Perspektive

1 Billion für Elon Musk: ein Argument für Enteignung

Donald Trump (links) mit Elon Musk bei einer Wahlkampfveranstaltung am 5. Oktober 2024 [AP Photo/Alex Brandon]

Elon Musk, der CEO von Tesla und mit einem Nettovermögen von 461 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt, hat sich ein Vergütungspaket in Höhe von 1 Billion Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren gesichert. Er ist damit auf dem besten Weg, der erste Billionär der Welt zu werden.

Musks Gehalt würde auf ca. 50 Millionen Dollar pro Stunde steigen. Das ist knapp drei Millionen Mal so viel der Einstiegslohn in einer Tesla-Fabrik in den USA.

1987 galt es als Skandal, dass der Finanzier Michael R. Milken – der „König der Schrottanleihen“, der später wegen Wertpapierbetrugs verurteilt wurde – in einem einzigen Jahr 500 Millionen Dollar kassierte. Diesen Betrag würde Musk mit seinem neuen Vergütungspaket fast jeden Tag erhalten.

Die Tesla-Aktionäre bewilligten Musks Paket genau in der Woche, in der die Trump-Regierung die Lebensmittelhilfe für Bedürftige zusammenstrich. Zugleich bekommen Millionen Bundesbedienstete aufgrund des Shutdowns kein Gehalt. Nichts könnte besser veranschaulichen, dass die Bereicherung der Oligarchen mit der Verarmung der Arbeiterklasse einhergeht.

Musks Vergütungspaket, das die Gehälter aller Unternehmenschefs der Weltgeschichte um ein Vielfaches übertrifft, wurde mit der öffentlichen Unterstützung großer US-Finanzinstitute, darunter Charles Schwab Corporation und Morgan Stanley, verabschiedet. Das „Ja“-Votum von 75 Prozent lässt vermuten, dass auch die meisten Großaktionäre von Tesla, darunter Vanguard Group, BlackRock und Goldman Sachs, dafür gestimmt haben.

Die Absicht ist unverkennbar: Es werden neue Maßstäbe für die Vergütung von Unternehmenschefs und für die Einnahmen der Finanzoligarchie insgesamt gesetzt. Musk soll der erste, aber nicht der letzte Billionär werden. Als Nächstes folgen dann Multibillionäre.

Voraussetzung für die Auszahlung des Pakets an Musk ist, dass Tesla 20 Millionen Fahrzeuge ausliefert, 1 Million Robotaxis in Verkehr bringt, 1 Million humanoide Roboter verkauft und die Börsenbewertung von Tesla von 1,5 auf 8,5 Billionen Dollar steigert. Der einzige Weg, diese Meilensteine zu erreichen, ist eine extrem verschärfte Ausbeutung der Arbeiterklasse, sowohl direkt in den Tesla-Fabriken als auch indirekt durch die Kürzung der Sozialleistungen und die Umleitung dieser Gelder an die Finanzmärkte.

Daher zeigt sich in der Bewilligung der Billion für Musk zugleich die Absicht der herrschenden Klasse, die Arbeiterklasse durch Entlassungen und Sozialkürzungen ins Elend zu treiben.

Musks Aufstieg steht für die enorme Bereicherung der amerikanischen Finanzelite. Sein Nettovermögen, das im März 2020 noch bei 33 Milliarden Dollar lag, hat sich seitdem auf 469 Milliarden Dollar, d.h. um das 14-Fache erhöht. Im selben Zeitraum versechsfachte sich das Vermögen der zehn reichsten Personen in Amerika.

Musk baute seinen Reichtum durch verschiedene Finanzblasen auf und profitierte von staatlichen Rettungsaktionen und Subventionen. Tesla, seine größte Einnahmequelle, ist die Verkörperung dieser Spekulationsorgie. Im vergangenen Jahr hat Tesla gerade einmal 5 Milliarden Dollar Gewinn gemacht, und die weltweiten Verkaufszahlen, Einnahmen und Gewinne des Unternehmens stagnieren oder sind rückläufig. Trotzdem hat sich der Aktienkurs seit April verdoppelt.

Marktkapitalisierung der wichtigsten US-Autohersteller im Vergleich

Obwohl Tesla nur 12 Prozent der Fahrzeuge dieser Branche verkauft, stellt es mit einer Marktkapitalisierung von fast 1,4 Billionen Dollar 90 Prozent des Marktwerts der US-Autoindustrie dar. Bei einer Marktkapitalisierung, die diejenige von General Motors um das 20-Fache übersteigt, verkauft Tesla weltweit nur ein Viertel so viele Fahrzeuge.

Verhältnis zwischen Börsenwert und Gewinn bei den wichtigsten US-Autoherstellern. Die hohe Quote bei Tesla deutet auf eine starke Überbewertung hin.

Wenn Anleger Tesla-Aktien kaufen und halten, dann nicht, weil sie glauben, dass das Unternehmen in Zukunft mehr Autos verkaufen wird, sondern weil sie darauf setzen, dass der Kurs steigen wird.

Dies gilt für den gesamten US-Aktienmarkt. Es gibt eine große Spekulationsblase bei Technologieaktien, deren Werte nicht mit den gesellschaftlichen Auswirkungen von künstlicher Intelligenz und Robotik übereinstimmen, so bedeutend diese auch sein mögen.

Tesla macht indes nur einen Teil des Vermögens von Musk aus. Musk besitzt erhebliche Anteile an dem privaten Unternehmen SpaceX, dessen Einnahmen zu einem großen Teil direkt aus dem Kriegsministerium stammen. Musk war einer der Hauptnutznießer der Kriege des amerikanischen Imperialismus.

SpaceX gilt weithin als das größte Rüstungsunternehmen der Welt. Es betreibt Starshield, ein Netz von fast 200 Satelliten, das vom US-Militär und seinen Verbündeten genutzt wird. Die Trump-Regierung arbeitet daran, Starshield mit Raketen und Marschflugkörpern auszustatten.

SpaceX betreibt auch Starlink, das größte Satelliten-Internet-Netzwerk der Welt, das vom Pentagon Aufträge in Millionenhöhe erhalten hat, u. a. für das Kommunikationsnetz der Stellvertretertruppen von Nato und USA in der Ukraine.

Letzte Woche berichtete das Wall Street Journal, dass SpaceX im Rahmen des „Golden Dome“-Raketenabwehrprojekts der Trump-Regierung einen 2-Milliarden-Dollar-Auftrag für den Bau von Satelliten erhalten soll, die Raketen erfassen können.

Letztlich thront Musk auf einem Berg aus Papiergeld, dessen Verbindung zur realen Wirtschaftstätigkeit größtenteils fiktiv ist. Wie jedes Schneeballsystem wirken seine Geschäfte äußerlich nur so lange normal, wie mehr Geld hinein- als hinausfließt.

Diese soziale Realität erklärt die faschistische Politik von Musk. Er ist ein Krimineller und Betrüger, und seine Aufstachelung zu Rassismus und faschistischer Gewalt – nicht zuletzt seine ständigen antisemitischen Anspielungen und Gesten, allen voran sein Nazi-Gruß bei der Amtseinführung von Donald Trump – sind Ausdruck des Charakters der kapitalistischen Oligarchie als Ganzes.

Die Verschwörung der Trump-Administration zur Errichtung einer Präsidialdiktatur ist Ausdruck der Interessen dieser Oligarchie, die einen Krieg gegen die Arbeiterklasse führt. Während seiner Amtszeit als Leiter von Trumps Abteilung für Regierungseffizienz (DOGE) legte Musk persönlich die Axt an. Es geht darum, auch elementare Sozialprogramme wie die staatliche Rentenversicherung und Gesundheitsleistungen für Bedürftige zu streichen.

Dieser Frontalangriff auf die sozialen Rechte der Arbeiterklasse geht mit einer immer engeren Verschmelzung von Staat, Oligarchie und Militär einher. Deshalb hat US-Präsident Donald Trump, selbst Milliardär, die führenden Vertreter der US-Finanzoligarchie zu seiner Amtseinführung geladen. Bei einem Treffen im Weißen Haus Anfang September schworen sich Trump und die Oligarchen – Bill Gates (Microsoft), Tim Cook (Apple), Sundar Pichai (Google) und andere – gegenseitig die Treue. Trump sagte Unterstützung für weitere Kurssteigerungen der Tech-Aktien zu, und die Tech-Oligarchien sangen das Loblied auf seine Regierung.

Die Szene im Weißen Haus, auf die nur wenige Wochen später ein Treffen derselben Oligarchen mit Trump und der britischen Monarchie auf Schloss Windsor folgte, unterstreicht, was Wladimir Lenin in seinem Werk Der Imperialismus im Jahr 1917 vermerkte: „Der Unterschied zwischen der republikanisch-demokratischen und der monarchistisch-reaktionären imperialistischen Bourgeoisie verwischt sich gerade deshalb, weil die eine wie die andere bei lebendigem Leibe verfault.“

Die Entschlossenheit der Finanzoligarchie, ihren Reichtum, ihre Privilegien und ihre Macht durch die Verelendung der Arbeiterklasse und die Zerschlagung demokratischer Rechte zu verteidigen, wird zwangsläufig den Widerstand der Arbeiterklasse hervorrufen.

Dieser Widerstand muss mit einem klaren Verständnis seiner Aufgaben bewaffnet werden. Es kann keine Rückkehr zu einem „normalen“ Kapitalismus geben. Jede Abschwächung der Ausbeutung der Arbeiterklasse führt zum Platzen der Finanzblase und ist daher für die Kapitalistenklasse nicht hinnehmbar. Die Finanzelite mit ihrem umfangreichen Repressions- und Subversionsapparat wird ihren Reichtum und ihre sozialen Privilegien mit allen Mitteln verteidigen.

In den späten 1850er Jahren sprach William Henry Seward von einem „unüberwindbaren Konflikt zwischen gegensätzlichen und hartnäckigen Kräften“, aus dem sich ergab, dass die Vereinigten Staaten „entweder eine Nation von Sklavenhaltern oder eine Nation von freien Arbeitern“ werden mussten.

Heute herrscht ein ähnlicher „unüberwindbarer Konflikt“ zwischen dem Kapital, das entschlossen ist, demokratische Herrschaftsformen zu zerstören, und der Arbeiterklasse, die die große Mehrheit der Gesellschaft ausmacht.

Dieser Konflikt kann nur durch die Enteignung der Oligarchie gelöst werden. Der von den Milliardären gehortete Reichtum muss beschlagnahmt und die großen Konzerne, Banken und Industrien – die die Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens bestimmen – müssen in öffentliches Eigentum überführt und unter demokratische Arbeiterkontrolle gestellt werden. Nur so können die enormen Produktionskapazitäten der modernen Gesellschaft aus dem Griff der parasitären Kapitalistenklasse befreit und zur Beseitigung von Armut, Ungleichheit und Krieg genutzt werden.

Ein solcher Wandel ist nicht durch moralische Appelle an die Reichen oder durch Flickschusterei an den Rändern der kapitalistischen Gesellschaft zu erreichen. Er erfordert die bewusste, organisierte Intervention der Arbeiterklasse und damit den Aufbau einer unabhängigen Massenbewegung in jeder Branche, jeder Stadt und jedem Land. Die Arbeiterklasse muss ihre kollektive Macht auf internationaler Ebene zum Einsatz bringen.

Der Kampf gegen Ungleichheit, Sparmaßnahmen und Diktatur ist notwendigerweise ein Kampf für den Sozialismus, d. h. für eine Neuorganisation des Wirtschaftslebens auf der Grundlage der menschlichen Bedürfnisse und nicht des privaten Profits.

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