„Das muss aufhören!“ - freigestellte US-Bundesbeschäftigte fordern Ende des Shutdown

Stimmen gegen den Shutdown und die drohende Einstellung der Lebensmittelmarken an Washingtoner Tafeln

Schlange von Hunderten von Fahrzeugen, deren Fahrer vor einer Tafel auf Lebensmittel warten. St. Mary's Food Bank, Phoenix (Arizona), 28. Oktober 2025 [AP Photo/Ross D. Franklin]

Am Samstag, den 1. November, stellte die Trump-Regierung die Bereitstellung von Lebensmittelmarken für über 42 Millionen amerikanische Haushalte ein. Es ist einer der grausamsten Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung in der Geschichte der USA.

Der „Hungerplan“ der Regierung zielt darauf ab, die Bevölkerung durch Aushungern gefügig zu machen. Er ist Teil von Trumps Versuch, eine faschistische Diktatur zu errichten, um die beispiellose Ungleichheit aufrechtzuerhalten, die in Folge seiner Politik nur noch größer wird. Gleichzeitig investiert er riesige Summen in den Ausbau des Militärs und die Vorbereitung auf einen Weltkrieg.

Am Freitag wies ein Bundesgericht die fadenscheinige Behauptung des Weißen Hauses zurück, es dürfe nicht auf legalem Weg auf einen 5,5 Milliarden Dollar schweren Notfallfonds zugreifen, der für die Unterstützung des Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP), auch bekannt als Lebensmittelmarken, vorgesehen ist. Nicht nur wurden diese Mittel schon bei früheren Shutdowns genauso verwendet, sondern sie sind auch Teil des ursprünglichen Plans des US-Landwirtschaftsministeriums für den aktuellen Shutdown (Haushalt-Stillstand).

Das Urteil kam jedoch zu spät, um eine Verzögerung bei der Auszahlung der Gelder zu verhindern. Die Trump-Regierung versucht, diese Verzögerung so weit wie möglich in die Länge zu ziehen, indem sie behauptet, sie brauche vom Gericht eine „Klarstellung“ über die Frage, wie dieses Geld verwendet werden könnte.

Gleichzeitig haben Bundesbeschäftigte, von denen seit Trumps Amtsübernahme bereits hunderttausende entlassen wurden, aufgrund des Shutdown seit über einem Monat kein Gehalt mehr erhalten. Dies wird nirgendwo stärker spürbar als in der Region um Washington D.C.

Es ist die Region mit der größten Konzentration an Bundesbeschäftigten in den USA. Alleine in Washington D.C. sind 186.500 von ihnen beschäftigt, was fast ein Viertel aller Arbeitsplätze in der Stadt ausmacht. In der gesamten Metropolregion, die aus Washington D.C. und dem angrenzenden Bundesstaaten besteht, sind fast 450.000 Bundesbeschäftigte tätig.

Bereits im Sommer verursachte das „Ministerium für staatliche Effizienz“, auch DOGE genannt, eine Rezession, als Elon Musk in Trumps Auftrag Massenentlassungen anordnete.

Die Capital Area Food Bank (CAFB) hat in der Region Washington D.C. eine Reihe von Lebensmittelausgaben organisiert, um den enormen Bedarf an Lebensmitteln für Bundesangestellte im District of Columbia, sowie in Virginia, Maryland und West Virginia zu decken. Wie ein Sprecher dieser Wohltätigkeitsorganisation der World Socialist Web Site erklärte, waren schon vor dem Shutdown „mehr als 36 Prozent der Menschen in unserer Region, d.h. etwa 1,5 Millionen Haushalte, in irgendeiner Form von Ernährungsunsicherheit betroffen“.

Ein Mitarbeiter der LindaBen Foundation in Beltsville (Maryland), der bei der Organisation einer Verteilung mithalf, erklärte, dass der „amerikanische Traum“ für die meisten Menschen mittlerweile ein „amerikanischer Albtraum“ geworden sei.

Ein beurlaubter Bundesangestellter erklärte der WSWS vor kurzem an  einer Lebensmitteltafel: „Es ist sehr schwer, nicht nur für Bundesbeschäftigte. Das hat mit dem Amtsantritt der neuen Regierung begonnen. Schon zuvor war ja schon alles teuer. Viele von uns, wahrscheinlich die meisten, haben von einem Gehalt zum nächsten gelebt. Jetzt ist es noch schlimmer. Alles ist noch teurer. Man kommt kaum über die Runden, weil alles so teuer ist und wir keine Gehaltserhöhungen bekommen. In der Behörde, für die ich gearbeitet habe, gab es seit zwei Jahren keine Angleichung an die Lebenshaltungskosten.“

Eine beurlaubte Mitarbeiterin des National Institute of Health erklärte: „Alle meine Kollegen versuchen, sich gegenseitig so weit wie möglich zu unterstützen.

Was wir gerade durchmachen, ist die reine Not. Wir sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst, und unser Grundgehalt ist gleich null. Für Oktober haben wir nur 60 Stunden bezahlt bekommen. Auf dem ersten Gehaltsscheck fehlten 20 Stunden, und beim nächsten waren wir für 80 Stunden beurlaubt. Bisher habe ich 100 Stunden nicht bezahlt bekommen. Das ist wirklich sehr schwer. Ich habe einen Sohn an der Universität. Ich habe eine Hypothek, und ich habe keine Ersparnisse für Notlagen. Ich bin in Kontakt mit der Hypothekenbank und einigen anderen Gläubigern.

Sie erklärte, ihre Familie im Ausland leide unter den Folgen des Kategorie-5-Hurrikans Melissa in der Karibik. Aufgrund des Shutdowns konnte sie ihr aber kein Geld zur Unterstützung schicken.

Ein Elektroingenieur einer Bundesbehörde erklärte: „Ich wurde beurlaubt, aber ich weiß nicht, wie lange ich ohne Arbeit zu Hause bleiben kann. Ich muss doch meine Familie unterhalten. Man darf nicht die staatlichen Angestellten für den Shutdown bestrafen, sie sind nicht verantwortlich. Die amerikanische Bevölkerung verdient das nicht. Das muss aufhören!“

Jimena

Jimena sagte: „Ich habe eine Tochter und eine Nichte, die von Sozialhilfe abhängig sind. Normalerweise ist meine Tochter auf mich angewiesen, aber jetzt bin ich zwangsbeurlaubt. Das schadet meiner Familie: meinen Enkelkindern, meiner Tochter und meinen Nichten.“

Jimena erklärte, sie arbeite seit der Beurlaubung in Gelegenheitsjobs, u.a. bei Uber und Amazon:

Ich stehe um 2:45 Uhr auf, um ab 3:45 Uhr eine Schicht bei Amazon zu arbeiten, bei der ich um 3:30 Uhr vor Ort sein muss. Nach der vierstündigen Schicht arbeite ich direkt bei Uber bis 13 oder 14 Uhr. Ich bin meistens müde, aber es tut gut, dass ich etwas tun kann, um meiner Familie zu helfen.

Trotzdem verdient sie bei ihren diversen Gelegenheitsjobs nur „25 bis 30 Prozent von dem, was ich davor verdient habe. Es reicht nicht, um alle Rechnungen zu bezahlen.“

Einige Bundesbeschäftigte haben die letzten drei Male keinen vollen Lohn erhalten. Allein in der Exekutive verdient fast ein Sechstel der Beschäftigten weniger als das nationale Durchschnittsgehalt von 62.000 Dollar pro Jahr.

Landesweit sind mehr als 1,4 Millionen von 2,4 Millionen Bundesbeschäftigten aufgrund des Shutdowns entweder freigestellt, oder sie arbeiten unbezahlt. Da keine genauen regionalen Daten zur Anzahl der betroffenen Beschäftigten vorliegen, bedeutet dies im Verhältnis für den Großraum Washington D.C., dass dort derzeit schätzungsweise 125.000 Beschäftigte kein Gehalt beziehen.

Ein Beschäftigter, der fast 40 Jahre im öffentlichen Dienst tätig war, erklärte bei der Wohltätigkeitsorganisation Beltsville: „Ich habe mein ganzes Leben für eine Krise geplant, die nie eingetreten ist. Jetzt ist es soweit. Nach all diesen Jahren bin ich jetzt von Hilfe abhängig, was ich nie sein wollte.“

In Maryland hat die von den Demokraten geführte Regierung am Donnerstag den Notstand ausgerufen, da sie mit einem Auslaufen der Lebensmittelhilfe SNAP rechnete. Der demokratische Gouverneur Wesley Moore kündigte in den sozialen Medien an, der Bundesstaat werde den Tafeln im gesamten Bundesstaat zehn Millionen Dollar „zur Verfügung stellen“.

Das ist jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Washington Post erklärte dazu letzte Woche: „Lebensmitteltafeln sind nicht darauf ausgerichtet, größere Programme wie SNAP zu ersetzen, die Ernährungsunsicherheit bekämpfen sollen (...) Eine Mahlzeit bei der Tafel entspricht neun Mahlzeiten, die vom SNAP bereitgestellt werden.“

Ein Bundesangestellter, mit 40 Jahren Berufserfahrung, erklärte gegenüber der WSWS: „Das ist nicht der erste Shutdown, den ich durchmachen musste. Ich habe es [2018 und 2019] schon mal 35 Tage lang erlebt.“

Ein anderer Arbeiter erklärte mit Blick auf die Kürzungen bei SNAP: „Es sieht aus, als würde das noch länger dauern. Jetzt greift er [Trump] unschuldige Amerikaner an.“ Und weiter:

Man nimmt den Leute, die einfach ihrem Alltag nachgehen, das Essen weg, nicht wahr? Wie kann man jemandem die Lebensgrundlage entziehen? Wenn es um Geld geht, kann man noch diese Rechnung statt einer andern bezahlen, aber wenn nichts zu essen da ist, dann kann man nichts machen. Die Kleinkinder sind doch nicht daran schuld.

Derselbe Arbeiter verurteilte auch die brutalen Angriffe, die die Regierung auf Arbeitende auf der ganzen Welt führt, auch in Venezuela, wo Trump eine Regimewechseloperation gegen die Maduro-Regierung betreibt:

Erst neulich hat er gesagt, sie erschießen die Menschen auf den Booten, angebliche Drogendealer, die zu Kartellen gehören, und er bringt die Leute einfach um.

Ich finde das unglaublich. Er [Trump] hat alles, wovon seine Familie profitiert, jede Gelegenheit in diesem Land, die seine ganze Familie ausnutzt, den einfachen, normalen Leuten weggenommen, die einfach nur jeden Tag zur Arbeit gehen wollen.

Ich komme aus Lateinamerika. Ich bin dunkelhäutig, und sie verhaften praktisch alle, die nicht weiß sind. Mit all diesen Strafverfolgungsbehörden, dem FBI und jeder anderen Behörde, die sie einsetzen, sogar der Nationalgarde, obwohl das illegal ist, wissen Sie, diskriminieren sie einfach nur Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe.

„Das ist eine Regierung der Oligarchie“, schloss der Arbeiter. „Ich meine, sie kontrollieren die Regierung, und sie missachten und verstoßen gegen die Verfassung.“

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