Von Dienstag auf Mittwoch tötete das israelische Militär bei einer Serie von Angriffen im Gazastreifen über 104 Palästinenser. Laut dem Gesundheitsministerium von Gaza befinden sich darunter 46 Kinder und 20 Frauen. Hinzu kommen über 200 Verwundete. Dieses Massaker entlarvt den am 10. Oktober vereinbarten „Waffenstillstand“ als Betrug.
Am Dienstag erklärte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, man habe beschlossen, „sofort Schläge im Gazastreifen durchzuführen“. US-Präsident Trump sei zuvor informiert worden.
Das israelische Militär erklärte stolz, es habe „eine Serie von Angriffen durchgeführt, bei der Dutzende von Terrorzielen und Terroristen getroffen wurden.“
Am Dienstag erklärte Trump, wenn sich die Hamas nicht „benimmt“, dann „werden sie ausgelöscht werden. Ihre Leben werden ausgelöscht werden.“
US-Vizepräsident JD Vance erklärte, der Waffenstillstand würde „trotz kleiner Scharmützel, die es hier und da gibt“, standhalten. Er fügte hinzu: „Wir rechnen damit, dass die Israelis reagieren werden“, wenn man sie beschieße.
Mit anderen Worten: Ein wesentlicher Teil des „Waffenstillstands“ sind „kleine Scharmützel“, bei denen innerhalb von 24 Stunden über 100 Palästinenser massakriert werden.
Die anhaltenden israelischen Massaker und die bewusste Einschränkung der Lebensmittellieferungen machen deutlich, dass das „Friedensabkommen“ nur eine Tarnung für die Fortsetzung des Genozids ist. Die Regierungen im Nahen Osten und in Europa sowie alle großen Medien lobten den Deal als großen Durchbruch und großen Schritt zum Frieden. Tatsächlich ist es nichts dergleichen, sondern zementiert lediglich die israelische Besetzung des Gazastreifens und liefert diplomatische Rückendeckung für Israels tägliche Massaker und das vorsätzliche Aushungern der Bevölkerung.
Haneen Mteir, dessen Neffen und Schwestern im südlichen Gazastreifen getötet wurden, erklärte gegenüber Associated Press: „Das sind Massaker... Sie haben Kinder im Schlaf verbrannt.“
Dr. Mohammed al-Mughir, ein Vertreter des Zivilschutzes von Gaza, erklärte: „Eines der Ziele dieser Angriffe war das Lager Insan, eine Lager für Krebspatienten.“
Khadija al-Husni, eine Mutter, die im Flüchtlingslager Shati im Gazastreifen lebt, erklärte gegenüber Al Jazeera: „Entweder es gibt Waffenstillstand, oder es gibt Krieg - beides gleichzeitig geht nicht. Die Kinder konnten nicht schlafen; sie dachten, der Krieg wäre vorbei.“
In den drei Wochen seit Ankündigung des „Waffenstillstands“ hat Israel in einer Serie von zunehmend gewaltsamen und enthemmten Angriffen 200 Palästinenser getötet.
In einer Erklärung des Euro-Med Human Rights Monitor hieß es, der „Waffenstillstand“ bedeute „kein Ende des Völkermords, den israelische Behörden weiterhin systematisch und kontinuierlich fortsetzen, auch wenn die offenen Luftangriffe nachgelassen haben. Sie töten weiterhin gezielt Zivilisten und setzen willkürliche Maßnahmen um, darunter eine strenge Blockade, die Schließung von Grenzübergängen und scharfe Einschränkungen der Einfuhr von schwerem Gerät, das für die Beseitigung von Trümmern und die Suche nach Vermissten erforderlich ist. Auch die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Medikamenten sowie der Zugang für humanitäre Hilfe wird willkürlich eingeschränkt.“
Israelische Politiker haben derweil den vollständigen Bruch des Waffenstillstands und einen noch umfangreicheren Angriff auf den Gazastreifen gefordert. Moshe Sa‘ada von Netanjahus rechter Partei Likud erklärte am Mittwoch im Rundfunksender der israelischen Armee: „Es ist Zeit zuzugeben, dass wir einen Fehler gemacht und versagt haben, und diesen Waffenstillstand zu beenden.“
Das Wall Street Journal forderte in einem Leitartikel eine Eskalation seitens Israels und die „Entmilitarisierung“ des Gazastreifens. Dies erfordere „israelische Militäraktionen, die am Dienstag nach den Anschlägen der Hamas wieder aufgenommen wurden. Israelische Truppen übernehmen vielleicht vorläufig weitere Gebiete von der Hamas, doch eine reguläre Intervention ist notwendig, um Druck auf die Hamas auszuüben und ihren Wiederaufbau zu verhindern.“
Die Zeitung lobte Trumps „Waffenstillstandsabkommen“ erneut, weil es „vorsieht, dass die Hamas sofort alle Geiseln freilässt und Israel die Hälfte des Gazastreifens überlässt, bis die Hamas entwaffnet ist.“ Mit anderen Worten: es hat Bedingungen geschaffen, unter denen Israel seine Angriffe jederzeit wieder aufnehmen kann.
Die Hamas hat alle noch lebenden Geiseln, die sie am 6. Oktober 2023 gefangen genommen hatte, und bislang ebenso die Leichen von knapp über der Hälfte der 28 toten Geiseln übergeben. Die USA und Israel haben der Hamas vorgeworfen, die Leichen nicht schnell genug zu übergeben und nutzen dies als Vorwand für Angriffe.
Neben dem anhaltenden und eskalierenden Blutbad schränkt Israel entgegen der Bedingungen des Waffenstillstandes auch die Lebensmittellieferungen in den Gazastreifen weiter ein. Israel hatte versprochen, dass täglich 600 Lastwagen mit Hilfsgütern durchgelassen würden, doch die tatsächliche Zahl ist viel niedriger.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Euro-Med Human Rights Monitor veröffentlichte letzte Woche eine Reihe von Statistiken, die auf seinen eigenen unabhängigen Untersuchungen basieren und das Ausmaß der Zerstörung zeigen, die sich im Gazastreifen in zwei Jahren Völkermord ereigneten. Die Zahlen zeigen, dass seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 270.000 Menschen oder etwa zwölf Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens getötet, verwundet oder verhaftet wurden.
Der Bericht kam zu dem Schluss, dass „die israelische Armee in mehr als zwei Jahren im Gazastreifen etwa 75.190 Palästinenser getötet hat, darunter mindestens 70.248 Zivilisten, die 90 Prozent der Gesamtzahl ausmachen. Bei 21.310 bzw. 30 Prozent der Toten handelt es sich um Kinder, bei 13.987 bzw. zwanzig Prozent um Frauen.“
Weiter hieß es, dass 45.600 Kinder ein oder beide Elternteile durch israelische Angriffe verloren haben.
Laut Schätzungen der Organisation sind seit Beginn des Völkermordes 482 Palästinenser an Unterernährung gestorben, darunter 160 Kinder. Weiter hieß es:
Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens leidet weiterhin unter schwerer Ernährungsunsicherheit, da Israel weiterhin die Grenzübergänge einschränkt und lebenswichtige Nahrungsmittellieferungen verhindert, während es den Zufluss humanitärer Hilfe und Hilfsgüter in begrenztem Umfang erlaubt.
In dem Bericht war weiter zu lesen:
Bisher wurden 1.701 Beschäftigte des Gesundheitswesens getötet, darunter 194 Ärzte und 376 Pflegekräfte. Weitere 2.195 wurden verletzt. Darüber hinaus kamen 255 Journalisten, 140 Mitarbeiter des Zivilschutzes, 800 Lehrkräfte und 200 Akademiker und Universitätsprofessoren ums Leben.
99 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens wurde in den letzten zwei Jahren mindestens einmal gewaltsam vertrieben, die große Mehrheit der Gebäude wurde zerstört oder beschädigt, darunter 555.000 Wohneinheiten und 621 Schulen. 95 Prozent der Schulen und Universitäten sowie jedes einzelne Krankenhaus im Gazastreifen wurden entweder komplett zerstört oder beschädigt.
