem fremden Staatsgebiet“ gleich. Der stellvertretende Außenminister Mauricio Jaramillo bezeichnete die Angriffe gegenüber der BBC als „unverhältnismäßig und als Verstoß gegen das Völkerrecht“. Es habe „keinen Prozess, kein richterliche Anordnung“ gegeben, und die Insassen der kleinen Boote hatten „keine Möglichkeit, sich zu verteidigen“.
US-Kriegsminister Pete Hegseth postete auf X: „Diese Angriffe werden weitergehen, Tag für Tag. Das sind nicht einfach Drogenschmuggler, das sind Narco-Terroristen ... Es wird keine Zuflucht und kein Verzeihen geben – nur Gerechtigkeit.“ Dem Post war ein Video beigefügt, auf dem zu sehen ist, wie ein Boot nach einem Bomben- oder Raketentreffer in Brand gerät. Das Video zeigt offenbar einen zweiten Angriff auf die Trümmer. Diese Technik ist als „Doppelschlag“ (double tap) bekannt und soll die Zahl der Toten maximieren und sicherstellen, dass es keine Überlebenden gibt.
Die Angriffe im Ostpazifik stellen eine bedrohliche Eskalation der US-Militäroperationen gegen kleine Boote in der Karibik dar, mit denen der politische und militärische Druck auf das Regime des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro verschärft werden soll. Letzte Woche hatte Trump bekanntgegeben, er habe die CIA zu verdeckten Operationen gegen die Maduro-Regierung ermächtigt, die in der Vergangenheit sowohl im Visier von demokratischen wie von republikanischen US-Regierungen stand.
Am Donnerstagnachmittag veranstaltete Trump im Kabinettssaal des Weißen Hauses eine einstündige Feier für die Morde. Dazu versammelte er seine wichtigsten Berater im Krieg gegen Immigranten, der von der Homeland Security Task Force in Abstimmung mit dem stellvertretenden Stabschef und Heimatschutzberater Stephen Miller geführt wird. Neben Trump und Miller nahmen Hegseth, Justizministerin Pam Bondi, Heimatschutzministerin Kristi Noem und FBI-Direktor Kash Patel teil.
Trump brüstete sich mit den tödlichen Angriffen auf die Boote. Auf die Frage eines Reporters, warum er keine Kriegserklärung des Kongresses eingeholt habe, antwortete er: „Ich glaube nicht, dass wir unbedingt eine Kriegserklärung beantragen werden. Ich denke, wir werden einfach Leute töten, die Drogen in unser Land bringen. Okay, wir werden sie töten, wissen Sie, sie werden so was wie tot sein, okay?“
Nach dieser Prahlerei im Stil eines Gangsterbosses wiederholte er seine in diesem Monat am häufigsten vorgebrachte Lüge, jedes zerstörte Boot habe das Leben von 25.000 Amerikanern gerettet. Diese Zahl ist bizarr. Angesichts der Tatsache, dass jährlich im Durchschnitt etwa 100.000 Amerikaner an einer Überdosis Drogen gestorben sind, hätte die Zerstörung von neun Booten bereits mehr als das Doppelte der Gesamtzahl aller Drogentoten gerettet.
Genau wie Hitler und Goebbels glauben Trump und seine Komplizen, je größer die Lüge und je öfter sie wiederholt wird, desto besser für sie. Sie wollen die Öffentlichkeit nicht überzeugen, sondern abstumpfen und alle einschüchtern, die gegen diese mörderische internationale Piraterie Einwände erheben könnten.
Trump behauptete, die Homeland Security Task Force, die mittlerweile in allen 50 Bundesstaaten einsatzbereit sei, habe „außergewöhnliche historische Erfolge“ erzielt. Er verwies auf die umfassenden Razzien gegen Immigranten durch schwer bewaffnete Bundesagenten, die durch die Mobilisierung von Nationalgardisten in Washington D.C., Memphis und anderen Städten unterstützt werden. Er bekräftigte seine Drohungen, Truppen in Chicago und Portland (Oregon) einzusetzen, erklärte aber, er werde auf die Entsendung von Truppen nach San Francisco verzichten – weil die Milliardäre aus dem Silicon Valley ihn darum ersucht hatten.
Trump wie auch Hegseth nutzten die Veranstaltung, um Drogenkartelle mit dem Islamischen Staat im Nahen Osten zu vergleichen. Da der Schiffsverkehr in der Karibik aufgrund der Gefahr durch US-amerikanische Raketen- und Drohnenangriffe fast völlig eingestellt wurde, drohte Trump mit Angriffen zu Land und zu Wasser: „Frühere Regierungen haben versucht, diese Bedrohung einzudämmen, unser Ziel ist es, sie zu eliminieren. Wir dämmen nicht ein, wir eliminieren.“
Hegseth äußerte sich in ähnlich mörderischer Weise: „Unsere Botschaft an diese ausländischen Terrororganisationen lautet: Wir werden euch so behandeln, wie wir mit al-Qaida umgegangen sind. Wir werden euch finden. Wir werden eure Netzwerke kartieren. Wir werden euch jagen, und wir werden euch töten.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Stephen Miller schmeichelte Trump am unverhohlensten: „Mr. President, lassen Sie mich nur sagen, dass dieses Land ohne Sie untergegangen wäre... Die Kartelle haben immer mehr Gebiet beansprucht. Die städtischen Dienste waren dabei, zusammenzubrechen. Dieses Land stand kurz vor dem Untergang, und Sie allein haben es gerettet.
Präsident Trump ist der einzige amerikanische Regierungschef – nicht nur zu unseren Lebzeiten, sondern überhaupt – der tatsächlich den Kampf gegen die Drogenkartelle aufgenommen hat, um sie tatsächlich zu vernichten, und das passiert jetzt. ... Nur Präsident Trump konnte das schaffen. Und ich möchte noch eine letzte Sache sagen: Sein Mut war eine Inspiration für alle in diesem Raum. Darum, Präsident Trump, Danke für ihre Führung, Ihren Mut, Ihre Entschlossenheit und Ihren Weitblick. Es ist uns eine Ehre, unter Ihnen zu dienen.“
Diese Worte verdienen es, zitiert zu werden, wenn auch nur um ein Bild der moralischen und intellektuellen Verkommenheit zu zeichnen, die im Zentrum des Weißen Hauses und der Führung der Trump-Regierung insgesamt herrscht.
Hegseth wurde auch zur Kritik vor allem von Demokraten im Kongress gefragt, dass der „Krieg“ gegen Drogenkartelle eine Ablenkung von den größeren Herausforderungen des US-Imperialismus sei, die vor allem von Russland und China ausgehen. Darauf erklärte er: „Wir behalten gleichwertige Gegner in der Nähe gleichzeitig im Auge, aber wir glauben, dass es wichtig ist, eine Botschaft an diese Kartelle, diese Narco-Terroristen, zu schicken. Es ist wichtig innerhalb unserer Hemisphäre, in der andere Präsidenten viel zu lange, wie der Präsident betont hat, unseren eigenen Hinterhof ignoriert und zugelassen haben, dass andere Länder ihren Einfluss ausbauen...“
Auf die direkte Frage nach einer in den sozialen Netzwerken geleakten Mitteilung des Pentagons, die den Aufbau einer Eingreiftruppe der Nationalgarde schildert, die zur Unterdrückung von „Unruhen der Bevölkerung“ ausgebildet wird und bis April 2026 in allen 50 Bundesstaaten eingesetzt werden soll, bestätigte Hegseth die Pläne indirekt. Er erklärte: „Ich werde keine Antwort auf etwas geben, das vielleicht in der Planungsphase ist. Aber wir haben definitiv mehrere Ebenen von Eingreiftruppen der Nationalgarde, sei es in jedem Bundesstaat, sei es regional ... sei es in Washington D.C.“
Trumps und Hegseths Erklärungen zeigen, dass die gleichen Methoden gesetzloser Gewalt, die gegen die Bevölkerung von Lateinamerika angewandt werden, auch im Inneren der Vereinigten Staaten eingeführt werden.
