„Der Krieg ist erst zu stoppen, wenn sich die Arbeiterklasse erhebt“

SGP Kundgebung in Stuttgart: „Stoppt den Genozid in Gaza“

Im Europawahlkampf der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) organisierte die Partei am Samstag, 25. Mai 2024, eine Kundgebung auf der Stuttgarter Königstraße, einer belebten Fußgängerzone, zum Thema „Stoppt den Genozid in Gaza. Gegen Weltkrieg und soziale Verwüstung, für internationalen Sozialismus“. Dazu hatte die SGP wenige Tage zuvor schon Kundgebungen in Berlin, Duisburg und München organisiert.

Etwa 50 Personen folgten den Reden zweier SGP-Europakandidaten und des IYSSE-Sprechers mit großer Aufmerksamkeit. Viele nahmen Flyer mit und kauften Bücher des Mehring Verlags, um das Programm und die Geschichte der Partei kennen zu lernen.

Während der Rede von Marianne Arens, SGP-Europakandidatin, zum Auftakt der Kundgebung in Stuttgart, 25. Mai 2024

Marianne Arens, SGP-Europakandidatin und Journalistin der World Socialist Web Site, ging auf das jüngste Urteil des IGH gegen Israel und den Haftbefehl des IStGH gegen Netanjahu ein. Sie wies darauf hin, dass die Regierungen in Tel Aviv, Washington und auch in Berlin diese Urteile nicht respektieren. „In Deutschland haben sich alle etablierten Parteien, auch die Linke und die Wagenknechtpartei, an die Seite Israels gestellt. Sie haben Blut an den Händen!“ Deshalb müssen Arbeiterinnen und Arbeiter sich organisieren, um die Palästinenser vor der Vernichtung durch den zionistischen Staat zu bewahren.

Sie wies darauf hin, dass dieselben Politiker, die Israel unterstützen, auch die Ukraine mit Waffen beliefern – „einmal mehr weil es gegen Russland geht!“ Sie sprach über die Inhaftierung des mutigen Trotzkisten Bogdan Syrotjuk in der Ukraine und sagte: „Die Ukraine ist keine Demokratie. Das Selenskyj-Regime hat Bogdan Syrotjuk verhaftet, weil er Kommunist ist, weil er für die soziale Gleichheit und die Einheit ukrainischer und russischer Arbeiter gegen den Krieg kämpft. Der Angriff auf ihn ist ein Angriff auf uns alle, es ist die Speerspitze der reaktionären staatlichen Angriffe auf die Arbeiterklasse. Er richtet sich insbesondere gegen das Internationale Komitee der Vierten Internationale.“

Sie rief dazu auf, den Fall bekannt zu machen und alles zu tun, um Bogdan Syrotjuks Freiheit zu erreichen, und sie forderte den Stopp der Waffenproduktion und –Transporte. „Arbeiter zahlen für diesen Krieg, sowohl mit Sozialabbau und schlechten Löhnen, als auch mit ihrem Leben und dem Leben ihrer Kinder“, sagte sie. „Auch hier bei uns ist der tägliche Kampf der Arbeiter gegen Sozialabbau, Lohnraub, Arbeitshetze und Entlassungen eng mit dem Kampf gegen Krieg verbunden. Die Frage lautet: wem nützt der Krieg? Er dient denselben Interessen, die auch von der Ausbeutung profitieren. Der Krieg ist nur zu stoppen, wenn sich die Arbeiterklasse erhebt.“

Clemens Huber von den International Youth and Students for Social Equality (IYSSE)

Im Namen der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) sprach Clemens Huber über die Polizeiangriffe auf die Studierenden, die derzeit an über 200 Universitäten gegen den Genozid protestieren.

Er berichtete über den brutalen Übergriff der Berliner Polizei vom vergangenen Donnerstag gegen Studierende, die an der Humboldt-Universität friedlich protestierten. Die Bilder davon gingen um die Welt. Clemens sagte: „Die Kapitalisten lassen sich durch keinen Druck der Bevölkerung von ihrem Kurs abbringen. Sie wollen die Welt neu aufteilen, wenn es nicht anders geht mit militärischen Mitteln.“

Deshalb werden, wie er erklärte, die Proteste gegen den Genozid als „antisemitisch“ verunglimpft. Clemens sagte: „Laut der bürgerlichen Politik ist das Judentum mit dem Zionismus gleichzusetzen: eine völlig unhaltbare Behauptung! Weltweit beteiligen sich tausende unserer jüdischen Brüder und Schwestern an den Protesten gegen den Genozid.“

Um Krieg und Genozid aufzuhalten, sei eine „entschiedene Hinwendung zur Arbeiterklasse nötig“, erklärte Clemens. „Sie ist die einzige soziale Kraft auf diesem Planeten die etwas verändern kann, aufgrund ihrer Stellung im kapitalistischen System. Die Arbeiter beladen die Schiffe, Flugzeuge und Züge.“ Er forderte alle Anwesenden auf, Aktionskomitees aufzubauen und sich der SGP anzuschließen.

Karanaratnam Ratnamaheson, SGP-Europakandidat in Baden-Württemberg

Zuletzt fasste Karanaratnam Ratnamaheson, Mitglied des SGP-Parteivorstands und Europakandidat, die zentralen Fragen zusammen. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf Programm und Perspektive der Partei und erinnerte daran, dass das IKVI eine „lange Geschichte in der Verteidigung der Kämpfe des palästinensischen Volks und anderer unterdrückter Massen“ aufweist. „In den letzten sieben Monaten wurden auf der World Socialist Web Site täglich Artikel und Analysen zur Verteidigung des palästinensischen Volkes veröffentlicht.“ Als wichtigen Schritt in der Entwicklung der Perspektive stellte er das aktuelle Buch von David North, dem Vorsitzenden der internationalen Redaktion der WSWS, mit dem Titel „Die Logik des Zionismus. Vom Nationalistischen Mythos zum Genozid in Gaza“ vor, und er sagte: „Diese Analysen entlarven den Versuch, die Kriegsgegner als Unterstützer des Terrorismus und Antisemitismus zu diskreditieren und zu unterdrücken.“

Ratnamaheson erklärte: „Seit Anfang November 2023 hat das israelische Militär den gesamten Gazastreifen bombardiert und zerstört. Außer Schutt und Asche ist nichts übrig. Tausende Zivilisten, auch Babys und Kinder, wurden ermordet, und die anhaltende Offensive in Rafah produziert täglich weitere Opfer.“ Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Kabinett bezeichnete er als „Partner in diesem Verbrechen“.

Dann wandte er sich dem Widerstand in der Bevölkerung zu und sagte: „Die Opposition gegen den Krieg ist in diesem Land tief verwurzelt. Es ist in der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass die herrschende Elite Deutschlands für zwei Weltkriege verantwortlich ist. (…) Auch die EU wird – wie immer die Wahl ausfällt – den Kriegskurs weiter aggressiv ausbauen.“ Und er erklärte den engen Zusammenhang, der zwischen dem Gaza- und dem Ukraine-Krieg besteht, sowie auch die kapitalistischen Interessen, die den Krieg antreiben.

Am Büchertisch der Stuttgarter Kundgebung

„Nie war die Gefahr eines Atomkriegs – und damit der Vernichtung der Menschheit – so groß wie heute“, warnte Ratnamaheson. „Die Sozialistische Gleichheitspartei tritt zur Europawahl 2024 an, um eine internationale Bewegung gegen Krieg, soziale Ungleichheit und Faschismus aufzubauen.“ Er betonte auch einen weiteren Schwerpunkt der Partei, nämlich die Verteidigung von Geflüchteten und Migranten, und schloss damit, das Ziel der Partei zu erklären: die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.

Während der Reden blieben viele Passanten stehen und hörten zu, stellten Fragen oder kauften am Büchertisch marxistische Literatur wie z.B. „Die Logik des Zionismus“.

Marianne Arens im Gespräch mit jungen Palästinensern

Eine Gruppe junger Palästinenser blieb auf dem Weg zu einer Stuttgarter Palästina-Demonstration an der SGP-Kundgebung stehen. Husam, Motaz, Mahmoud, Hassen und Mohammed fanden es toll, dass eine politische Partei in Deutschland so klar gegen den Genozid im Gaza Stellung nimmt. Sie wollten wissen, was die SGP vorschlage, und erkundigten sich, ob die Parteimitglieder Deutsche seien. Auf die Erläuterung, dass die SGP als Teil der Vierten Internationale die Arbeiterklasse weltweit gegen diesen Genozid mobilisiert, erklärte Mahmoud: „Das ist das erste Mal, dass ich von dieser Partei höre. Ich finde, das ist eine sehr gute Idee.“

„Wir kommen aus Rafah und Chan Younis“, berichteten die jungen Arbeiter. „Unsere Familien leben dort im ununterbrochenen Stress. Die Menschen haben es sehr schwer, sie haben oft überhaupt kein Essen, nicht einmal Wasser. Das ist unbeschreiblich.“ Einer sagte: „Jetzt leben sie in Angst vor den Bomben. Gerade wird Rafah massiv bombardiert. Man kann es ehrlich nur als Katastrophe bezeichnen.“ Sein Freund ergänzte: „Von hier aus, von Stuttgart aus, ist es kaum vorstellbar, was die Leute dort durchmachen.“

Husam sagte: „Wir hoffen auf Gerechtigkeit. Dass Arbeiter hier für Palästina aufstehen. Die Regierung hier in Deutschland steht mit Israel. Aber das ist doch nicht logisch! Sie töten die Kinder, die Frauen. Die ganze Welt muss für Palästina aufstehen, darauf hoffen wir. Auch Deutschland muss verstehen, dass das Palästina ist.“ Motaz ergänzte: „Für uns ist das Wichtigste, dass es Frieden gibt. Das ist die wichtigste Sache, darauf hoffen wir wirklich. Damit unsere Familien nicht mehr vor den Bomben zittern müssen. Deswegen ist es gut, dass ihr hier steht.“

Husam, Motaz, Mahmoud, Hassen und Mohammed aus Rafah und Chan Younis

Auch ein Arbeiter namens Veton, der im Blockheizkraftwerk arbeitet, hatte die Reden interessiert verfolgt. „Ich finde, das hier ist eine gute Sache“, sagte er zur SGP-Kundgebung. „Damit kann man einiges bewegen. Ich denke, man muss so früh wie möglich beginnen. Das ist die Zukunft, dass man sich als Arbeiter organisiert.“ Sich zu organisieren, sei für Arbeiter wichtig, „sowohl in Deutschland, als auch im Kosovo“ (wo er herstammt). Er forderte: „Es muss eine internationale Bewegung sein.“

Die Situation im Gaza bezeichnete Veton als „ganz schlimm, ganz schlimm. In dieser Zerstörung verlieren am Ende beide Parteien: es gibt keinen Gewinner.“ Er ist der Meinung, dass die Menschen dort zum Opfer größerer Mächte werden, und dass es Ähnlichkeit mit dem Balkankrieg habe. „Das sind Konflikte zwischen den USA und Russland. Und dafür werden die Menschen ermordet. Viele verstehen es noch nicht.“

Veton

Unter anderen verfolgte auch eine junge Frau gebannt die Reden. Sie arbeitet im Einzelhandel und berichtete, dass auch in ihrem Betrieb gerade viele Kolleginnen entlassen werden. „Alle die keinen festen Vertrag haben, müssen gehen“, sagte sie, „das ist eine schreckliche Situation.“

Sie sei schon seit einiger Zeit der Meinung, man müsse politisch aktiv werden. „Ich bin jetzt ganz am Anfang, deshalb interessiert mich, was ihr sagt. Ich werde euch auf jeden Fall wählen und auch in meiner Familie für euch werben, damit ihr größer werdet und mehr Einfluss bekommt.“

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