249. Die Analyse der Auswirkungen der Globalisierung der Produktion durch das Internationale Komitee wurde vor dem Hintergrund von Gorbatschows Versprechen „demokratischer Reformen“ in der UdSSR durch Glasnost und Perestroika entwickelt. Das Internationale Komitee stützte sich auf Trotzkis historische Analyse der stalinistischen Bürokratie als einer konterrevolutionären Kaste. Es betonte, dass Gorbatschows Programm einen reaktionären Versuch darstelle, die Krise der isolierten Sowjetwirtschaft durch die Zerstörung der verstaatlichten Eigentumsverhältnisse und die Restaurierung des Kapitalismus zu überwinden. Diese Warnung wurde durch die formelle Auflösung der Sowjetunion am 25. Dezember 1991 ebenso bestätigt wie durch die Einführung des kapitalistischen Marktes und die anschließende Verwandlung der führenden Figuren des stalinistischen Staatsapparates, der Industrie und der Partei in kriminelle Oligarchen. Dieser Prozess wurde im gesamten „Ostblock“ kopiert.
250. Die Zerstörung der Sowjetunion war ein politischer Schlag gegen die internationale Arbeiterklasse. Dennoch wies das Internationale Komitee die Behauptung zurück, dass sie den Triumph des kapitalistischen Marktes repräsentiere oder beweise, dass es keine Alternative zum Profitsystem gebe. Dass die UdSSR zuerst zusammenbrach, lag daran, dass die stalinistische Bürokratie ein extremes Maß an wirtschaftlicher Autarkie praktiziert hatte. Aber die gleichen Widersprüche zwischen dem Nationalstaat und der globalen Wirtschaft waren international am Werk. Die Kette des Imperialismus war an ihrem schwächsten Glied gerissen. Dies kündigte die Eröffnung einer neuen Periode wirtschaftlicher Erschütterungen, inter-imperialistischer Antagonismen und ein erneutes Streben nach der Wiederaufteilung der Welt durch koloniale Eroberungskriege an – eine Einschätzung, die durch den Ausbruch des Golfkrieges 1991 ihre Bestätigung fand.
251. Das Internationale Komitee betonte, dass der vollständige Übergang der stalinistischen Bürokratie in das Lager des Imperialismus von universeller Bedeutung war. Das Phänomen des „Zurückweisertums“ fand seinen Ausdruck in dem Wandel der Gewerkschaften zu direkten Anhängseln des Managements und der Abkehr der sozialdemokratischen Parteien von ihrer früheren Reformpolitik. Sie weiterhin als Arbeiterorganisationen zu definieren, hätte bedeutet, die Arbeiterklasse gegenüber der Realität blind zu machen.
„Was in der ehemaligen Sowjetunion stattgefunden hat, ist Ausdruck eines internationalen Phänomens. Überall auf der Welt ist die Arbeiterklasse mit der Tatsache konfrontiert, dass die Gewerkschaften, Parteien und sogar Staaten, die sie in einer früheren Periode geschaffen hat, in direkte Instrumente des Imperialismus verwandelt worden sind. Vorbei sind die Tage, in denen die Bürokratien den Klassenkampf ‚vermittelten‘ und die Rolle eines Puffers zwischen den Klassen spielten. Obwohl die Bürokratien die historischen Interessen der Arbeiterklasse generell verrieten, dienten sie in beschränktem Sinne doch immer noch ihren praktischen Tagesbedürfnissen und ‚rechtfertigten‘ in diesem Maße ihre Existenz als Führer von Arbeiterorganisationen. Diese Periode gehört jetzt der Vergangenheit an. Die Bürokratie kann in der heutigen Periode keine solche unabhängige Rolle mehr spielen.“[79]
252. Diese Einschätzung stand in klarem Gegensatz zu den Positionen der verschiedenen pablistischen Gruppen, deren Verteidigung des Stalinismus nun die Form einer direkten Entschuldigung für die konterrevolutionäre Auflösung der Sowjetunion annahm. Tariq Alis Buch „Revolution von oben: Wohin treibt die Sowjetunion?“ (1988) war Boris Jelzin gewidmet, der für seinen „politischen Mut“ gelobt wurde. Glasnost und Perestoika, so fügte Ali hinzu, „bedeuten eine enorme Errungenschaft für Sozialisten und Demokraten im Weltmaßstab.“ Als der Kapitalismus schließlich wieder eingeführt wurde, erklärte er, „das Spiel sei für die kommenden vier oder fünf Jahrzehnte vorbei.“
253. Auch die Militant-Strömung nahm die Position ein, dass Gorbatschow einen „Reformflügel der Bürokratie darstelle und kein bewusster Agent des Imperialismus“ sei. [80] Erst als es unmöglich wurde, den Drang zur Wiederherstellung des Kapitalismus weiter zu leugnen, geriet der Herausgeber des Militant, Peter Taaffe, mit Grants Analyse in Konflikt. Selbst dann beschwerte sich Taaffe noch, dass Jelzin einen Bruch mit Stalins vorheriger „relativ progressiver Rolle“ repräsentiere, wobei er behauptete, die Wiederherstellung des Kapitalismus sei „das unwahrscheinlichste Szenario.“[81]
Cliffs SWP stellte sich in ähnlicher Weise auf die Seite des Flügels der Sowjetbürokratie, der die Wiederherstellung des Kapitalismus betrieb, und begrüßte seine „demokratischen Reformen“. Nachdem der Kapitalismus mit schrecklichen Folgen für die Arbeiterklasse wieder eingeführt worden war, erklärte Chris Harman, dass „der Übergang vom Staatskapitalismus zum multinationalen Kapitalismus kein Schritt vorwärts oder rückwärts, sondern ein Schritt zur Seite“ sei.[82]
David North, Das Ende der Sowjetunion und die Zukunft des Sozialismus, Essen, 1992, S.25
Peter Taaffe, The Rise of Militant (1995), Militant Publications, p. 331 [aus dem Englischen]
ibid., S. 326/329 [aus dem Englischen]
The storm breaks, International Socialism, Frühling 1990, S.46 [aus dem Englischen]