Duisburg: neuer tödlicher Unfall eines Lokführers

Schon wieder ist es zu einem tödlichen Unfall im Bereich der Bahn gekommen: Am frühen Montagmorgen, den 21. Oktober, starb ein 46-jähriger Lokführer während der Arbeit auf einem Duisburger Betriebsgelände.

Der verunfallte Lokführer war in der Nachtschicht von Sonntag auf Montag mit seinem Triebwagen auf dem großen Gelände von Arcelor Mittal an der Vohwinkelstraße unterwegs. Gegen 3:30 Uhr verließ er das Führerhaus, um die Lok per Fernsteuerung weiterzusteuern – ein Vorgang, der in den standardisierten Arbeitsabläufen durchaus üblich ist. Aus bisher ungeklärten Gründen geriet er unter die mehrere Tonnen schwere Lokomotive.

Ein Kollege, der den Schwerverletzten entdeckte, leistete sofort Erste Hilfe und wählte den Notruf. Die Ambulanzhelfer reanimierten ihn vor Ort und brachten ihn in die Klinik, wo er jedoch verstarb.

Eisenbahner, Lokführer und alle ihre Unterstützer müssen das schreckliche Ereignis zum Anlass nehmen, um selbst aktiv zu werden und sich dem Bahn-Aktionskomitee anzuschließen.

Denn der entsetzliche Unfall ist bereits der elfte innerhalb der bisher zehn Monate dieses Jahres im Bereich der Bahn. Diese Unfallhäufung ist weder natürlich noch unvermeidlich: Sie ist Folge der rücksichtslosen Generalsanierung bei der Bahn, die eher einer „Generalzerstörung“ gleicht und mit der Streichung von 30.000 Stellen einhergeht.

Für Arbeiter im Dienst der DB AG könnte das Jahr 2024 das tödlichste Jahr seit langem werden. Hier eine kurze Übersicht, die neun bisherige Todesfälle und zwei Beinahe-Todesfälle auflistet:

  • 19. Januar, bei Koblenz am Rhein: Ein 39-jähriger Arbeiter einer Baufirma wird auf den Gleisen von einem Regionalzug erfasst und tödlich verletzt.
  • 1. März, Freilassing (Bayern): Ein 32-jähriger Bauarbeiter stürzt durch das Überdach mehrere Meter tief auf den Bahnsteig und wird unter herabstürzenden Betonplatten zerschmettert; ein zweiter wird schwer verletzt.
  • 7. März, Raunheim (Hessen): Auf einer Baustelle der Deutschen Bahn AG wird ein 21-jähriger Arbeiter vom Bauzug erfasst und mitgeschleift. Er stirbt kurz darauf in der Uniklinik Frankfurt am Main.
  • 30. März, Bruchsal, Süddeutschland: Bei Schweißarbeiten wird ein 42-jähriger Gleisarbeiter getötet. Bei der Arbeit seitlich der Gleise wird der Arbeiter, am Boden liegend, von einem Baggerführer beim Rückwärtsfahren übersehen, überfahren und tödlich verletzt.
  • 14. April, Kreis Göttingen: Am Südportal des Rauhebergtunnels (Sanierung der Schnellstrecke Hannover – Würzburg) wird ein 33-jähriger Bauarbeiter von einem schwer beladenen Radlader erfasst. Er stirbt noch auf der Unfallstelle.
  • 15. April, Lübeck: Ein Bahnmitarbeiter (55), der als Posten zur Sicherung eines zeitweise gesperrten Bahnübergangs eingesetzt ist, wird von einer Lok erfasst und erleidet schwerste Verletzungen. Dieser Arbeiter konnte offenbar durch eine Notoperation gerettet werden, ist aber für sein Leben gezeichnet.
  • 1. Juli, Bretten (Kreis Karlsruhe): Ein Gleisarbeiter (49), Mitglied eines Bautrupps, wird von einer Regionalbahn erfasst und getötet.
  • 3. September, Wörth (Bayern): Beim Rangieren einer Lok gerät ein Triebfahrzeugführer zwischen die Lok und einen Lastwagen, der mit dem Zug zusammenprallt. Der Lokführer wird eingeklemmt und so schwer an den Beinen verletzt, dass ein Hubschrauber ihn ins nächste Krankenhaus bringen musste.
  • 1. Oktober, bei Fachingen, Süddeutschland: Bei Gleisarbeiten an der Lahntalbahn, Fachinger Tunnel (Baden-Württemberg), wird ein 55-jähriger DB-Mitarbeiter von einem Güterzug erfasst und tödlich verletzt.
  • 9. Oktober, Unterfranken: Bei Kitzingen wird ein Streckenarbeiter, um halb zwei Uhr nachts vom ICE erfasst und getötet. Die Bahn hat den 52-jährigen DB-Mitarbeiter als Sicherungsposten an einer Baustelle eingesetzt.
  • 21. Oktober, Duisburg: Tod des 46-jährigen Lokführers bei nächtlichen Rangierarbeiten für Arcelor Mittal.

Die Aufstellung ist zwangsläufig unvollständig, denn es gibt keine Behörde, die alle Unfälle registriert, geschweige denn eine Stelle, die alles veröffentlicht, die Bahnarbeiter warnt und die Ursachen untersuchen würde, damit solche Unfälle in Zukunft nicht mehr vorkommen. „Wir wissen nicht, wie viele Leute am Arbeitsort sterben“, bestätigte vor kurzem der Arbeitsrechtler Wolfhard Kohte.

Wie der Film „Tod am Gleis“ des ZDF-Frontal vor kurzem gezeigt hat, werden Bautrupps mittlerweile oft losgeschickt, ohne dass die Gleisstrecke überhaupt abgesperrt ist. Für die Männer wird die Arbeit am Gleis damit zu einer Art Himmelfahrtskommando, bei dem sie wissen, dass niemand für ihre Sicherheit sorgt und dass keiner sie vernünftig vor herannahenden Zügen warnen wird.

Auffällig ist, wie viele Unfälle sich des Nachts am Gleis ereignen. Auch sind auffällig viele Arbeiter betroffen, die bei einem Subunternehmer der Bahn arbeiten. Für sie fühlt sich weder die Bahn noch die Eisenbahnergewerkschaften EVG und GDL wirklich zuständig.

Auch der jüngst in Duisburg verstorbene Kollege arbeitete im Auftrag eines Subunternehmers von Arcelor Mittal. Der Stahlkonzern, der in Duisburg 900 und weltweit 190.000 Beschäftigte hat, lässt über seinen Sprecher eine dürre, nichtssagende Floskelzeile verlauten: „Unsere Gedanken sind bei der Familie des Mannes.“ Weder die EVG noch die Lokführergewerkschaft GDL oder ihre Landesgruppe NRW haben bisher auf ihrer Webseite auch nur Notiz von dem Unfall genommen.

Es ist höchste Zeit, dass Eisenbahner, Lokführer und ihre Unterstützer sich unabhängig von den Gewerkschaften in Aktionskomitees organisieren! Das Aktionskomitee Bahn, das sich vor anderthalb Jahren formierte, ist ein Zusammenschluss von Bahnbeschäftigten mit und ohne Gewerkschaftsbuch, die nicht länger bereit sind, die Vorherrschaft der Gewerkschaftsapparate zu dulden.

Das Aktionskomitee wendet sich an Eisenbahner und Lokführer unabhängig davon, ob sie bei der DB AG, einer anderen Gesellschaft oder einem Subunternehmer beschäftigt sind. Unser Ziel ist es, die massiven Angriffe auf Löhne, Stellen und Arbeitsbedingungen gemeinsam abzuwehren. Unsere Verbündeten sind dabei nicht die Manager und Gewerkschaftsfunktionäre, von denen viele auf lukrativen Aufsichtsratsposten sitzen, sondern die Eisenbahner in ganz Europa und auf der ganzen Welt.

In seiner Gründungsresolution hat es erklärt: „Unsere Rechte auf angemessenen Lohn und erträgliche Arbeitsbedingungen stehen höher als die Profitinteressen des Bahnvorstands, der Investoren und Spekulanten.“ Dies hat ist umso aktueller, da die Bundesregierung sämtliche Interessen der abhängig Beschäftigten auf dem Altar ihrer Kriegspolitik opfert.

Was die Unfallhäufung angeht, so rufen wir alle Bahnbeschäftigten auf, relevante Informationen festzuhalten und sie uns mitzuteilen. Wir werden alles tun, um die Ursachen aufzuklären, auf der WSWS bekanntzumachen und für ihre Beseitigung zu kämpfen.

Schreibt uns, wenn ihr Informationen für die Kolleginnen und Kollegen habt und wenn ihr am Aufbau des Aktionskomitees Bahn teilnehmen könnt! Schreibt über Whatsapp,+49-163-337-8340 und registriert euch über das untenstehende Formular!

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