Europas Politik der „Festung Europa“ hat am Dienstag zum grauenhaften Tod von mindestens achtzehn Flüchtlingen geführt.
Die Migranten waren durch die Waldbrände umgekommen, die in Griechenland noch immer wüten. Ihre verkohlten Leichname wurden außerhalb des Dorfes Avantas, nördlich von Alexandroupolis, im Wald Dadia nahe einer Hütte gefunden. Sechzehn der Toten waren erwachsene Männer, die anderen beiden Kinder. Der Leichenbeschauer von Alexandroupolis, Pavlos Pavlidis, erklärte: „Sie wurden alle in Gruppen von zwei oder drei in Entfernungen von 500 Metern gefunden. Offenbar wollten sie flüchten. Einige verbrannten auch in einem Viehstall.“
Die Behörden hatten keine Informationen über Vermisste aus der Region, zudem hatten tausende von Einwohnern Warnungen auf ihre Handys erhalten und das Gebiet verlassen.
Diese Tragödie ist beispielhaft für das schreckliche Los von Asylsuchenden. Die Toten hatten die gefährliche Reise durch die Region Evros nahe der Grenze zur Türkei unternommen und sich in den Wäldern nördlich der Hafenstadt Alexandroupolis versteckt. In den Stunden vor ihrem Tod, als sie von den herannahenden Bränden eingekreist wurden und Luft voll mit giftigem Rauch einatmeten, hatten sie aus Angst vor den Konsequenzen nicht die Behörden verständigt.
Die BBC berichtete am Mittwoch, ein Syrer hätte sich gemeldet und erklärt, er fürchte, dass sein 27-jähriger Cousin in den Waldbränden gestorben sein könnte, da er ihn seit vier Tagen nicht mehr erreicht hätte. Der Cousin war Mitglied einer Gruppe von Syrern, Afghanen und Irakern, die auf einem oft genutzten Weg durch den Wald unterwegs waren.
„Der Syrer erklärte, sie hätten die griechischen Behörden trotz des Evakuierungsbefehls nicht um Hilfe gebeten, weil sie befürchteten, in die Türkei zurückgeschickt zu werden.“
Aufgrund der Brände und der brutalen flüchtlingsfeindlichen Politik in Griechenland könnten noch viele weitere Flüchtlinge tot sein. Alarm Phone, eine Freiwilligenorganisation, an die sich Asylsuchende in Gefahr wenden können, twitterte am Dienstagnachmittag: „Wir stehen in Kontakt zu zwei Gruppen mit insgesamt etwa 250 Personen, die auf unterschiedlichen Inseln des Flusses #Evros gestrandet sind! Eine teilte ein Video der nahen Brände und schrieben: ‘Die Brände kommen jetzt sehr nahe. Wir brauchen schnellstmöglich Hilfe!’„
Etwa eine Stunde später posteten sie eine weitere Botschaft:
„Wir haben einen neuen Alarm von einer Gruppe von neun Leuten bei #Soufli in der Region #Evros erhalten! Sie sagen uns, eine Person hat Atemnot. Sie kommen wegen der nahen Brände nicht vorwärts und befürchten, sterben zu müssen. Sie brauchen dringend Hilfe. @hellenicpolice: Evakuieren Sie sie jetzt!“
Die rechte griechische Nea Dimokratia-Regierung veröffentlichte daraufhin eine Stellungnahme, in der sie jede Verantwortung für die Todesfälle von sich wies und weiter Stimmung gegen Immigranten schürte. Migrations- und Asylminister Dimitris Keridis vergoss Krokodilstränen und erklärte, die Regierung empfinde „große Trauer“ über den Verlust von Menschenleben, doch „trotz der anhaltenden und hartnäckigen Bestrebungen der griechischen Behörden, die Grenzen und Menschenleben zu schützen, bestätigt diese Tragödie einmal mehr, dass illegale Einwanderung mit großen Gefahren verbunden ist.“
Seit Beginn der Waldbrände letzten Monat hat sich die Lage in Griechenland drastisch verschlimmert. In dem Gebiet, in dem die Leichen gefunden wurden, wüten die Brände seit mehr als vier Tagen. Für die Dörfer in den nordgriechischen Regionen Alexandroupolis, Komotini, Kavala und Orestiada, in der zentralgriechischen Region Viotia und auf der Insel Evia wurden Evakuierungsanweisungen herausgegeben.
Am Montag starb nahe dem Dorf Prodormos in der Präfektur Viotia ein älterer Schafhirte beim Versuch, seine Tiere zu retten.
In Alexandroupolis wurden am Montag und Dienstag mehr als 13.000 der etwa 72.000 Einwohner evakuiert. Ein großes Krankenhaus in der Stadt wurde am Montagabend geräumt, wobei 160 Patienten in andere nordgriechische Krankenhäuser verlegt wurden, darunter 65 Personen auf einer Fähre. Die Financial Times schrieb: „Eine Frau musste am Montagabend in einem Krankenwagen ihr Kind entbinden, als sie aus dem Krankenhaus evakuiert wurde.“
Griechenland kann selbst Teile der wichtigsten Nato-Infrastruktur, die für den Krieg gegen Russland in der Ukraine essentiell ist, nicht mehr angemessen sichern. Der Hafen von Alexandroupolis in der Ägäis liefert wichtige Straßen- und Schienenverbindungen zur Nato-Ostflanke und einen Zugang zur Ukraine über Bulgarien und Rumänien. Im Juli brannte ein Lagerhaus des Militärs, das nur wenige Kilometer von dem wichtigen Luftwaffenstützpunkt Nea Anchialos in Zentralgriechenland entfernt lag. In Brand geratene Munition und Bomben für griechische F-16-Kampfflugzeuge lösten riesige Explosionen aus.
Die Hauptstadt Athen, die bereits im Juli von Waldbränden bedroht wurde, war auch diesmal wieder gefährdet, als an den Vorgebirgen nahe des Berges Parnitha ein Waldbrand ausbrach. Ein Kloster musste evakuiert und ein Teil des U-Bahnnetzes von Athen stillgelegt werden. In den Randgebieten der Stadt mit mehr als 3,5 Millionen Einwohnern erreichte ein Brand die Industriestadt Aspropyrgos, wobei vier Fabriken und fünf Lagerhäuser in Brand gerieten. Laut dem staatlichen Rundfunksender ERT waren Explosionen zu hören. Die Behörden ordneten die Evakuierung mehrerer nahegelegener Dörfer an.
Am Montag brach in der zentralgriechischen Region Böotien, etwa 100 Kilometer nördlich von Athen, ein weiteres Feuer aus. Das historische Kloster Hosios Loukas aus dem zehnten Jahrhundert brannte nieder.
Auch auf den Inseln Evia und Kynthos wüten Brände. Auf Evia brach am Montag ein weiterer Brand aus, der Wälder und Ackerland nahe der Stadt Psachna zerstörte.
Die anhaltende Ausbreitung der Brände durch Rekordhitze und starke Winde hat die griechischen Feuerwehren überwältigt. Eine Sprecherin erklärte gegenüber AFP: „Es gibt neun aktive Fronten... Die Lage ist ähnlich wie im Juli.“
Die Financial Times berichtete: „Laut dem EU-Wetterbeobachtungsdienst Copernicus wurden bis zum 22. Juli mehr als 182.568 Hektar - eine Fläche fast sechsmal so groß wie Malta - durch Waldbrände zerstört. Die Zahl lag um 40 Prozent über dem Jahresdurchschnitt zwischen 2003 und 2022, und es wüten noch immer überall Waldbrände.“
Wie das Press Project berichtet, verschlimmert sich die Katastrophe: „Vorläufige Analysen von Satellitendaten der Meteo-Einheit des Nationalen Observatoriums von Athen deuten darauf hin, dass in den letzten drei Tagen mehr als 400.000 Hektar durch die Brände auf griechischem Staatsgebiet zerstört wurden.“ Dazu gehörten „etwa 380.000 Morgen in Böotien; fast 8.000 Morgen in Kythnos und etwa 5.000 Hektar in Psacha.“
Ähnlich zerstörerische Brände wüten in vielen südeuropäischen Staaten.
In Spanien tobten auf der bei Touristen beliebten Kanareninsel Teneriffa sieben Tage lang Waldbrände, die 15.000 Hektar Land - ganze sieben Prozent der Oberfläche der Insel - zerstörten. 12.000 Menschen mussten fliehen.
Auf der italienischen Insel Elba mussten am Montagabend mehr als 700 Menschen wegen Waldbränden aus ihren Häusern und einem Campingplatz evakuiert werden.
Von der Europäischen Union gab es keine koordinierte Reaktion. Als Reaktion auf die jüngsten Brände erklärte die griechische Feuerwehr, sechs Länder (Zypern, Rumänien, Tschechien, Kroatien, Deutschland und Serbien) hätten über das EU-Zivilschutzprogramm nur 120 Feuerwehrleute als Unterstützung geschickt.
Die kapitalistischen Staaten in Europa finanzieren ihre Kriegsmaschinerien und den Konflikt in der Ukraine mit zweistelligen Milliardenbeträgen, während wichtige öffentliche Dienstleistungen wie Feuerwehr dezimiert werden. In Griechenland wurden bei der Feuerwehr während der Austeritätmaßnahmen von 2010 bis 2019, die von mehreren Regierungen durchgeführt wurden, darunter der pseudolinken Syriza ab 2015, insgesamt mehr als eine Milliarde Euro eingespart.
Letzte Woche meldete die Website Euronews: „Im Jahr 2022 gab es laut der EU-Statistikbehörde Eurostat fast 360.000 Berufsfeuerwehrleute - 2.800 weniger als im Jahr 2021.“ Frankreich hat bei der Feuerwehr zwischen 2021 und 2022 5.446 Stellen abgebaut und lag damit an der Spitze der EU-Staaten. Rumänien hat 4.250 Feuerwehrleute entlassen, Portugal 2.907. In den osteuropäischen Staaten wurden verheerende Kürzungen durchgeführt, in der Slowakei sank die Zahl der Feuerwehrleute um 30 Prozent, in Bulgarien um 22 Prozent. In Portugal sank die Zahl um 21 Prozent, in Belgien um 19 Prozent. Laut dem Bericht bauten auch „Lettland, Schweden, Ungarn und Deutschland Personal bei der Feuerwehr ab.“
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