Deutsche Bahn transportiert Panzer und schwere Waffensysteme ins ukrainische Kriegsgebiet

Bei den öffentlichen Diskussionen über die Zukunft der Deutschen Bahn bleibt ein Thema meist im Dunkeln: ihre Beteiligung am Ukrainekrieg. In einem F.A.Z.-Interview hat DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta nun am 29. Juli die Katze aus dem Sack gelassen: DB Cargo „spielt eine zentrale Rolle bei den Militärtransporten“, erklärte sie. „Das Unternehmen ist zentral für die deutsche Verteidigungsstrategie.“

Und weiter:

DB Cargo, die Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn, transportiert täglich schweres Gerät, oft bis tief ins Kriegsgebiet hinein: Ausrüstungsgegenstände, Panzer, schwere Waffensysteme, alles, was sich nicht auf Lkw verladen lässt, wird Tausende Kilometer quer durch Deutschland und Polen transportiert, um die Verpflichtungen Deutschlands gegenüber der Ukraine zu erfüllen.

Panzerhaubitze der Bundeswehr auf einem Drehgestell-Flachwagen der DB Cargo [Photo by Lothar Stöckmann]

Bisher wurde dieses Thema, der Transport von Militärgütern und Waffen für den Krieg durch die Deutsche Bahn, in der Öffentlichkeit kaum erwähnt. DB Cargo und DB Schenker haben sich stattdessen damit gebrüstet, schon im März 2022 eine sogenannte „Schienenbrücke“ in die Ukraine aufgebaut zu haben: ein Logistiknetzwerk, um die ukrainische Zivilbevölkerung mit Hilfsgütern wie Lebensmittel, Trinkwasser und Sanitärartikel zu beliefern.

Seit Juli 2022 rollt die „Schienenbrücke“ der Deutschen Bahn auch in umgekehrter Richtung. DB Regio organisierte Sonderzüge für Flüchtlinge direkt von Przemysl ans Drehkreuz Cottbus. Die Bahn bot geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern Unterstützung und Hilfe bis hin zu Jobangeboten im eigenen Konzern. Außerdem wird über DB Cargo Romania Getreide aus der Ukraine heraus zu den Mittelmeerhäfen transportiert.

Die Bahn organisiert aber auch den Transport von deutschen Waffen und Rüstungshilfe für die Ukraine. In einem Interview mit der Kölnischen Rundschau äußerte sich Nikutta am 9. Juli 2025 dazu noch vage: „Die Verbindung zwischen Bahn und Bundeswehr ist schon aus historischer Sicht eng. Wir transportieren für die Bundeswehr und für alle Nato-Partner immer schon Güter auf der Schiene. Natürlich intensivieren wir das gerade.“ Sie setzte hinzu: „Vor ein paar Jahren hätten wir über diese Frage noch gar nicht nachgedacht.“

Knapp drei Wochen später nannte die Vorstandsvorsitzende dann in der F.A.Z. ausdrücklich die Dimensionen und die breit gefächerte militärische und rüstungstechnische Beteiligung der DB Cargo am Ukrainekrieg. Sie tat dies, um im Konflikt mit dem Konzernvorstand der DB AG und mit der Bundesregierung mehr Geld für DB Cargo herauszuholen. Denn der neue Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hat eine „knallharte“ Sanierung des DB-Konzerns, der noch zu 100 Prozent in Bundesbesitz ist, angekündigt. Und DB Cargo steckt tief in den roten Zahlen.

Der Güterverkehr der Bahn ist schon seit Jahren nicht profitabel, doch seine Aufgaben sind gesellschaftlich notwendig. Das gilt vor allem für den Einzelwagenverkehr, d.h. das Abholen einzelner Waggons bei den Industriebetrieben, ihr Zusammenfügen auf den Rangierbahnhöfen zu langen Güterzügen, bis hin zum Beliefern der Betriebe, ebenfalls mit einzelnen Waggons. Der Einzelwagenverkehr kann nicht wirklich profitabel sein, doch er dient der Klima-bedingten Verkehrswende: In Deutschland ersetzt der Transport auf der Schiene rund 40.000 Lkw-Fahrten am Tag.

Aber nun wird vom DB-Cargo-Konzern verlangt, bis Ende 2026 profitabel zu wirtschaften. Das hängt mit dem Kriegskurs der Regierung zusammen. Um Deutschland zum dritten Mal in eine militärische Großmacht zu verwandeln, haben Regierung, Bundestag und Bundesrat zugestimmt, nicht weniger als eine Billion Euro für die Rüstung aufzubringen. Seither setzt die Merz-Klingbeil-Regierung ihre Sparschrauben an sämtliche Ressorts an außer dem Verteidigungsbudget.

Bei den Sparauflagen für die Bahn versteckt sich die Regierung hinter einer Forderung der EU-Kommission (in der Deutschland ein gewichtiges Wort mitspricht und mit Ursula von der Leyen (CDU) die Präsidentin stellt). Schon seit dem 1. Januar 2025 darf der Mutterkonzern DB AG die Verluste der DB Cargo nicht mehr ausgleichen. Wenn das Unternehmen Ende 2026 nicht profitabel wirtschaftet, droht die Zerschlagung oder Abwicklung von DB Cargo.

Aus diesem Grund streicht die Vorstandsvorsitzende Nikutta im Wirtschaftsblatt F.A.Z. die Bedeutung der DB Cargo für das Kriegsgeschäft der Bundesregierung heraus. Mit Blick auf die Regierung sagte sie der F.A.Z.: „Die Militärtransporte spielen für Deutschland eine zentrale Rolle – für das Unternehmen DB Cargo allerdings nur eine ganz untergeordnete.“

Was bedeutet diese Entwicklung für die Arbeiterklasse? Eines ist klar: Lokführer, Eisenbahner und Hilfspersonal begeben sich mit diesen Militärtransporten in große Gefahr. Sie werden unmittelbar in das Kriegsgeschehen hineingezogen. Und dieser Krieg, der immer weiter eskaliert, birgt die Gefahr eines atomar geführten dritten Weltkriegs.

Der Ukrainekrieg ist nicht die behauptete Verteidigung der „westlichen Demokratie“ gegen „Putins unprovozierten Angriffskrieg“. Der Krieg ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Ausdehnung der Nato bis vor die Grenzen Russlands, sowie der offenen Einmischung der USA und Deutschlands in den Maidan-Putsch 2014.

Der russische Einmarsch war die reaktionäre Antwort der Milliarden-schweren Moskauer Oligarchie auf diese Entwicklung. Sie kann nur gestoppt werden, wenn sich russische, ukrainische, deutsche, amerikanische und internationale Arbeiterinnen und Arbeiter zusammenschließen und sich gemeinsam erheben.

Die Bahnbeschäftigten wurden niemals gefragt, ob sie der Teilnahme der DB Cargo am Ukrainekrieg zustimmen. Sie lehnen den Krieg in ihrer großen Mehrheit entschieden ab. Zu tief steckt der deutschen Arbeiterklasse der Zweite Weltkrieg noch in den Knochen (für den die Reichsbahn eine tragende Rolle, insbesondere bei den Transporten in den Holocaust, spielte).

Aber man hat den Eisenbahnern einen Maulkorb verpasst in Form der Gewerkschaftsführer von EVG und GDL, die sich zu Unrecht „Arbeitnehmervertreter“ nennen. EVG, GDL und der ganze DGB unterstützen die deutsche Beteiligung am Ukrainekrieg. Sie sitzen seit Jahrzehnten in allen Aufsichtsräten der Deutschen Bahn und teilen die Kriegspolitik der Union-SPD-Regierung.

Stellvertretender Vorsitzender des DB-Aufsichtsrats ist Martin Burkert, EVG-Chef und prominentes SPD-Mitglied. Weitere EVG-Mitglieder im DB-Aufsichtsrat sind unter anderen der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von DB-Cargo Martin Braun und die stellvertretende EVG-Vorsitzende Cosima Ingenschay. Im Aufsichtsrat von DB Cargo sitzt auch Mario Reiß, der Chef der GDL.

Sie alle sorgen dafür, dass die Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet seit Jahren stillschweigend, ohne öffentliche Diskussion, laufen können.

Lokführer, Eisenbahnarbeitende und andere Bahn-Beschäftigte müssen daraus die Konsequenzen ziehen! Sie sind in jeder Hinsicht die Betroffenen. Sie sind mit ständig schärferem Arbeitsstress, sinkenden Reallöhnen und dem Abbau von Arbeitsplätzen konfrontiert und sollen nun auch noch die Risiken eines Kriegs tragen.

Die Transformation der DB Cargo geht mit dem Abbau von 5.000 Arbeitsplätzen einher, das hat Nikutta im selben F.A.Z.-Interview bestätigt. Sie betonte, sie habe „ein sehr ambitioniertes Transformations- und Sanierungsprogramm“ eingeleitet. Während die Managergehälter und Boni ins Unermessliche steigen, wird im Betrieb Personal abgebaut, werden profitable Filetstücke privatisiert und werden Abteilungen, die Verluste einfahren, abgestoßen.

Auch schon bisher haben Lokführer und Eisenbahner die Kosten für die Profitgier der Vorstände und Aktionäre bezahlt, auch in der Form von schweren, lebensbedrohlichen und teils tödlichen Arbeitsunfällen am Gleis. Vor zwei Jahren hat sich als Antwort auf Reallohnsenkungen und einen drastischen Arbeitsunfall das Aktionskomitee Bahn gebildet, das sich unabhängig von EVG- und GDL-Führung organisiert.

Im Fall des Gazakriegs hat das Aktionskomitee Bahn schon im November 2023 dazu aufgerufen, alle Waffentransporte nach Israel zu stoppen und den Völkermord an den Palästinensern durch die Mobilisierung der Arbeiterklasse zu beenden. Das Aktionskomitee schrieb: „Die einzige gesellschaftliche Kraft, die die anhaltenden Kriegsverbrechen beenden kann, ist die internationale Arbeiterklasse.“ Gegen den Gaza-Krieg rief das Aktionskomitee dazu auf, „auch in Deutschland dafür zu sorgen, dass keine Waffen das Land verlassen. Sowohl die Produktion von Waffen und Munition für Israel als auch deren Transport müssen gestoppt werden.“

Auch in der Ukraine gibt es bereits Initiativen der Arbeiterklasse, den Krieg zu beenden. Die Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten (YGBL), die Arbeitende aus allen ehemaligen Sowjetländern vereinigt, kämpft auf sozialistischer und internationaler Grundlage für das Kriegsende. Die YGBL distanziert sich sowohl vom pro-westlichen, imperialistischen als auch vom offiziellen russischen Lager und Narrativ. Aufgrund ihrer Ablehnung des Krieges sitzt ihr junger Anführer, Bogdan Syrotjuk, schon seit anderthalb Jahren in einem ukrainischen Gefängnis.

Meldet euch beim Aktionskomitee und registriert euch über das untenstehende Formular und über die Whatsapp-Nummer +49-163-337 8340.

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