Die Krankenhausreform der Ampelregierung, die kürzlich im Bundestag verabschiedet wurde, bedeutet einen drastischen Kahlschlag im Gesundheitswesen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte nach der Verabschiedung öffentlich: „Es ist ganz klar, dass wir in zehn Jahren spätestens ein paar Hundert Krankenhäuser weniger haben werden“. Angeblich gebe es für diese Kliniken „nicht den medizinischen Bedarf“. Schon jetzt stehe jedes dritte Bett leer, außerdem gebe es zu wenig Personal, so Lauterbach.
Während Krankenhaus- und Patientenverbände scharfe Kritik an der Reform und den damit verbundenen Klinikschließungen üben, wird sie von allen im Parlament vertretenen Parteien unterstützt. Hier aufkommende Kritik geht über zweitrangige Finanzierungsfragen zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Umsetzung der Reform kaum hinaus. Einig sind sich alle Parteien darin, Kliniken zu schließen, die Versorgung breiter Bevölkerungsschichten zu verschlechtern, um Mittel für die Aufrüstung nach Innen und Außen freizusetzen.
Eine Vorreiterrolle spielt hier die Linkspartei. Während sie bei den letzten Landtagswahlen in Ostdeutschland noch mit dem Slogan „Jede Klinik zählt“ warb, setzt sie dort, wo sie in Regierungsverantwortung steht, den Kahlschlag durch.
Dies zeigt sich deutlich in Bremen, wo seit 2019 eine Koalition aus SPD, Grünen und Die Linke die Landesregierung stellt. Seither bekleidet Claudia Bernhard das Amt der Gesundheitssenatorin. Und es ist ihr zentrales Projekt, die landeseigenen Kliniken auf Kosten von Beschäftigten und Patienten profitabel zu machen.
Bereits 2021, inmitten der Corona-Pandemie, kündigte die Bremer Landesregierung an, 440 Vollzeitstellen abzubauen und die Bettenzahl im Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) entsprechend zu kürzen. Mit rund 3000 Betten ist Geno einer der größten kommunalen Klinikverbände Deutschlands.
2023 war Bernhard eine der ersten, die die Aufhebung von Corona-Testungen an Kliniken forderte, weil diese angeblich nicht mehr sinnvoll seien.
Im letzten Jahr wurden Pläne bekannt, das Klinikum Links der Weser zu verkleinern, was zu Protesten der Beschäftigten führt. Mittlerweile ist klar, der Klinikverbund wird künftig nicht mehr vier, sondern nur noch drei Standorte betreiben. Das Herzzentrum, das der Kern des Klinikums Links der Weser ist, wird teilweise in den Standort Bremen-Mitte integriert. Der Umzug ist für das Jahr 2028 geplant.
Gleichzeitig kündigte die Geno an, ab 2027 eine schwarze Null schreiben zu wollen. Um dies umzusetzen, verkündeten Management und Senat weitere Einsparungen. U.a. sind weitere Zusammenlegungen geplant. Mehrfach vorhandene Angebote im Klinikverbund sollen zusammengelegt werden, was unweigerlich mit Personalabbau einhergeht. Betroffene Bereiche werden die Essensversorgung, Labor, Sterilisation und Logistik sein.
Die Behauptungen von Bernhard, es handle sich lediglich um eine „Verlagerung“, sind eine bewusste Täuschung. So befürchtet etwa der Ärzteverband Marburger Bund, dass bei den Kliniken Bremen-Mitte und Ost insgesamt 120 Ärztestellen gestrichen werden. Dies hätte zur Folge, dass nach der Schließung der Klinik Links der Weser mehr Patienten von deutlich weniger Ärzten versorgt werden müssten.
Genau dies ist der Ansatz der gesamten Klinikreform von Lauterbach und der Ampel-Regierung. Und genau aus diesem Grund ist Bernhard eine der eifrigsten Befürworter der Reform.
In einem Interview mit der taz vom 17. Oktober lobte sie die Reform überschwänglich und verwahrte sich jeder Kritik dagegen. Die Krankenhausreform sei „kein Sparprogramm“ und dürfe „auch nicht als solches verstanden werden“, erklärte sie zynisch.
Eindringlich warnte sie vor einem Scheitern der Reform, da dies die Kürzungen in den Ländern erschweren würde. „Wenn die Reform jetzt scheitert, das wäre fatal. Dann wird es für uns Realpolitiker in den Ländern bezüglich jeglicher Veränderung sehr viel schwerer“, so die Gesundheitssenatorin.
Im selben Interview prahlte sie damit, nach ihrem Amtsantritt ein „Gutachten zur Krankenhausumstrukturierung“ in Auftrag gegeben zu haben, um die Klinikleitungen in Bremen unter Druck zu setzen, „Kooperationen und Zusammenlegungen“ (also Stellenstreichungen) „freiwillig“ durchzuführen. Lauterbachs Reform werde hier den Druck erhöhen, und das sei von Vorteil.
Explizit sprach sich Bernhard gegen ein Gesundheitswesen aus, das sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und frei von Profitinteressen ist. Das Krankenhauswesen „ganz frei von ökonomischen Zwängen halten zu wollen“, halte sie „für naiv“. Das funktioniere nicht, „und zwar in keinem politischen System“.
Dann versicherte sie, die Reform auch gegen die enorme Opposition durchzusetzen. „Oh ja, da erwarte ich noch große Widerstände“, erklärte sie offen. Aber sie sei „der Überzeugung, dass wir als kleines Bundesland hier gute Voraussetzungen haben, um die nötige Umstrukturierung beispielhaft zu realisieren.“
Bernhards Aussagen und ihr Werdegang zeigen den durch und durch pro-kapitalistischen und arbeiterfeindlichen Charakter der Linkspartei. Bernhard trat erst 2007 in die Partei ein, nachdem diese bereits seit sechs Jahren in Berlin im Bündnis mit der SPD einen beispiellosen sozialen Kahlschlag angerichtet hat. Diese Politik hat Bernhard angezogen und ihr einen schnellen Aufstieg im Landesverband ermöglicht.
Die rot-rot-grüne Koalition in Bremen hat für das kommende Jahr ein weiteres drastisches Sanierungsprogramm eingeläutet. Dieses beinhaltet unter anderem Einsparungen bei Personalausgaben für öffentlich Beschäftigte. Hier sollen nach ersten Plänen rund 80 Stellen abgebaut werden, ausgenommen sind Polizei und Justiz. Förderprogramme sollen um drei Millionen Euro gesenkt werden und auch im Bereich der Sozialleistungen soll es Absenkungen geben.
Für den aktuellen Haushalt 2024 hatte die Landesregierung die Schuldenbremse ausgesetzt. Für den Haushalt 2025 hat Bremen dies ausgeschlossen. „Wir müssen unsere Finanzlage trotz schwächelnder Konjunktur und geringerer Steuereinnahmen in Ordnung bringen“, merkte Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) dazu an.
Die sozialen Angriffe gehen Hand in Hand mit Angriffen auf Flüchtlinge und demokratische Rechte. Als erste „strukturelle Maßnahme“ verkündete die Senatspressestelle die Umverteilung von minderjährigen Geflüchteten. Um hier zu sparen, wolle man auf „erhöhte Anstrengungen des Landes“ und „konsequente Verfahren“ setzen, um die Jugendlichen in Zukunft auf andere Länder zu verteilen, sprich abzuschieben.
Thüringen, wo der einzige „linke“ Ministerpräsident Bodo Ramelow nach seiner heftigen Niederlage bei den Landtagswahlen im September noch geschäftsführend im Amt ist, hat sich ebenfalls hinter Lauterbachs Reform gestellt. Mit der Verabschiedung der Thüringer Krankenhausgesetz-Novelle Anfang des Jahres hat die rot-rot-grüne Ramelow-Regierung auf Landesebene die Grundlagen gelegt, die nun geplante Neuaufstellung der Kliniken und deren Klassifizierung nach Leistungsgruppen umzusetzen.
Die geschäftsführende Ministerin für Gesundheit Heike Werner (Die Linke) behauptete, es gehe bei der Krankenhausreform vor allem um Kooperation und Vernetzung und kündigte an, es werde keine Klinikschließungen in Thüringen geben. Das ist offensichtlich gelogen. Die Wahrheit ist, dass in Thüringen schon vor der Reform ein Großteil der Kliniken mit dem Rücken zur Wand steht und sich die Situation mit den jüngsten Beschlüssen weiter verschärfen wird.
Im Sommer meldete die größte Klinik des Bundeslandes, das Universitätsklinikum Jena, erheblichen Finanzierungsbedarf an. An den landesweit 32 Kliniken und Polikliniken sowie mehr als zwei Dutzend Forschungsinstituten arbeiten rund 7000 Beschäftigte. Bereits jetzt hat in Thüringen die Klinikkette Regiomed mit Standorten in Neuhaus, Sonneberg und Hildburghausen Insolvenz angemeldet. Ebenso die Sternbach-Klinik Schleiz.