Die Eskalation des imperialistischen Kriegs gegen Russland und die Vorbereitung eines dritten Weltkriegs wurden letzte Woche auf eine neue Stufe gehoben. Am Donnerstag trat in Brüssel der Europäische Rat zusammen, und am Freitag traf sich in London die sogenannte „Koalition der Willigen“. In beiden Fällen handelte es sich nicht um normale diplomatische Zusammenkünfte, sondern um ausgewachsene Kriegsgipfel. Insgesamt wurden neue Sanktionen gegen Russland verhängt, weitere Militärhilfen für die Ukraine beschlossen und der „Fahrplan für die Verteidigungsbereitschaft 2030' abgesegnet, der einen Fünfjahresplan für die Militarisierung ganz Europas vorsieht.
Parallel dazu verstärkte Washington sein direktes Engagement im Nato-Krieg gegen Russland. Die Trump-Administration hob die wichtigsten Beschränkungen auf, die der Ukraine für den Einsatz von Langstreckenraketen aus dem Westen auferlegt worden waren. Kiew kann nun Ziele angreifen, die tief im russischen Landesinneren liegen. Prompt beschoss die Ukraine am Dienstag (21.10.) eine Fabrik in Brjansk, die Sprengstoff und Raketentreibstoff herstellt, mit einem von Großbritannien gelieferten Marschfluggkörper vom Typ Storm Shadow. Der ukrainische Generalstab feierte den „erfolgreichen Treffer“. Solche Operationen könnten eine offene Konfrontation zwischen den Nato-Mächten und Russland auslösen, die in kürzester Zeit zu einem nuklearen Schlagabtausch eskaliert.
Die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten treiben den Konflikt gezielt voran. Sowohl Washington als auch London kündigten neue Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil an, die größten russischen Öl- bzw. Gasproduzenten. Auch die Europäische Union beschloss eine Verschärfung des Wirtschaftskriegs. Die Teilnehmer des Gipfels in Brüssel erweiterten die Exportverbote für Güter mit doppeltem Verwendungszweck, schränkten den Zugang Russlands zu den europäischen Kapitalmärkten weiter ein und verlängerten die Liste der russischen „Schattenflotte“, die keine Häfen innerhalb der EU anlaufen darf, um 117 weitere Schiffe. Außerdem schränkte die EU die Bewegungsfreiheit russischer Diplomaten ein und belegte sie mit finanziellen Sanktionen. Ab 2027 wird die Einfuhr von russischem Flüssigerdgas (LNG) vollständig verboten – ein Jahr früher als bisher geplant.
Noch provokanter ist der Plan der EU, die eingefrorenen Guthaben der russischen Zentralbank zu beschlagnahmen und damit Waffenkäufe für die Ukraine zu finanzieren. Obwohl Belgien rechtliche Einwände erhob, forderte der Europäische Rat die Kommission auf, „so bald wie möglich einen Vorschlag vorzulegen“. Das ist schlicht Diebstahl – eine imperialistische Enteignung, die jeder Nation auf der Welt zeigen soll, dass ihre Bankeinlagen nicht sicher sind, wenn sie westlichen Interessen zuwiderlaufen.
In der Erklärung des Europäischen Rates zur Ukraine rühmt sich die EU, seit 2022 bereits 177,5 Milliarden Euro bereitgestellt zu haben, und „verpflichtet sich, den dringenden finanziellen Bedarf der Ukraine für den Zeitraum 2026-2027, einschließlich für ihre militärischen und Verteidigungsanstrengungen, zu decken“. Weitere Hunderte von Milliarden werden folgen.
Der sogenannte „Fahrplan für die Verteidigungsbereitschaft 2030“, der auf dem Gipfel vorgestellt wurde, macht unmissverständlich klar, wofür dieses Geld vorgesehen ist. In seiner Einleitung heißt es:
Die Verteidigungsbereitschaft setzt die Entwicklung und den Erwerb der Fähigkeiten voraus, die für die moderne Kriegsführung erforderlich sind. Es muss also sichergestellt werden, dass Europa über eine industrielle Basis im Verteidigungssektor verfügt, die ihm einen strategischen Vorteil und die erforderliche Unabhängigkeit verschafft. Und es bedeutet, sowohl zu modernsten Innovationen als auch zur schnellen Massenproduktion in kritischen Zeiten fähig zu sein.
Das ist eine Blaupause für eine europäische Kriegswirtschaft – eine koordinierte Mobilisierung von Industrie, Finanzen und Technologie im Interesse einer umfassenden Aufrüstung. „Dass wir unsere Anstrengungen beschleunigen und verstärken müssen“, heißt es weiter, „ergibt sich aus den wachsenden Gefahren“.
Russland wird als Hauptfeind identifiziert, von dem auf absehbare Zeit eine „anhaltende Bedrohung für die europäische Sicherheit“ ausgehe. Allerdings ist das Dokument eindeutig auf die ganze Welt ausgerichtet:
Die Vorsorge Europas muss einem umfassenden globalen Kontext mit einem 360°-Ansatz Rechnung tragen … Wir dürfen gegenüber Bedrohungen aus anderen Teilen der Welt nicht blind sein … Von Gaza und dem Nahen Osten bis hin zu zahlreichen latenten oder offenen Konflikten in Afrika, von zunehmenden Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum bis hin zur Arktis gibt es immer mehr Konfliktherde.
Mit anderen Worten: Die EU bereitet sich auf einen weltweiten Krieg vor, um ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen unabhängig von den USA zu verfolgen. „Traditionelle Verbündete und Partner“, stellt sie fest, „richten ihren Blick immer mehr auf andere Regionen der Welt.“ Daher müssten „das Verteidigungsdispositiv und die Verteidigungsfähigkeiten Europas auch für die Schlachtfelder von morgen gerüstet sein und dem Wandel der Kriegsführung Rechnung tragen.“
Der „Fahrplan“ enthält quantitative Ziele, die mit den Aufrüstungsprogrammen der 1930er Jahre vergleichbar sind. Die EU rühmt sich, die europäischen Verteidigungsausgaben von 218 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 392 Milliarden Euro im Jahr 2025 gesteigert zu haben, und stellt eine weitere beschleunigte Erhöhung in Aussicht. Im Rahmen der Initiative „ReArm Europe“ sollen durch neue Finanzierungsinstrumente wie SAFE zinsgünstig bis zu 800 Milliarden Euro für Rüstungszwecke mobilisiert werden. Das auf dem Nato-Gipfel im Juni beschlossene Ziel, bis 2035 3,5 Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben aufzuwenden, erfordert mindestens zusätzliche 288 Milliarden Euro jährlich.
Diese astronomischen Summen können nur durch brutale Sparmaßnahmen, die Zerstörung von Sozialprogrammen und die Plünderung der öffentlichen Haushalte beschafft werden. „Verteidigungsbereitschaft“, so wird im „Fahrplan“ folgerichtig erläutert, erfordere nicht nur Geld und Waffen. Ganz Europa müsse vollständig auf Krieg eingestellt werden. Unter der Zwischenüberschrift „Schaffung eines EU-weiten Raums der militärischen Mobilität“ heißt es:
„Es wird vorgeschlagen, bis Ende 2027 in enger Abstimmung mit der NATO einen EU-weiten Raum der militärischen Mobilität mit einheitlichen Vorschriften und Verfahren und einem Netz von Landkorridoren, Flughäfen, Seehäfen und Unterstützungselementen zu schaffen, der den ungehinderten Transport von Truppen und militärischer Ausrüstung durch die gesamte Union gewährleistet“.
Ziel ist es, Europa in ein einziges Schlachtfeld zu verwandeln – eine integrierte logistische Zone, in der sich Truppen und Panzer von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer frei bewegen können. Die zivile Infrastruktur wird den militärischen Bedürfnissen untergeordnet. Übungen wie „Red Storm Bravo“ in Hamburg, bei der die Bewegungen von Zehntausenden Nato-Soldaten und ihr Einsatz gegen Antikriegsdemonstranten trainiert wurde, machen die innenpolitische Dimension dieser Militarisierung deutlich: die Unterdrückung der Opposition der Bevölkerung.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Deutschland steht bei diesem Wandel an vorderster Front. Mit Unterstützung der Grünen und der Linkspartei hat die Regierungskoalition Billionen Euro für die Aufrüstung bereitgestellt. Der Verteidigungshaushalt 2025 beläuft sich auf 86,5 Milliarden Euro – so viel wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – und soll bis 2029 auf über 150 Milliarden Euro ansteigen, was etwa 3,5 Prozent des BIP entspricht. Bezieht man die Ausgaben für Infrastruktur mit ein, erreichen die gesamten kriegsbezogenen Ausgaben 5 Prozent des BIP, d. h. rund 215 Milliarden Euro jährlich.
Zu diesem Zweck werden bei der Bundeswehr und im zugehörigen Zivilbereich Zehntausende von neuen Stellen geschaffen, und die Wehrpflicht wird wieder eingeführt. Milliarden fließen in die Herstellung von Kampfflugzeugen, Transporthubschraubern, Panzern, gepanzerten Fahrzeugen, Kriegsschiffen, Drohnen, Raketensystemen und sogar in die „Weltraumsicherheit“. Bundeskanzler Friedrich Merz hat es offen zu seinem Ziel erklärt, Deutschland mit der „stärksten konventionellen Armee in Europa“ auszustatten.
Diese Politik erinnert an die Vorbereitungen des deutschen Imperialismus in den 1930er Jahren. Das Streben nach Aufrüstung und Weltmacht setzte damals die Errichtung eines faschistischen Regimes, die Zerschlagung aller demokratischen Rechte und die Unterdrückung der Arbeiterklasse voraus. Die gleiche Logik setzt sich heute wieder durch. In ganz Europa kultivieren die herrschenden Eliten faschistische Kräfte – Farage in Großbritannien, Le Pen in Frankreich, Meloni in Italien und die AfD in Deutschland –, um die soziale Unzufriedenheit niederzuhalten und Krieg vorzubereiten.
Die objektiven Tendenzen sind unübersehbar. Das Verschmelzen von EU, Nato und Rüstungsindustrie zu einem einheitlichen Kriegsapparat geht Hand in Hand mit der Hinwendung zu autoritären Herrschaftsformen. Der Angriff auf demokratische Rechte, die Kriminalisierung der Proteste gegen den Völkermord in Gaza und der Einsatz der Armee als Polizei spiegeln die Angst der herrschenden Klasse vor Massenopposition wider.
Die gleichen Widersprüche, die den Imperialismus in den Krieg treiben – die tiefe Krise des kapitalistischen Systems –, schaffen auch die Bedingungen für revolutionäre Umwälzungen. Die enorme Umverteilung zugunsten der Aufrüstung, die Zerstörung des Lebensstandards und die wachsende Gefahr der nuklearen Vernichtung werden überall in der Arbeiterklasse auf Widerstand stoßen. In den Vereinigten Staaten beteiligten sich am 18. Oktober mehr als 7 Millionen Menschen an den „No-Kings“-Demonstrationen gegen die faschistische Politik Trumps. Auch in Europa gab es Streiks und Demonstrationen gegen Sparpolitik und Militarismus, unter anderem in Griechenland, Belgien, Italien, den Niederlanden und Frankreich. Sie kündigen eine explosive, weltweite Rückkehr des Klassenkampfs an.
Spontaner Widerstand reicht jedoch nicht aus. Er muss mit einem bewussten politischen Programm ausgestattet werden, das den Kampf gegen Krieg und Diktatur mit dem Kampf gegen ihre Ursache verbindet, das kapitalistische System selbst. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) hat in seiner Erklärung von 2016, Sozialismus und der Kampf gegen den Krieg, die Grundsätze erklärt, die heute brennende Dringlichkeit gewinnen:
- Der Kampf gegen Krieg muss von der Arbeiterklasse ausgehen, die als revolutionäre gesellschaftliche Kraft alle fortschrittlichen Teile der Bevölkerung hinter sich vereint.
- Die neue Bewegung gegen Krieg muss antikapitalistisch und sozialistisch sein, denn man kann nicht ernsthaft gegen Krieg kämpfen, ohne danach zu streben, der Diktatur des Finanzkapitals und dem Wirtschaftssystem, das die Ursache für Militarismus und Krieg bildet, ein Ende zu setzen.
- Aus diesem Grund muss die neue Antikriegsbewegung unbedingt vollkommen unabhängig sein von allen politischen Parteien und Organisationen der Kapitalistenklasse und diese ablehnen.
- Vor allem muss die neue Antikriegsbewegung international sein und dem Imperialismus in einem vereinten globalen Kampf die enorme Kraft der Arbeiterklasse entgegenstellen.
Die Aufgabe, vor der Arbeiter, Jugendliche und Intellektuelle in ganz Europa und international stehen, ist klar: Es geht darum, in jedem Betrieb und jedem Wohnviertel unabhängige Aktionskomitees zu bilden, sich über alle Grenzen hinweg zusammenzuschließen und eine bewusste revolutionäre Führung im Kampf für den Sozialismus aufzubauen – die Sozialistischen Gleichheitsparteien als Sektionen des IKVI. Nur durch den Sturz des kapitalistischen Systems und seine Ersetzung durch die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa als Teil einer sozialistischen Weltföderation – in der die Ressourcen des Planeten rationell und demokratisch für die menschlichen Bedürfnisse und nicht für den Profit genutzt werden – kann die Menschheit die Katastrophe eines Weltkriegs abwenden.
